Zur Behandlung von COVID-19 fehlen nicht nur kausale Therapien, im Zusammenhang mit der Erkrankung fehlen auch wissenschaftlich gesicherte Antworten auf viele Fragen, wie die Virologin Monika Redlberger im Interview erläutert.
SARS-CoV-2 ist nun in Europa angekommen, mittlerweile auch in Österreich. Vieles, etwa zur Infektiosität und Virulenz ebenso wie zur – möglicherweise – nicht so niedrigen Rate an asymptomatisch Infizierten, wird man damit vermutlich in Bälde, wenn seriöse europäische Daten vorliegen, die letztlich auf einem konsequenten Contact-Tracing basieren, abschätzen können, ebenso wie die Folgen, die sich daraus für den Umgang und die Kohortierung Betroffener ergeben. Seit kurzem wird routinemäßig im österreichischen Surveillance-System neben Influenza auch auf SARS-CoV-2 getestet. Bereits Mitte März könnten erste Schnelltests verfügbar sein. Ihre Sensitivität und Selektivität im Vergleich zu den PCR-Untersuchungen bleibt abzuwarten, mit ihrer Verfügbarkeit werden jedenfalls neue Fragen auftauchen.
Vor kurzem wurde das Prozedere im Umgang mit Betroffenen geändert. Sogenannte Verdachtsfälle und nur leichter Erkrankte (laut chinesischen Daten immerhin 80 % der Betroffenen) gehen in Quarantäne – dort, wo sie sind: nämlich zu Hause. Der „Verkehr“ von Kranken soll eingeschränkt oder verhindert werden. Krisenpläne – Pandemiepläne – existieren, die Gesundheitsbehörden auf Bundes- wie Länderebene informieren und kommunizieren engmaschig und hoch professionell, die Spezialabteilungen der Spitäler ebenso wie das Gesundheitssystem insgesamt sind vorbereitet, wahrscheinlich so gut wie noch nie in Vorbereitung auf eine Epidemie. Doch worauf ist man vorbereitet beziehungsweise worauf nicht?
Knapp werden dürften in Kürze nicht nur Handdesinfektionsmittel und Dispenserfläschchen, in die Apotheker selbst hergestellte Desinfektionsmittel mittlerweile abfüllen. 70 bis 80 Prozent all unserer Arzneimittel in Europa werden in asiatischen Ländern produziert. Arzneimittelengpässe, die weit über das, was wir bereits kennen, hinausgehen, werden befürchtet. Eine Pandemie, die in China ihren Ausgang nimmt und schneller als angenommen Produktionsstätten stillstehen lässt und Exporte zu Boden drückt, zeigt einmal mehr die unglaublichen Abhängigkeiten, denen wir uns bereits ausgeliefert haben.
Bereits am 27. 2. hat die WHO eine Empfehlung zum rationalen Gebrauch von Schutzausrüstung (Masken, Schutzbrillen et cetera) publiziert* und vor einem Übergebrauch gewarnt und auf unzureichende Lagerbestände und Probleme in der Versorgungskette – auch diese Güter kommen vielfach aus China – hingewiesen.
Durch gesundheitspolitisches Krisenmanagement und richtige Maßnahmen kann die Ausbreitung einer Epidemie zwar nicht gänzlich verhindert werden, aber es könnte gelingen, „auf den epidemischen Peak zu drücken“, wie Michael Binder (siehe Seite 9) sagt, und damit den Infektionsdruck zu senken.
Bleibt zu hoffen, dass uns dafür auch das Equipment zur Verfügung steht …
* apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/331215/WHO-2019-nCov-IPCPPE_use-2020.1-eng.pdf