Obwohl Oberbauchbeschwerden ein häufiger Grund für Arztbesuche sind, gibt es in Österreich noch keine eindeutige allgemeingültige und konsensbasierte Leitlinie für Diagnose und Therapie. Die europäische Leitlinie der United European Gastroenterology (UEG) und der European Society for Neurogastroenterology and Motility (ESNM) weist auf große Wissenslücken hin.
Das Krankheitsbild ist definiert durch rezidivierende, chronische epigastrische Beschwerden ohne Vorliegen einer organischen Erkrankung, welche die Symptome erklären könnte. Zu den typischen Beschwerden zählen frühzeitiges Sättigungsgefühl, postprandiales Völlegefühl, epigastrische Schmerzen sowie epigastrisches Brennen. Je nach vorliegenden Symptomen wird die funktionelle Dyspepsie laut Rom-IV-Kriterien in 2 Subgruppen unterteilt. Einerseits spricht man vom postprandialen Disstress-Syndrom (PDS), andererseits vom epigastrischen Schmerzsyndrom (EPS). Diese Unterteilung in der Diagnostik ist für eine adäquate Therapie erforderlich. Begleitsymptome können Blähungen im Oberbauch, Übelkeit und Aufstoßen sowie die klassische Refluxsymptomatik sein.
Gestörte gastrale Akkommodation, verzögerte Magenentleerung, Hypersensitivität gegenüber gastraler Distension, viszerale Hypersensitivität und psychologische Faktoren spielen beim klinischen Bild der funktionellen Dyspepsie eine Rolle. In einer Subgruppe der Patient:innen mit Dyspepsie und unauffälliger Endoskopie kann eine Helicobacter-pylori-(H.-pylori-)Infektion ursächlich für die Symptome sein.
Grundlegend für die Diagnostik ist der Ausschluss organischer Ursachen. Auch sollten Tests auf H. pylori durchgeführt werden. Eine Endoskopie des oberen Gastrointestinaltraktes ist bei Alarmsymptomen sowie Risikofaktoren obligatorisch, bei einer primärärztlichen Versorgung ohne vorliegende Alarmsymptome jedoch nicht notwendig. Bekannte Risikofaktoren der funktionellen Dyspepsie sind akute Infektionen des Gastrointestinaltraktes und Angststörungen. Andere oft vermutete Risikofaktoren wie Rauchen, Depression, NSAID- oder Antibiotikatherapie konnten nicht bestätigt werden.
Die Leitlinie hat sich auf lediglich 3 Behandlungsansätze geeinigt. Erstens werden Protonenpumpeninhibitoren mit einem Konsens von 83 % als effektive Möglichkeit der medikamentösen Therapie genannt. Zweitens soll bei Patient:innen mit funktioneller Dyspepsie und zusätzlicher H.-pylori-Infektion eine Antibiotikatherapie initiiert werden. Drittens gab es eine Einigung darauf, dass bei starkem Gewichtsverlust eine Ernährungsunterstützung notwendig ist. Für jede weitere medikamentöse oder auch alternative Therapieform gibt es aufgrund fehlender Evidenz keine konsensbasierte Empfehlung in der Leitlinie.
Betrachtet man nun diese Empfehlungen, wird schnell ersichtlich, dass es im Feld der funktionellen Dyspepsie Aufholbedarf gibt. Die Krankheit kann die Lebensqualität der Betroffenen maßgeblich senken. Mögliche Auswirkungen sind mit psychosozialen Komorbiditäten und/oder Gewichtsverlust verbunden. Doch auch gesellschaftlich hat die unzureichende Diagnose und Therapie negative Folgen, wie etwa finanzielle Belastungen für Individuum und Staat sowie Verlust an Arbeitsproduktivität.