Zufallsbefund Pankreaszyste – beobachten oder operieren?

Pankreaszysten werden grob in neoplastische und nichtneoplastische Zysten eingeteilt.
Den Großteil der nichtneoplastischen Zysten machen Pseudozysten aus, die sich infolge einer Pankreatitis oder eines Traumas entwickeln. Die neoplastischen Pankreaszysten sind für uns von besonderem Interesse, da manche von ihnen ein Risiko der malignen Transformation aufweisen. Wir unterscheiden folgende häufige neoplastische Zysten:

  • Serös-zystische Neoplasie (SCN): SCNs sind gutartige Pankreaszysten, die meist bei älteren Frauen auftreten. Sie sind durch eine typische Morphologie gekennzeichnet (singuläre Zyste mit multiplen kleinsten Zysten, vergleichbar mit Honigwaben) und haben kein relevantes malignes Potenzial. In den meisten Fällen erfordern sie keine operative Behandlung oder Observanz, es sei denn, sie verursachen Symptome.
  • Muzinös-zystische Neoplasie (MCN): MCNs treten aufgrund ihres ovariellen Stromas fast exklusiv bei Frauen mit einem Altersgipfel zwischen 40 und 60 Jahren auf. Im Gegensatz zu SCNs können MCNs maligne entarten, weshalb sie ab einer Größe von 4 cm reseziert werden sollten; kleinere MCNs sollten regelmäßig kontrolliert werden. Auch MCNs treten in der Regel einzeln auf und bestehen aus multiplen kleineren Zysten, die jedoch im Vergleich zu den SCNs etwas größer sind und dickere Wände und Septen aufweisen.
  • Solide pseudopapilläre Neoplasie (SPN): Die seltenen SPNs bestehen im Gegensatz zu den oben genannten Pankreaszysten aus soliden und zystischen Arealen. Da der Tumor in der Regel bei jungen Frauen im Bereich der Pankreascauda auftritt und ein relevantes malignes Potenzial von 10–20 % aufweist, wird für diese Patient:innen in der Regel eine Pankreaslinksresektion empfohlen.
  • Intraduktale papillär-muzinöse Neoplasie (IPMN) – Seitenast- und Hauptasttyp: IPMNs sind neoplastische Zysten, die von den Zellen der Pankreasgänge abstammen und Muzin produzieren. Sie werden in zwei Haupttypen unterteilt: den Seitenast- und den Hauptasttyp. Der Seitenasttyp weist eine geringere Wahrscheinlichkeit auf, maligne zu entarten, wobei dieses Risiko durch unterschiedliche Risikofaktoren abgeschätzt werden kann (z. B. Zystengröße, Dilatation des Pankreashauptgangs, Vorhandensein von soliden Knoten etc.). IPMNs vom Seitenasttyp treten häufig multipel auf und sind oft im Bereich des Processus uncinatus lokalisiert; sie bestehen aus multiplen kleineren Zysten, die traubenartig angeordnet sind.

Abklärung von Pankreaszysten

Im Folgenden möchten wir die Empfehlungen der europäischen Guideline aus dem Jahr 2018 zusammenfassen.

Radiologische Abklärung: In vielen Fällen zeigt der initiale radiologische Befund bereits Hinweise, welche Art der Zyste vorliegt. Wenn anhand des vorliegenden Befundes keine Diagnose gestellt werden kann, sollte aufgrund der guten Sensitivität und Spezifität zur weiteren Abklärung eine MRT + MRCP durchgeführt werden. Mit ihrer Hilfe können Gangverbindungen sowie intrazystische Knötchen und Septen besser als mittels CT nachgewiesen werden. Die CT zeigt ihre Stärken im Nachweis von Verkalkungen oder soliden Läsionen, vor allem wenn zwischen Pseudozysten bei chronischer Pankreatitis und neoplastischer Zyste unterschieden werden soll. Als 3. Methode ist die Endosonografie (EUS) zu nennen, deren Wertigkeit zwar vom/von der Untersucher:in abhängt, in der Diagnostik von Risikofaktoren wie intrazystischen Knötchen jedoch MRT + MRCP hinter sich lässt. Zusätzlich bietet die EUS die Möglichkeit zur Feinnadelpunktion und Aspiration von Zystenflüssigkeit zur Labor- und zytopathologischen Analyse.

Konsequenzen für das weitere Vorgehen: Wenn die Diagnose einer Pseudozyste ohne malignes Potenzial gestellt wurde oder eine weitere Abklärung z. B. bei fehlender OP-Tauglichkeit keine Relevanz hätte, müssen keine weiteren Kontrollen erfolgen. Die europäische Guideline empfiehlt bei der Verdachtsdiagnose SCN eine einmalige Kon­trolle nach einem Jahr und bei stabilem Befund eine Beendigung der Observanz. Bei zystischen Läsionen mit einem hohen Risiko des Vorliegens eines Malignoms oder einer malignen Transformation (MCN ≥ 4 cm, SPN, IPMN mit absoluter OP-Indikation) sollte Kontakt mit der Chirurgie aufgenommen werden. MCNs < 4 cm und IPMNs ohne Risikofaktoren sollten regelmäßig observiert werden, bei IPMNs mit relativen OP-Indikationen sollte abhängig vom AZ der Patient:innen und der Anzahl der Risikofaktoren ebenfalls eine chirurgische Sanierung mit den Patient:innen diskutiert werden. Die absoluten und relativen OP-Indikationen bei IPMNs sind in der Tabelle zusammengefasst.

Surveillance

MNCs und Seitenast-IPMNs ohne Risikofaktoren sollten im 1. Jahr alle 6 Monate, nach 1 Jahr alle 12 Monate verlaufskontrolliert werden. Bei Seitenast-IPMN mit Risikofaktoren oder Hauptast-IPMN mit einem Pankreasgang-Durchmesser < 10 mm sollten Bildgebungen alle 6 Monate erfolgen. Aufgrund der guten Sensitivität und Spezifität sowie der fehlenden Strahlenbelastung sollten Verlaufskontrollen idealerweise mittels MR + MRCP – mitunter auch alternierend mit EUS – erfolgen. Eine Beendigung der Nachsorge wird in den europäischen Guidelines prinzipiell nicht empfohlen; aufgrund neuerer Daten scheint es jedoch vertretbar, bei kleinen IPMNs < 15 mm ohne Progredienz nach 5 Jahren von weiteren Kontrollen Abstand zu nehmen.

Für den Fall, dass nach der initialen Abklärung keine Verdachtsdiagnose gestellt werden kann (was bei kleinen Zysten nicht selten der Fall ist), bietet die europäische Guideline ebenfalls Empfehlungen zur Surveillance: Zysten < 15 mm sollten jährlich für 3 Jahre, dann alle 2 Jahre kontrolliert werden; Zysten ≥ 15 mm 6-monatlich für 1 Jahr, danach jährlich.

Fazit

Da einige neoplastische Zysten ein relevantes Potenzial zur malignen Transformation aufweisen, scheint eine Abklärung und Risikostratifizierung bei Zufallsbefunden unabdingbar. Vor allem bei IPMNs stehen wir häufig vor der Frage, ob eine Surveillance oder chirurgische Sanierung empfohlen ist. Es bleibt zu hoffen, dass wir in den nächsten Jahren bessere diagnostische und prognostische Werkzeuge entwickeln, die es ermöglichen, das Risiko von neoplastischen Pankreaszysten besser einzuschätzen.

Praxismemo

  1. Kleine Pankreaszysten werden bei immer besserer Auflösung in der Bildgebung zunehmend detektiert.
  2. Die Frage nach dem Risiko der malignen Entartung kann mit Hilfe von Risiko­faktoren abgeschätzt werden.
  3. Aufgrund guter Sensitivität und Spezifität sowie fehlender Strahlenbelastung sollten Verlaufskontrollen idealerweise mittels MR + MRCP erfolgen.