Das vorrangige nephrologische Tool in der Allgemeinpraxis stellt deshalb das Screening von Risikogruppen dar. Bei Patient:innen – insbesondere nach dem 40. Lebensjahr – mit Hypertonie und/oder Diabetes mellitus, Prädiabetes (metabolisches Syndrom), Adipositas (BMI über 30), bekannter kardiovaskulärer Erkrankung oder einer Familienanamnese einer Nierenerkrankung sollte aufgrund ihres erhöhten Risikos für das Entstehen einer chronischen Nierenerkrankung regelmäßig ein Screening durchgeführt werden. Goldstandard für die Abschätzung von Risiko und Prognose sind das Serum-Kreatinin und die daraus errechnete eGFR sowie die Albuminurie aus einem Spontanharn. Ein regelmäßiges Screening dieser Parameter bei Risikopatient:innen im niedergelassenen Bereich ermöglicht eine frühzeitige Diagnose sowie Stratifizierung und Therapie.
Mittels eines Kontrollschemas, das einen speziellen Behandlungsalgorithmus vorgibt, wird die Behandlung der Patient:innen weitergeführt; gegebenenfalls (bei einer GFR < 30 ml/min/Jahr oder Abnahme der GFR > 10 ml/min/Jahr, einer ACR > 300 mg/g Kreatinin oder einem Wechsel in der Albuminuriekategorie) sollte eine einmalige Konsultation der Nephrolog:innen erfolgen. Um eine raschere Zusammenarbeit zwischen Allgemeinmedizin und Nephrologie zu ermöglichen, wurde die Nephrologische Progressionsambulanz und Hotline etabliert. Damit stehen Ansprechpartner:innen für offene Fragen bei Erstabklärung bzw. zur nephrologischen Beratung zur Verfügung. Das gemeinsame Ziel ist es, die rasche Progression der chronischen Nierenerkrankung zu verhindern und damit die drohende Nierenersatztherapie hintanzuhalten.
Die Albumin-Kreatinin-Ratio hat eine hohe Aussagekraft, um einerseits das Risiko der Progression der chronischen Niereninsuffizienz und andererseits das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkennen. Die Gesellschaft für Kardiologie definiert deshalb in ihrer aktuellen Leitlinie CKD als Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Die Zusammenarbeit von Hausärzt:innen und Nephrolog:innen bedeutet also nicht nur „Niere schützen“, sondern Herz, Gefäße und Niere schützen.
Gemeinsam geht es darum, therapeutische Maßnahmen zur Modifikation der Risikofaktoren der chronischen Niereninsuffizienz zu setzen. Nichtmedikamentöse Strategien, wie z. B. Patient:innenedukation hinsichtlich Ernährung, Bewegung und Nikotinkarenz, ergänzen dabei eine gute medikamentöse Blutdruckeinstellung und Stoffwechselkontrolle. Ein regelmäßiges Medikamentenmonitoring und rasches Medikamentenmanagement in Risikosituationen sind dabei unumgänglich. Bei fortgeschrittener chronischer Nierenerkrankung sind Allgemeinmediziner:innen und Nephrolog:innen gleichermaßen gefordert, um die Komplikationen der Niereninsuffizienz zu behandeln und die Patient:innen zur Nierenersatztherapie zu begleiten. Zu den Zweiterkrankungen, die mit einer chronischen Nierenerkrankung assoziiert sind, zählen Störungen des Mineral- und Knochenstoffwechsels, des Wasser- und Elektrolythaushaltes, des Säure- und Basenhaushaltes sowie des roten Blutbildes. Ob in der Folge Hämodialyse, Peritonealdialyse, Nierentransplantation oder weitere konservative Therapieführung, es bedarf einer gemeinsamen Entscheidungsfindung und Umsetzung therapeutischer Maßnahmen zum Wohl der Patient:innen.
Mit gemeinsamen Projekten, wie z. B. „niere.schützen“, wird auch dem Patient:innen-Empowerment vermehrt Rechnung getragen. Durch intensive Kommunikation, Information und Schulung sollen Patient:innen selbst aktiv werden.
Erst mit der Krankheitseinsicht und Adhärenz der Patient:innen wird es gelingen, Herz, Gefäße und Niere zu schützen.