Welche Impfungen bei kardiovaskulärem Risiko?

Ein vollständiger Impfschutz gemäß dem Impfplan Österreich wird für die gesamte Bevölkerung empfohlen. Für Patient:innen mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus, Nikotinabusus, fortgeschrittenem Alter oder bereits manifester kardiovaskulärer Erkrankung stellen vor allem respiratorische Infektionen ein hohes Risiko dar. Sie sind mit einer erhöhten Rate schwerwiegender Komplikationen, kardiovaskulären Ereignissen sowie einer gesteigerten Hospitalisierungs- und Mortalitätsrate assoziiert.

Zahlreiche Studien belegen, dass das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse insbesondere nach Influenza- und Pneumokokkeninfektionen signifikant erhöht ist. Dieser Anstieg wird auf die direkte Wirkung des Antigens auf das Myokard sowie auf entzündungsbedingte Prozesse wie Zytokinfreisetzung und Sympathikusaktivierung zurückgeführt. In der Folge können Hyperkoagulopathie, Gefäß-Remodeling sowie Destabilisierung von Atherosklerose-Plaques auftreten, was sowohl akute als auch chronische kardiovaskuläre Komplikationen begünstigt. Impfungen sind somit eine effektive präventive Maßnahme, um sowohl schwere Infektionsverläufe als auch kardiovaskuläre Komplikationen und Folgeerkrankungen signifikant zu reduzieren.

Allgemeine Impfempfehlungen bei kardiovaskulärem Risiko

Neben den im aktuellen Impfplan Österreich allgemein empfohlenen Impfungen wie Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Polio, Hepatitis A und B sowie Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) sollte bei Risikopatient:innen besonders auf eine Immunisierung gegen Pneumokokken, COVID-19, Influenza, respiratorisches Synzytial-Virus (RSV) und Herpes Zoster geachtet werden. Aufgrund der derzeit gehäuft auftretenden Pertussis-Infektionen wurde das Auffrischungsintervall mit einem pertussishaltigen Kombinationsimpfstoff bei unter 60-Jährigen verkürzt, es gilt für alle Altersgruppen ein Intervall von 5 Jahren.

Gesonderte Impfempfehlungen bei kardiovaskulärem Risiko

Influenza

Die European Society of Cardiology (ESC) empfiehlt in mehreren Leitlinien die Impfung gegen Influenza und andere relevante Infektionskrankheiten. In der ESC-Leitlinie von 2023 zum Management des akuten Koronarsyndroms wird die Influenzaimpfung mit der höchsten Empfehlungsstufe (Klasse I, LevelA) angegeben und damit in ihrer Bedeutung der Etablierung von Statinen oder ACE-Hemmern gleichgestellt. Für Risikopatient:innen sind adjuvantierte (Fluad® Tetra) oder Hochdosisimpfstoffe (Efluelda® Tetra) verfügbar, die in Studien eine höhere Wirksamkeit zeigten.

Pneumokokken

Zwar ist die Studienlage zu den kardiovaskulären Vorteilen der Pneumokokkenimpfung aktuell begrenzt, jedoch lassen sich aus den bekannten Risiken einer Pneumonie bei Risikopatient:innen erhebliche präventive Vorteile ableiten.Die Pneumokokkenimpfung wird für alle Personen ab 60 Jahren sowie Risikopatient:innen unabhängig vom Alter empfohlen. Zunächst sollte eine Impfung mit dem 20-valenten Konjugatimpfstoff (Prevenar 20®) durchgeführt werden, gefolgt von einer Auffrischung mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff (PNEUMOVAX® 23) frühestens nach einem Jahr. Bei Hochrisikopatient:innen kann diese Auffrischung bereits nach 8Wochen erfolgen. Zusätzlich wird eine Auffrischungsimpfung alle 6 Jahre für Risikogruppen empfohlen, um einen langfristigen Schutz zu gewährleisten.

COVID-19

Nach erfolgter Grundimmunisierung, bestehend aus insgesamt 3 Kontakten mit dem SARS-CoV-2 durch Infektion und/oder Impfung, wird eine jährliche COVID-19-Impfung mit einem angepassten Impfstoff empfohlen. Dies gilt besonders für Personen ab 60 Jahren sowie für Risikopatient:innen. Die Impfung sollte idealerweise im Herbst durchgeführt werden. Eine Auffrischung nach COVID-19-Erkrankung kann frühestens nach 4 Monaten erfolgen.

Herpes Zoster

Die Herpes-Zoster-Impfung wird generell ab dem 60. Lebensjahr empfohlen und ist bereits ab dem 50. Lebensjahr zugelassen. Bei kardiovaskulären Vorerkrankungen kann die Immunisierung schon ab 18 Jahren durchgeführt werden. Die Impfung erfolgt mit dem rekombinanten, adjuvantierten Subunit-Totimpfstoff Shingrix®. Es sind 2 Impfungen im Abstand von 2 bis 6 Monaten erforderlich, bei Indikation auch innerhalb von 4 bis 8 Wochen. Eine Auffrischungsimpfung ist derzeit nicht empfohlen. Das Risiko für eine Herpes-Zoster-Infektion steigt mit zunehmendem Alter. Zudem erhöht eine Gürtelrose-Erkrankung das Risiko für koronare Herzkrankheiten und zerebrale Insulte. Durch die Impfung können Komplikationen wie postherpetische Neuralgie und kardiovaskuläre Ereignisse reduziert werden.

RSV

RSV-Infektionen betreffen vor allem Säuglinge, ältere Menschen und immunsupprimierte Personen und können zu schweren Atemwegsinfektionen mit erhöhter Hospitalisierungs- und Sterblichkeitsrate führen. Eine präventive Impfung spielt hier eine zentrale Rolle. Sie ist für alle Personen ab 60 Jahren zugelassen, ferner für Schwangere, um auch das Neugeborene vor einer Infektion zu schützen. Bei schwerer kardialer Grunderkrankung ist sie bereits ab 18 Jahren zu erwägen. Aktuell sind zwei Impfstoffe verfügbar: Arexvy® und Abrysvo®. Nach aktuellem Wissensstand bietet eine einmalige Impfung mit Abrysvo® Schutz für etwa 2 Jahre. Für Arexvy® liegen bereits Daten vor, die darauf hinweisen, dass der Schutz für mindestens 3 Jahre anhält.

Impfprogramm und Kostenersatz

In der Saison 2024/2025 waren die Influenza-Impfstoffe (Fluenz® Nasenspray für 2–18 Jahre, Influvac® Tetra und Fluad Tetra) für alle in Österreich versicherten Personen kostenfrei. Auch die Immunisierung gegen SARS-CoV-2 wird weiterhin übernommen. Zudem war die RSV-Impfung (Arexvy® und Abrysvo®) und die Pneumokokkenimpfung während der vergangenen Saison zu vergünstigten Preisen verfügbar. Die Kosten für die meisten Impfstoffe müssen jedoch weiterhin von den Patient:innen selbst getragen werden, da eine Erstattung durch die Krankenkassen in der Regel nur bei bestehender Immunsuppression erfolgt. Für kardiovaskuläre Risikopatient:innen gilt dies zurzeit nicht, jedoch kann eine Einreichung auf Kostenübernahme im Einzelfall versucht werden.

Patientenaufklärung

Vielen Patient:innen ist das erhöhte Risiko schwerer Infektionsverläufe und kardiovaskulärer Komplikationen oft nicht bewusst. Verständliche Aufklärung über den Nutzen von Impfungen und Auffrischungen kann die Impfbereitschaft steigern. Die Umgebungsprophylaxe bezieht das Umfeld von Risikopatient:innen mit ein und ist ein wichtiger Bestandteil der Prävention: Nahestehende, besonders Haushaltsmitglieder, sollten gemäß dem Impfplan Österreich geimpft sein, um das Übertragungsrisiko zu minimieren.

Die Impfversorgung von Risikopatient:innen stellt eine wesentliche präventive Maßnahme dar, um schwere Infektionen und kardiovaskuläre Komplikationen zu vermeiden. Die Impfungen gegen Influenza, Pneumokokken, COVID-19, RSV und Herpes Zoster sind besonders wichtig und sollten regelmäßig überprüft und aufgefrischt werden.