Die gute Nachricht zuerst: Circa 75 % der Divertikelträger:innen haben nie Symptome.
Die schlechte: Eine Verlaufsform kann bis zur Peritonitis und zur Akutoperation führen. Unterbauchschmerzen, Fieber und Stuhlverhalt können die ersten Symptome dieser Zivilisationserkrankung sein, die häufiger Männer als Frauen betrifft. Die Prävalenz nimmt mit dem Alter stark zu: 13 % der unter 50-Jährigen haben bereits Divertikel, in der Altersgruppe zwischen 70 und 85 Jahren sind es sogar über 50 %. Die Mechanismen der Divertikelkrankheit sind komplex und in vielen Teilen nur unzureichend untersucht.
Ballaststoffarme und fleischreiche Kost, zu viel Fett und chronische Obstipation bei Bewegungs- und Flüssigkeitsmangel führen zu einem härteren Stuhl und einer Stase der Faeces vor allem im Linkskolon. Die Folge ist ein konstant erhöhter Druck mit Ausbildung von Pseudodivertikel-Ausstülpungen der Mukosa und Submukosa durch muskelschwache Lücken der Kolonwand entlang intramuraler Blutgefäße.
Bei der akuten unkomplizierten Divertikulitis kommt es zu einer lokalen Entzündungsreaktion ohne Zeichen einer Perforation oder Abszessbildung. Eine akute komplizierte Divertikulitis liegt bei Perforation, Fistel und/oder Abszess vor. Gedeckte Perforationen bilden den Ausgang für Abszedierungen und Fistelbildungen in benachbarte Organe – z. B. kolovaginale oder Sigma-Blasen-Fisteln. Rezidivierende Entzündungsschübe bei chronischen Verlaufsformen können langfristig zur lokalen Fibrosierung, Wandverdickung und Stenosierung mit (Sub-)Ileussymptomatik führen.
Das Risiko für ein Reizdarmsyndrom nach stattgehabter akuter Divertikulitis ist signifikant erhöht. Die Abgrenzung zum Reizdarm gelingt durch einen lokalen, auf ein divertikeltragendes Kolonsegment projizierbaren Druckschmerz. Weiters ist das Altersspektrum bei chronischer Divertikelkrankheit und beim Reizdarm unterschiedlich (eher Jüngere bei Reizdarmsyndrom). Auch kann das Calprotectin bei einer chronischen Divertikulitis erhöht sein – im Gegensatz zum Reizdarmsyndrom.
Die Anamnese trägt grundlegend zur Einschätzung der Situation bei und soll immer erhoben werden. Weiters sollen eine körperliche Untersuchung sowie eine Laboruntersuchung erfolgen (BB, CRP, Harnbefund, ggf. Calprotectin), ein Schnittbildverfahren (Ultraschall und/oder CT) ist obligat. MRT-Untersuchungen können im Einzelfall zur Klärung spezieller Fragestellungen (z. B. Fistelbildungen) durchgeführt werden. Zur Diagnose einer akuten Divertikulitis soll keine Koloskopie erfolgen! Erst nach Ausheilung einer konservativ behandelten Divertikulitis (i. d. R. nach 6–8 Wochen) sollte die Indikation zur Koloskopie gestellt werden.
Belegt durch große Kohortenstudien ist eine ballaststoffreiche Kost reich an Obst, Gemüse und Zerealien zur Primärprophylaxe zu empfehlen. Protektiv wirken Ballaststoffe v. a. aus Zerealien und Früchten. Der Verzehr von rotem Fleisch sollte eingeschränkt werden, Nikotin und Alkoholmissbrauch sind ebenso Risikofaktoren. Der Erhalt des Normgewichtes ist anzustreben, es zeigt sich ein linearer Zusammenhang zwischen steigendem BMI und dem Risiko einer Divertikelkrankheit. Bewegung kann das Risiko vermindern, mindestens 30–60 Minuten moderate körperliche Aktivität/Tag sind empfohlen.
Eine akute unkomplizierte Divertikulitis soll primär konservativ mit Antibiotika behandelt werden. Bei engmaschiger klinischer Kontrolle und ohne Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf kann aber auch auf eine Antibiotikatherapie verzichtet werden. Laut S3-Leitlinien kann die intermittierende Gabe von Mesalazin zur Verhinderung symptomatischer Episoden bei chronischer unkomplizierter Divertikelkrankheit erfolgen. NSAR sollten bei einer Divertikulitis nicht eingenommen werden, weil sie Komplikationen wie eine Darmperforation oder Darmblutungen begünstigen können.
Eine akute Divertikulitis mit Mikroabszess sollte stationär und antibiotisch behandelt werden. Eine Indikation zur elektiven Operation bei erfolgreicher konservativer Therapie besteht nicht. Bei Makroabszessen über 3 cm hilft eine interventionelle – zumeist CT-gezielte – Drainage des Abszesses, kombiniert mit intravenöser Antibiotikatherapie. Bei erfolgreicher interventioneller Behandlung kann eine Operation im entzündungsfreien Intervall angeboten werden. Bei Versagen der primär konservativen Therapie sollte die Indikation für eine dringliche Operation rasch gestellt werden. Patient:innen mit freier Perforation und Peritonitis müssen notfallmäßig innerhalb von 6 Stunden nach Diagnosestellung operiert werden. Die elektive Sigmaresektion kann bei einer akuten unkomplizierten Divertikulitis mit anhaltenden Beschwerden wie auch bei der chronisch rezidivierenden Divertikulitis die Lebensqualität signifikant verbessern. Bei Letzterer ist die früher propagierte Empfehlung der regelhaften Resektion nach dem dritten Entzündungsschub heute als obsolet anzusehen, die Entscheidung muss auf individueller Basis getroffen werden.