Der jüngste Vorstoß kommt aus Vorarlberg, und auch bei jüngsten Symposien in Salzburg und Graz wurde die Aufwertung des Hausarztes zum Facharzt für Allgemeinmedizin diskutiert. Doch der auch im Masterplan der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) verankerte Punkt sorgt innerhalb der Ärztekammer nach wie vor für Uneinigkeit. Man müsse den Beruf des Hausarztes wieder attraktiver machen, und dazu gehöre auch eine Aufwertung, die dann auch mit höheren Honoraren verbunden sein müsste, betonten Dr. Burkhard Walla, Vizepräsident der Ärztekammer Vorarlberg und ÖGAM-Vizepräsidentin Dr. Susanne Rabady in Vorarlberg. „Die Fallzahlen sind gestiegen, auch die Komplexität nimmt zu. Nur die Zahl der Allgemeinmediziner in Vorarlberg ist im Vergleich dazu zurückgeblieben“, sagte auch Dr. Thomas Jungblut, Präsident der Vorarlberger Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (VGAM).
Auch Univ.-Prof. Dr. Andreas Sönnichsen, seit 1. Oktober des Vorjahres Vorstand der Abteilung für Allgemein- und Familienmedizin an der MedUni Wien, gilt als Verfechter eines Facharztes für Allgemeinmedizin mit einer entsprechenden zusätzlichen internen Ausbildung. Die Ärztekammer selbst konnte sich bisher österreichweit trotz einiger Vorstöße noch nicht durchringen. Dem Vernehmen nach bremsen unter anderem die Internisten, die die fachärztlichen Aufgaben eher für sich reklamieren. MR Dr. Johannes Steinhart, Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der ÖÄK, will den laufenden Diskussionen nicht vorgreifen, lässt aber Sympathien für die Aufwertung erkennen. Er habe höchsten Respekt vor der Arbeit von Allgemeinmedizinerinnen und Medizinern, die als Allrounder breite Bereiche abdecken und sich laufend auf neue Themen einstellen müssten. Mit einer Aufwertung allein sei es aber noch nicht getan, betont er, um zu ergänzen: „Es erscheint mir wichtig und ist für mich auch nachvollziehbar, dass gerade junge Ärzte hier Perspektiven suchen. Es ist aber noch im Diskussionsprozess.“ Auch das Ministerium lasse derzeit auf Beamtenebene noch keine Priorität in Richtung Aufwertung erkennen.
Eine neue Initiative wurde nun auch in Oberösterreich gestartet, wo Ärztekammer und Gebietskrankenkasse ein Mentoring-Programm für Studenten und Mediziner in Ausbildung ins Leben gerufen haben, „um die Attraktivität des Berufs sichtbar zu machen“. Da die angehenden Mediziner während des Studiums kaum Berührung mit einer Ordination hätten, fehle die Vorstellung, was einen im Alltag erwarte. Erfahrene praktische Ärzte nehmen quasi an ihrer Fachrichtung Interessierte unter ihre Fittiche. Bereits ab dem zweiten Semester gibt es in Oberösterreich jetzt die Möglichkeit, einen Schnuppertag in einer Praxis zu absolvieren. Weiters wird nach der Basisausbildung den Studenten ein individuelles Mentoring in Form von persönlichen Gesprächen mit Allgemeinmedizinern angeboten. Ab dem letzten Teil des Studiums erhalten künftige Hausärzte noch an Wochenenden Schulungen zu wirtschaftlichen Fragen der Praxisführung. Bereits 14 Hausärzte haben sich zu Mentoren ausbilden lassen.
Zuletzt beschäftigte sich an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg auch ein zweitägiges internationales Symposium mit Fragen der Aufwertung der Allgemeinmedizin. Paul Sungler, Geschäftsführer der Salzburger Landeskliniken, warnte dabei vor einer zu frühen Spezialisierung der jungen Mediziner. „Es ist wichtig, dass es eine sehr breite Ausbildung gibt“, verwies er auf den großen Bedarf, den es an gut ausgebildeten Allgemeinmedizinern gebe. In den Niederlanden gebe es etwa eine fundierte Ausbildung zum Allgemeinmediziner und erst später eine Spezialisierung auf einzelne Fächer, berichtete Paul. Für ihn ist das ein Grund, warum es dort weniger Probleme bei der Suche nach Ärzten für die medizinische Versorgung am Land gibt.
Auch an der MedUni Graz diskutierten Anfang April Experten am Österreichischen Primärversorgungskongress die Qualität in der Primärversorgung und Einzelordinationen und die Aufwertung der Hausärzte. Die Schaffung von Primärversorgungseinheiten reiche nicht aus, betonte Univ.-Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, Leiterin des Instituts für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Forschung. Es bedürfe einer zusätzlichen Attraktivierung des Hausarztberufes.