Eine Empfehlung zur Behandlung von BPH bei einem sehr großen Prostatavolumen (> 200 ml) ist nicht einfach, da aufgrund des seltenen Vorkommens dieses Krankheitsbildes nur begrenzte Daten vorliegen.
Unbestritten ist jedoch, dass die offene Adenomenukleation (OSP) die invasivste Therapieoption darstellt, die mit höheren Komplikationen, einem größeren Blutverlust und einer längeren Krankenhausaufenthaltsdauer verbunden ist.1, 2
Daher sollte sie, wann immer möglich, durch minimalinvasive Optionen ersetzt werden. Diese Einschätzung wird auch in der aktuellen EAU-Leitlinie gestützt. Hiernach ist die OSP nur noch zulässig, wenn keine minimalinvasive Alternativen vorhanden sind.3
Die roboterassistierte Adenomenukleation (RAE) hat sich als ein minimalinvasives Verfahren etabliert, das unabhängig von der Größe der Prostata angewendet werden kann. Im Vergleich zur anatomischen endoskopischen Enukleation der Prostata (AEEP) ist die RAE jedoch mit einer längeren Krankenhausaufenthaltsdauer und einer höheren Transfusionsrate verbunden.4
Bei sehr großen Prostatavolumina scheinen sich die Vorteile der AEEP offenbar zu verringern.5 Technische Weiterentwicklungen wie die Anastomosierung von Harnröhre und Blasenhals verringern die postoperative Blutungsneigung und führen zu weniger postoperativer Dysurie.6, 7 Die urethraerhaltende RAE, für die derzeit nur begrenzte Daten vorliegen, ist eine anspruchsvolle und innovative Technik, die zusätzlich die antegrade Ejakulation erhalten kann.8 Bei Begleitpathologien wie sehr großen Blasensteinen oder großen Blasendivertikeln ermöglicht die RAE eine Behandlung in der gleichen Sitzung. Bei der RAE muss jedoch die Notwendigkeit einer Trendelenburg-Lagerung und die Anlage eines Kapnoperitoneums berücksichtigt werden, was zu zusätzlichen anästhesiologischen Herausforderungen führt.
Die AEEP ist prinzipiell unabhängig von der Drüsengröße durchführbar und stellt aufgrund ihres transurethralen Zugangs die minimalinvasivste Option dar. Bei extrem großen Drüsen stoßen diese Techniken aber auch an ihre Grenzen bzw. weisen zunehmende Komplikationsraten auf. Auch wenn frühe Arbeiten zur HoLEP sehr geringe Komplikationsraten auch bei großen Prostatavolumina aufwiesen9–11, vermitteln neuere Arbeiten ein differenzierteres Bild. Hierbei wird deutlich, dass mit steigendem Prostatavolumen auch die Komplikationsrate ansteigt, Transfusionen in manchen Fällen notwendig werden und gelegentlich eine Zystotomie zur Entfernung des Adenoms erforderlich ist.2, 12
Insbesondere bei der Enukleation in einer Zwei- oder Drei-Lappen-Technik kann es vorkommen, dass die Blase nicht erreicht wird und die erforderlichen Inzisionen bei 5, 7 und 12 Uhr nicht gesetzt werden können. Dies hängt einerseits von der Länge der Instrumente ab, hauptsächlich aber von den Winkeln, die bei dieser Operationstechnik entstehen können, sodass längere Instrumente nur bedingt Abhilfe schaffen.
Bei der En-bloc-Technik wird dieses Problem umgangen, indem der Zugang zur Blase nicht durch die prostatische Harnröhre, sondern direkt bei 12 Uhr erfolgt, wodurch in den meisten Fällen ein Erreichen der Blase möglich ist.13
Eine weitere, von einigen Operateur:innen in solchen Fällen auch bevorzugte Option ist die perineale Urethrotomie. Diese Methode verkürzt nicht nur den Zugangsweg, sondern korrigiert auch die Winkel, sodass starkes Hebeln vermieden wird.14 Durch diesen Ansatz erhöht sich allerdings die Invasivität des Eingriffs und die Katheterliegezeit.
Bei sehr großen Prostatavolumina in Kombination mit Adipositas (BMI > 35) ergeben sich besondere Herausforderungen. Eine ausgeprägte perirektale Fettschicht kann die Prostata nach ventral verlagern und somit das Erreichen der Kommissur erschweren. Auch in dieser Konstellation ist es ratsam, die Möglichkeit einer perinealen Urethrotomie in Betracht zu ziehen, und der Patient sollte über einen möglichen Abbruch der Operation aufgeklärt werden. Alternativ kann in solchen Fällen auch eine RAE als effektive Behandlungsmethode in Erwägung gezogen werden.
Ein begrenzender Faktor der AEEP, dessen Bedeutung mit zunehmendem Prostatavolumen wächst, ist die Morzellation. Diese nimmt nicht nur einen erheblichen Anteil der Operationszeit in Anspruch, sondern wird auch bei extrem großen Prostatavolumina ineffizient und birgt ein erhöhtes Risiko für Komplikationen. Bei sehr großen Adenomen, die in der Blase nicht mobil sind, kann dies zu einer deutlich ineffizienteren Morzellation bei der Anwendung von oszillierenden Morzellatoren führen. Paradoxerweise hat sich in diesen Fällen eine Reduzierung der Morzellationsgeschwindigkeit als vorteilhaft erwiesen, um größere Stücke zu „beißen“ und so voranzukommen.15 Ein wichtiger Vorteil der AEEP ist wiederum die Möglichkeit der Durchführung in Spinalanästhesie. Dies ist besonders bei hochbetagten Patienten und Patienten mit erhöhtem Anästhesierisiko relevant.
Obwohl bisher keine direkten Kostenvergleiche zwischen AEEP und RAE veröffentlicht wurden, ist die Berücksichtigung von Kostenaspekten unerlässlich. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die HoLEP im Vergleich zu anderen operativen Therapieansätzen der BPH eine vergleichsweise günstige Prozedur ist.16 Im Vergleich zur RAE fallen bei AEEP niedrigere Personalkosten an, da in der Regel nur ein:e Operateur:in und 1–2 Pflegekräfte benötigt werden. Zudem sind die Investitions- und vor allem die Sachkosten deutlich geringer.17 Zur Aquablation gibt es zu dieser Fragestellung aktuell noch wenig Evidenz. Helfand et al.18 zeigten in einer retrospektiven Studie, dass die Aquablation bei Prostatavolumina >150 ml sowohl wirksam als auch sicher ist und konsistente Ergebnisse erreicht werden. Bei der Aquablation von größeren Prostatavolumina sind im Vergleich zur konventionellen Aquablation drei bis vier zusätzliche Operationsschritte erforderlich, wobei auch eine TUR-P zur Entfernung von „fluffy stuff“ vorgenommen werden muss.19
Die Wahl des optimalen Verfahrens hängt somit von verschiedenen Faktoren ab. Beachtet werden sollte die tatsächliche Größe der Prostata, der Habitus des Patienten, Begleitpathologien, Anästhesierisiko und nicht zuletzt die Erfahrung des/der Operateur:in. Letztlich muss jede Klinik und jede:r Operateur:in individuell entscheiden, in welcher Methode die größte Expertise vorliegt und welche Option für den jeweiligen Fall am besten geeignet ist. Sollte die Expertise begrenzt sein, ist es ratsam, diese Patienten einem Zentrum mit entsprechender Spezialisierung zuzuweisen.
Wünschenswert sind in diesem Zusammenhang weitere Forschungsvorhaben und Veröffentlichungen klinischer Erfahrungen, damit die besten chirurgischen Ansätze für die Behandlung der BPH weiter verfeinert und individualisierte Therapieentscheidungen ermöglicht werden.