Immuntherapiebedingte Nebenwirkungen und ihr Management

Entgeltliche Einschaltung

Circa drei von vier Patient:innen, die mit einem bispezifische Antikörper behandelt werden, zeigen Symptome eines Zytokinfreisetzungssyndroms (CRS), wobei es vorwiegend in einer geringgradigen Ausprägung von Grad 1 oder 2 auftritt.1,2,* Neurologische Toxizitäten werden bei etwa 15–30 % der Patient:innen berichtet, wobei das immuneffektorzellassoziierteNeurotoxizitätssyndrom(ICANS) 3–10 % ausmacht.1,2,* Bei der CAR-T-Zell-Therapie mit Ciltacabtagen-Autoleucel (Carvykti®)sind die Inzidenzen ähnlich, tendenziell treten CRS von Grad 3 und 4 und ICANS häufiger auf.3,*

Für das effiziente Management von CRS und ICANS sind sowohl Kenntnisse über die Maßnahmen als auch eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit von Medizin und Pflege erforderlich.

Zytokinfreisetzungssyndrom

Das CRS kann sich im Verlauf mit Fieber, Kreislaufinsuffizienz, Hypotonie und Hypoxie manifestieren. Die weitere Einteilung in die vier Schweregrade erfolgt über den Blutdruck und die Sauerstoffsättigung, die auch das jeweilige Management bestimmen. Generell können die Symptome des CRS durch die Gabe des Interleukin-(IL-)6-Rezeptor-Antagonisten Tocilizumab relativ erfolgreich mitigiert werden. Da ein CRS initial nicht von einer Infektion unterschieden werden kann, erfolgt bei Nebenwirkungen von Grad 1 zunächst ein symptomatisches Infektionsmanagement. Bei ausbleibender Verbesserung oder Verschlechterung erhalten Patient:innen zusätzlich Tocilizumab. Haben sich Patient:innen innerhalb von 24 Stunden nicht erholt, kommt ergänzend Dexamethason zum Einsatz. Bei CRS Grad 3 werden Patient:innen aufgrund von Vasopressorbedarf und Erfordernis einer High-Flow-Sauerstofftherapie auf die Intensivstation verlegt. Grad 4 erfordert eine intensivmedizinische Betreuung inklusive hochdosierten Methylprednisolons.1–5

Neurotoxizität

Das ICANS tritt als vielgestaltiges Krankheitsbild in Erscheinung. Ein wichtiger Bestandteil bei Diagnose und Grading des ICANS ist der Immuneffektorzell-assoziierte-Enzephalopathie-(ICE-)Score. Zur Überprüfung der kognitiven Funktionen werden dabei folgende Punkte abgefragt: Orientierung, Benennen von drei Gegenständen, Befolgen einer einfachen Aufforderung, Schreiben eines Standardsatzes und Aufmerksamkeit. Das ICE-Assessment kann routinemäßig durch die Pflege erfolgen und sollte zu Therapiebeginn mindestens zweimal täglich durchgeführt werden. Das Grading des ICANS beurteilt die Bewusstseinslage, epileptische Anfälle sowie motorische Ausfälle als Zeichen für erhöhten intrakraniellen Druck in Verbindung mit dem ICE-Score. Über alle Schweregrade hinweg ist ein engmaschiges Monitoring angezeigt. Eine antiepileptische Prophylaxe mit Levetiracetam kann bereits ab Grad 1 erwogen werden. Ab Grad 2 basiert die Behandlung des ICANS auf dem Einsatz von Glukokortikoiden zusätzlich zur Krampfprophylaxe. Das Auftreten von epileptischen Anfällen bedeutet immer mindestens Grad 3. Motorische Störungen werden immer als Grad 4 eingestuft. Bei Patient:innen mit Grad-3-Nebenwirkungen ist in Analogie zum CRS eine Verlegung auf die Intensivstation zur Observanz und Sicherung der Atemwege in Betracht zu ziehen. Eine Neurotoxizität von Grad 4 erfordert eine Behandlung mit hochdosierten Steroiden auf der Intensivstation. Zudem können der Einsatz von Anakinra, Siltuximab oder eine Chemotherapie erwogen werden.1–5


Expert:innenumfrage
Multiples Myelom: Therapie mit bispezifischen Antikörpern und CAR-T-Zellen

Welche Informationen werden bei der Behandlung mit bispezifischen Antikörpern im multiprofessionellen Team benötigt?

Wer übernimmt welche Aufgaben beim Monitoring der Patient:innen, und welche Materialien sind hier hilfreich?

Wie oft sollen Patient:innen auf Nebenwirkungen überwacht werden, und wie integriert man dies bestmöglich in den bisherigen klinischen Tagesablauf?

Wie kann Personal bestmöglich geschult und vorbereitet werden?

 


Kommentar

DGKP Harald Titzer, BSc MSc
AHOP-Präsident

Bispezifische Antikörper – AHOP sorgt für Schulungsprogramm

Als Fachgesellschaft für hämatologisches und onkologisches Pflegepersonal ist eines unserer Ziele, neues, aktuelles und vor allem relevantes Wissen „from bench to bedside“ zu bringen.

Gemeinsam im multiprofessionellen Team übernehmen wir die Verantwortung für das Angebot von Schulungsprogrammen. Ein großer Erfahrungsschatz im Bereich der Schulungen zu zielgerichteten Therapien macht es uns möglich, in Österreich auf einem soliden Fundament aufzubauen und das Thema bispezifische Antikörper zu vertiefen.
Wir sehen in der Praxis, wie wichtig die Basics der modernen onkologischen Therapien sind, um die Wirkungsweise und vor allem die unerwünschten Wirkungen den uns anvertrauten Patient:innen näherzubringen. Beginnend bei dem Aufbau von Antikörpern, den Zielstrukturen sowie intra- und extrazellulären Wirkmechanismen starten hämatologische und onkologische Pflegepersonen in den sogenannten TARGET-Kurs, ein Schulungsprogramm der European Oncology Nursing Society. Dieser Kurs ermöglicht uns, aktuelle Daten, Erkenntnisse und klinisch relevante Informationen gleichmäßig in Österreich zu streuen. Pflegepersonen aus unterschiedlichen Bundesländern, Settings und Institutionen erhalten die Möglichkeit, sich in diesem Kurs intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Im Jahr 2024 konnten wir erstmals über den klinischen Einsatz von bispezifischen Antikörpertherapien diskutieren und Erfahrungen gemeinsam mit Expert:innen austauschen. Speziell dieser Austausch ermöglicht den teilnehmenden Personen, als Wissensmultiplikator:innen zu agieren und in den eigenen Teams Kurzfortbildungen anzubieten. Dies erhöht die Sicherheit in der Applikation und verbessert das Informieren von Patient:innen in Bezug auf das Nebenwirkungsmanagement. Bereits heute sind wir als AHOP mit der Planung des Kurses im Jahr 2025 befasst.

Entgeltliche Einschaltung