In den letzten Jahren haben die Bedeutung und der Wunsch nach Selbstwirksamkeit stark zugenommen. So erfreut sich die Aromapflege nicht nur im privaten Bereich stetig wachsender Beliebtheit, sondern auch im klinischen Setting. Im Bereich der onkologischen Pflege sind aromapflegerische Anwendungen auf vielen Stationen oder in tagesambulanten Einrichtungen kaum mehr wegzudenken. Unter Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen lassen sich einfache Anwendungen in den Pflegealltag integrieren, um Patient:innen in ihrem Wohlbefinden zu unterstützen und zu stärken. Unerwünschte Wirkungen der Tumortherapien sowie der Tumorerkrankung selbst sind zwar heute besser beherrschbar, jedoch noch nicht gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Vor allem bei der Behandlung dieser bekanntlich unerwünschten Wirkungen kann Aromapflege eine wertvolle und unterstützende Hilfe sein.
Düfte und Gerüche haben einen starken Einfluss auf die Gefühlswelt der Menschen und nehmen in unbewusster Art und Weise Einfluss auf Triebe, Verhalten und Wohlbefinden. Nicht umsonst gibt es die Redewendung „jemanden nicht riechen können“. Das Gehirn koppelt Erinnerungen, Situationen, Gefühle oder Erlebnisse an bestimmte Düfte und Gerüche und stellt verschiedene Assoziationen her. Das ist möglich, weil die Nase mit dem limbischen System verbunden ist. So kann es durchaus passieren, dass mit den verschiedenen Gerüchen im Krankenhaus direkt eine unbewusste Verknüpfung stattfindet – meist mehr negativ als positiv. Diese Verknüpfung kann beispielsweise lauten: Geruch = Krankenhaus = krank sein = Unwohlsein. Nun stellt sich die Frage, wie es Patient:innen ergeht, die teilweise mehrmals wöchentlich diesen Gerüchen ausgesetzt sind. Naturreine, genuine ätherische Öle können hier unterstützen und, was Körper, Geist und Seele angeht, einen entscheidenden Beitrag für das Wohlbefinden der Patient:innen sowie deren Umfeld leisten. Für ihre Superpower besonders geschätzt werden die kraftvollen, hochkonzentrierten Essenzen, die sich über verschiedene Anwendungsmöglichkeiten am Körper und über Wohlfühlatmosphären verbreiten können. Nausea und Emesis, Mundpflege, Haut- und Narbenpflege sowie Obstipation sind nur einige unerwünschte Begleiterscheinungen von Tumorerkrankungen und deren Therapien.
Bei Nausea und Emesis gestaltet sich vor allem die Einnahme oraler Bedarfsmedikationen als schwierig. Hier zeigt die Aromapflege durch Anwendungen über den Geruchssinn ihre besondere Wirkung. Ätherische Öle wie die von Grapefruit, Zitrone, Ingwer oder Pfefferminze lassen sich als Schnuppertuch oder in Form eines Riechstiftes einfach und effizient in den Patientenalltag integrieren. Ätherische Öle verfügen zudem über den sog. „immunmodulierenden Effekt“, das bedeutet, dass sie in der Lage sind, die Selbstheilungskräfte eines Menschen zu aktivieren.
Zur Vorbeugung und Behandlung oraler Mukositis zeigt unter anderem Sanddornfruchtfleischöl eine sehr unterstützende Wirkung auf breiter Ebene. Mit der vor allem pflegenden und wundfördernden Eigenschaft kann Sanddornfruchtfleischöl die Mundschleimhaut bei vorbeugender Anwendung stärken und sich bei bereits vorhandenen Läsionen wie ein schützendes Pflaster über die betroffenen Stellen legen. Auch bei der Pflege von durch Chemotherapie oder Bestrahlung sensibler und geschädigter Haut hat sich Sanddornfruchtfleischöl als wahrer Klassiker in der Praxis etabliert. So unterstützt es z. B. in Kombination mit gut verträglichen Pflanzenölen wie Mandelöl, Kokosöl oder Wildrosenöl die Hautschichtbarrieren und den gesamten Organismus. Diese Öle haben sich in den letzten Jahrzehnten in der Haut- und Narbenpflege sehr bewährt und an Beliebtheit gewonnen.
Obstipation: Viele Patient:innen sind aufgrund ihrer Tumorerkrankung auf morphinhaltige Schmerzmittel angewiesen. Diese, aber auch die Tumortherapie selbst, können bei den Betroffenen zu Obstipationen führen. Hier haben sich Kombinationen aus ätherischen Ölen und Akupressur als lindernd und effektiv herausgestellt. Da im klinischen Setting keine eigenen Ölmischungen angefertigt werden dürfen, kommen hier vor allem fertige Ölmischungen von hochwertigen Manufakturen zum Einsatz. Gebrauchsfertige Ölmischungen, die u.a. Kamille, Kümmel, Anis oder Pfefferminze enthalten, zeigen eine krampflösende, schmerzlindernde und verdauungsfördernde Wirkung. Sie können begleitet mit einer sanften Ausstreichung im Verlauf des Kolons oder mit der Stimulation des Akupressurpunktes Ma 25 angewendet werden.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bereits einfache Anwendungen einen großen Nutzen für das Wohlbefinden betroffener Patient:innen, deren Anwender:innen und das Pflegepersonal haben können. Somit kann Aromapflege – in Zeiten wie diesen – auch das Pflegepersonal psychisch entlasten, entspannen und auf allen Ebenen stärken. Eine aktuelle Studie der Charité Berlin (Czakert J et al., Support Care Cancer 2022; 31[1]:80) untermauert diese langjährigen Erfahrungswerte aus der Praxis nun auch auf wissenschaftlicher Basis. Die Studie geht der Frage nach, ob sich wissenschaftlich nachweisen lässt, dass individualisierte Aromatherapie das Wohlbefinden von Patientinnen mit gynäkologischen Krebserkrankungen in der Nachsorge fördert, Selbstheilungskräfte mobilisiert und Symptome lindern kann. Die Ergebnisse waren eindeutig und ergeben für die Zukunft interessante Entwicklungspotenziale. Es wurde festgestellt, dass die individualisierte Aromatherapie in folgenden Bereichen erfolgreich eingesetzt werden konnte: