Von Handynacken bis Halswirbelsäulensyndrom

Laut einer deutschen Umfrage in den Jahren 2019/20 litten rund 60 % der 5.000 Befragten an Rückenschmerzen, wobei die Schmerzen bei 45 % im oberen Schulter- und Nackenbereich lokalisiert waren. Frauen waren hierbei von allen Schmerzarten im gesamten Rückenbereich stärker betroffen als Männer. Etwa die Hälfte der Befragten schätzte die Schmerzintensität als mäßig bis stark ein; ältere Menschen waren dabei öfter von intensiveren Schmerzattacken geplagt als jüngere.

Die Ursachen für Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich können vielfältig sein, neben Verspannungen durch Fehlhaltungen, Zugluft und Zerrungen/Prellungen kommen auch Verletzungen ebenso wie Erkrankungen wie Osteoporose, Skoliose, Fibromyalgie und Rheuma in Frage. Auch arthrotische Veränderungen, besonders im Bereich der Schultergelenke, können bis in den Nackenbereich ausstrahlen und hier Verspannungen sowie Schmerzen verursachen.

Handynacken

Eine „moderne“ Ursache für schmerzhafte Verspannungen im Nackenbereich ist dem Mobiltelefon geschuldet. Ständig zum Display hinab geneigter Kopf und Nacken oder ein zwischen Schulter und Ohr geklemmtes Telefon führen zu einer einseitigen Belastung der Muskulatur. Die kontrahierte Muskulatur verkrampft anhaltend, und es bilden sich knotenartige Verhärtungen, die bei jeder weiteren Bewegung ziehende Schmerzen verursachen. Anhaltende einseitige Fehlbelastung schädigt in weiterer Folge die Halswirbelsäule einschließlich der Bandscheiben im Hals- und oberen Brustwirbelbereich.

Das Halswirbelsäulen-(HWS-)Syndrom

Nackenschmerzen mit unklarer Genese werden oft unter dem Begriff Halswirbelsäulensyndrom (HWS-Syndrom) zusammengefasst. Das HWS-Syndrom, auch als Zervikalsyndrom bezeichnet (ICD-10-Code M54), umfasst sämtliche, oft unspezifische Symptome, die im Bereich der Halswirbelsäule, des Nackens, der Schulter und der Arme auftreten. Zu den charakteristischen Symptomen zählen Muskelverhärtungen (Myogelosen), Schulter- und Kopfschmerzen, Schwindel sowie eventuell auch ein Kribbeln in Armen, Händen und Fingern. Ein Zervikalsyndrom kann auch von Tinnitus oder Schluckbeschwerden, wenn verspannte Muskulatur auf darunterliegende Nerven drückt, begleitet sein.

Therapeutische Maßnahmen

Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Diese kontrollierte An- und Entspannung der Muskulatur kann, regelmäßig ausgeführt, die Verspannungen lockern.

Massage, Physiotherapie und Sport. Helfen dabei, eine schwache Nackenmuskulatur aufzubauen und zu kräftigen.

Wärmeanwendungen. Zur Anwendung kommen Umschläge, Wärmepflaster und Wärmekissen sowie Bäder ebenso wie Pflaster und Salben mit Wirkstoffen wie zum Beispiel Capsaicin, Kampfer, Menthol und Rosmarin.

Medikamentöse Therapie. Die S1-Leitlinie „Nackenschmerzen“ rät von einer Therapie mit Muskelrelaxanzien und einer lokalen Injektionstherapie bei akuten Nackenschmerzen ab. Stattdessen kann kurzfristig auf NSAIDs wie Ibuprofen, Diclofenac, ASS, Naproxen oder Paracetamol zurückgegriffen werden. Neben der systemischen Anwendung von Diclofenac oder Ibuprofen ist auch eine lokale Anwendung in Form von Pflastern und Gelen möglich. Der Vorteil der lokalen Therapie gegenüber der systemischen ist neben der gezielten Anwendung an der jeweils schmerzenden Stelle sicher die geringere systemische Belastung und niedrigere Nebenwirkungsrate.

Phytotherapeutisch eignen sich topische Arzneiformen mit Beinwell, Arnika, Teufelskralle, Wintergrünöl und, wie bereits erwähnt, Capsaicin. Teufelskralle wird bei Nacken- und Rückenschmerzen auch systemisch angewendet.