Schlafstörungen und mögliche Hilfestellungen für Krebsbetroffene

Kennen Sie diese Situation? Sie kommen am Morgen ins PatientInnen­zimmer, und auf Ihre Frage, ob er/sie denn gut geschlafen hätte, antwortet der ­Patient/die Patientin: „Naja, es geht so …“ Dieser Beitrag hat zum Ziel, Impulse zu geben, wie wir als Pflegende Hilfestellungen anbieten können, damit PatientInnen besser schlafen.

Schlafstörungen erkennen

Für Menschen ist Schlaf zur Regeneration von Körper, Geist und Seele unverzichtbar. Doch heutzutage leiden bereits viele Gesunde unter Schlafstörungen. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Die Schlafmedizin unterscheidet eine Vielzahl von Schlafstörungen. Einige, aber nicht alle, sind behandlungsbedürftig. Hilfreiche Informationen, wie z. B. Leitlinien, finden sich bei den Fachgesellschaften wie der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung (ÖGSM) oder der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Erholsamer Schlaf ist für das Wohlbefinden wichtig. Dies gilt für Gesunde, aber mehr noch für Kranke. Denn Schlafstörungen haben u. a. Auswirkungen auf das Immunsystem, den Heilungsprozess und die Lebensqualität von Betroffenen. Im Versorgungsalltag finden sie dennoch wenig Beachtung und werden von PatientInnen selten direkt angesprochen. So werden Schlafstörungen bei Krebsbetroffenen von Gesundheitsfachpersonen oft unterschätzt.1 Dabei ist Schlaf eine wertvolle Ressource, die mehr Aufmerksamkeit verdient.

Vielfältige Ursachen …

… erfordern eine sorgfältige Erhebung und Abklärung: Insbesondere im Krankenhaus sind die Voraussetzungen für erholsamen Schlaf nicht immer optimal. Hier gibt es zahlreiche störende Umgebungsfaktoren, wie z. B. eine fremde Umgebung, Licht, Lärm, andere Zeitabläufe als im normalen Alltag, MitpatientInnen oder eine ungewohnte Matratze. Hinzu kommen innere Störfaktoren wie Sorgen und Ängste oder Distress. Auch eine maligne Erkrankung selbst kann Schlafstörungen verursachen – ebenso wie die damit verbundenen Beeinträchtigungen (z. B. Schmerz, Atemnot oder Bewegungseinschränkungen) oder die antitumoralen Therapien und ihre Begleitmedikamente. Viele PatientInnen im Krankenhaus empfinden ihre Schlafqualität als schlecht und berichten über Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Die Initiative „Schlaffreundliches Krankenhaus“ hat deshalb Maßnahmen entwickelt, um die Schlafqualität von PatientInnnen während des stationären Aufenthalts zu verbessern und die Menge der verabreichten Schlafmittel zu reduzieren. Doch nicht nur während eines stationären Aufenthaltes, sondern auch daheim kann der Schlaf gestört sein. Außerdem können Schlafstörungen über den gesamten Verlauf einer Krebserkrankung auftreten bzw. sich zeitweise verstärken: am Krankheitsbeginn, im Zusammenhang mit der Diagnosestellung und mit dem Behandlungsstart, während intensiver Therapiephasen sowie im Auf und Ab des Krankheitsverlaufs bis hin zum Lebensende. Auch Langzeitüberlebende klagen häufig über massive Beeinträchtigungen ihres Schlafes, fühlen sich tagsüber erschöpft, unkonzentriert und wenig leistungsfähig. Hier ist die Verbindung zum chronischen Fatigue-Syndrom augenfällig. Aktuell wird angenommen, dass Fatigue und Schlafstörungen oft gleichzeitig und gemeinsam mit Schmerz auftreten und sich diese drei Symptome im Sinne eines „Symptomclusters“ wechselseitig beeinflussen. Wie dies im Einzelnen genau zusammenhängt, wird noch erforscht.

Kompetente Beratung durch die Pflege: Um als Pflegefachperson kompetent beraten zu können, ist fundiertes Fachwissen unerlässlich. Ausgangsbasis für unterstützende Maßnahmen ist eine sorgfältige Pflegeanamnese, die bei allen PatientInnen auch nach dem Vorliegen von Schlafstörungen fragt, um dann ggf. gezielt mit geeigneten Assessmentinstrumenten wie z. B. dem Pittsburgh Sleep Quality Index vertieft Informationen über die Schlafqualität der Betroffenen zu erhalten. Dabei werden auch ihre bisherigen Handlungsstrategien und psychosoziale Belastungen sowie eventuelle Ursachen für einen gestörten Schlaf erhoben. Darauf baut dann das Angebot von möglichen Maßnahmen gezielt auf. Für das nachhaltige Gelingen ist die interprofessionelle Abstimmung und Zusammenarbeit im onkologischen Team – insbesondere zwischen Pflege, Medizin, Psychoonkologie und Physiotherapie – wesentlich.

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“

Es gibt ein Spektrum an möglichen Maßnahmen, die PatientInnen mit Schlafstörungen angeboten werden können. Ein wesentlicher Grundstein dabei ist, das Selbstmanagement von Betroffenen zu fördern. Wie das Zitat „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ von Erich Kästner unterstreicht, reicht jedoch Wissen allein nicht aus, sondern dieses muss auch in der Alltagspraxis umgesetzt und angewendet werden. Wichtig: Tun kann hier auch Unterlassen heißen, d. h., dass auf dysfunktionale Verhaltensweisen oder schädliche Maßnahmen verzichtet wird, wie z. B. auf zu lange Bett­zeiten, zu wenig körperliche Aktivität, Alkohol oder den unreflektierten Umgang mit Schlafmitteln. Verschiedene Maßnahmen zur Schlafförderung können von Pflegefach­personen genutzt werden, um zu mehr Wohlbefinden und besserer Lebensqualität beizutragen (Abb.).

 

 

Pflegefachpersonen können ihre PatientInnen bereits mit einfachen Mitteln insbesondere vor äußeren Störfaktoren schützen und so bewusst dafür sorgen, dass Schlafunterbrechungen reduziert werden. Darunter fallen z. B. frühzeitiges Verabreichen von schlafhemmenden Medikamenten wie Diuretika, vorausschauendes Management von Pumpen­alarmen, ein achtsames Lärmkonzept im Nachtdienst, Anbieten von Ohrstöpseln/Schlafbrille u. v. a. m. Wichtig ist, die getroffenen Maßnahmen sorgfältig mit den PatientInnen zu evaluieren und ggf. anzupassen. Nicht nur die KrebspatientInnen, sondern auch ihre Angehörigen können unter ausgeprägten Schlafstörungen leiden. Als Mitbetroffene haben sie vielfach Angst um ihre Nächsten, fühlen sich ohnmächtig und hilflos. Auch sie können von grundsätzlichen Tipps zur Schlafhygiene profitieren, ebenso wie wir als Gesundheitsfachpersonen selbst, die durch den Schichtdienst zusätzlich gefordert sind.

In diesem Sinne …

… schärfen Sie Ihren Blick für die Möglichkeiten, die zu einem besseren Schlaf verhelfen, nutzen Sie diese, und schlafen Sie gut – und Ihre PatientInnen und deren Angehörige auch!


  1. Strik H et al., Im Focus Onkologie 2016; 19(12):45–48

Weiterführende Literatur

Initiative “Schlaffreundliches Krankenhaus”
Matthews E et al., Clin J Oncol Nurs 2018; 22(1):37–52
Oncology Nursing Society (2017); Sleep-wake disturbances
Renz P et al., Pflegewissenschaft 2013; 15(10):522–37
Riemann D, Ratgeber Schlafstörungen. Informationen für Betroffene und Angehörige. Göttingen 2016
Riemann D et al., S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen. Kapitel „Insomnie bei Erwachsenen“ (AWMF-Registernummer 063-003), Update 2016. Somnologie 2017; 21:2