Übergewicht und Adipositas zählen zu den größten gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit und sind bedeutende Risikofaktoren für Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskel- und Skeletterkrankungen oder Karzinome. Weltweit stellen sie laut WHO die fünfthäufigste Ursache für Sterbefälle dar. In Österreich sind nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums und der Österreichischen Adipositasgesellschaft rund 11 % der Bevölkerung adipös – Tendenz steigend. Die Ursachen sind schnell gefunden: die Energiedichte der Durchschnittskost hat sich in den vergangenen 100 Jahren verdoppelt. Gleichzeitig hat der Sättigungswert der Mahlzeiten infolge einer Verminderung des Ballaststoffgehaltes deutlich abgenommen.
Eine plötzliche Gewichtszunahme innerhalb weniger Wochen bzw. Monate kann mit einer Schwangerschaft, einem Rauchstopp, aber auch mit ernsthaften Erkrankungen, z. B. Hypothyreose, Ödeme im Rahmen einer Herzinsuffizienz sowie mit der Einnahme von bspw. trizyklischen Antidepressiva, Sulfonylharnstoffen etc. zusammenhängen. Eine Abklärung beim Arzt muss dringend empfohlen werden.
Präsentiert sich der Apothekenkunde mit einem konstant hohen Gewicht bzw. einer langsamen Gewichtszunahme über Monate und Jahre, sollte zuerst der BMI errechnet werden (Körpergewicht in kg/Körperlänge in cm bzw. mittels einer App). Bei einem BMI von 25–30 (Übergewicht) bzw. > 30 (Adipositas) können Betroffene von einer Ernährungsberatung mit Aufklärung über die Risikofaktoren des Übergewichts sowie die Optionen zur Gewichtsreduktion profitieren.
Ziel einer Reduktionsdiät – der Adipositas-Standardtherapie (Anderson et al., 2001) – ist ein Energiedefizit von 500–800 kcal pro Tag. Die Ernährung sollte deshalb idealerweise auf eine abwechslungsreiche, kohlenhydratreiche und fettarme Mischkost umgestellt werden. Das metabolische Syndrom kann insbesondere durch Optimierung des Fettsäurenmusters der Nahrung (ideal sind einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren – MUFA bzw. PUFA) und die Zufuhr von Kohlenhydrate (KH) enthaltenden Lebensmitteln mit hohem Ballaststoffgehalt und/oder niedrigem glykämischen Index verhindert werden. KH und MUFA sollten 60–70 % der Nahrungsenergie bestreiten. Der Anteil von gesättigten Fettsäuren (SAFA) sollte unter 7 % liegen. Empfohlen sind Vollkornprodukte, mageres, weißes Fleisch, (See-)Fisch ohne Haut, Obst und Gemüse (möglichst frisch und saisonal), Soja sowie pflanzliche Öle, vor allem aus Oliven bzw. Rapssamen und Nüssen. Vor jeder Mahlzeit soll ein großes Glas Wasser oder ungezuckerter Tee getrunken werden.
Zusätzlich sollte auf Zucker, Alkohol und Snacks verzichtet werden. Letztere können einer hochaktuellen Studie zufolge eine „hedonische Hyperphagie“ auslösen – einen Drang, mehr zu essen, als nötig wäre, um den Hunger zu stillen (PLoS One. 2013; 8(2):e55354).
Auch regelmäßige Bewegung soll in den Tagesablauf integriert werden. Und bei der Umstellung der Ernährungsgewohnheiten haben sich das Führen eines Ernährungstagebuchs, um etwaige Diätfehler aufzudecken, sowie die Hilfestellung in Selbsthilfegruppen bewährt.
Zur Erleichterung des Diäteinstiegs und zur Haltung des Gewichts im Rahmen einer kalorienarmen Ernährung haben sich Mahlzeitenersatz-Programme bewährt. Dabei werden 1–2 Hauptmahlzeiten/Tag durch Formulaprodukte ersetzt. Zur Unterdrückung des Hungergefühls können Ballast- sowie Quellstoffe hilfreich sein. Bei einem BMI > 28 können Lipasehemmer empfohlen werden. Diese verringern die Fettresorption aus der Nahrung, sollen aber nur über einen Zeitraum von max. 6 Monaten eingenommen werden. Empfehlenswert ist auch die Substitution von Vitaminen und Mineralstoffen zur ausreichenden Versorgung des Körpers. Von Abführmitteln, Diuretika und Crash-Diäten zur Gewichtsabnahme sollte abgeraten werden.
Von einem langfristigen Abnehmerfolg spricht man, wenn nach einem Jahr eine Verbesserung
erzielt werden konnten. Mit einer Reduktionsdiät (minus 500–800 kcal/Tag) ist eine Gewichtsabnahme von im Mittel 5,1 kg in einem Zeitraum von 12 Monaten realistisch (Hauner et al., 2004). In einer Langzeitstudie war mit Formulaprodukten (Eiweißgetränk, Riegel etc.) nach 27 Monaten ein durchschnittlicher Gewichtsverlust von 10,4 kg möglich (Ditschuneit et al., 1999). Formuladiäten mit einer Gesamtenergiemenge von 800 bis 1.200 kcal/Tag ermöglichen über einen Zeitraum von bis zu 12 Wochen einen Gewichtsverlust von 0,5–2 kg/Woche (NIH, 1998). Wichtig ist das regelmäßige Monitoring von unerwünschten Nebenwirkungen, die genauso wie das Ausbleiben eines Erfolgs nach mehreren Wochen zu einem Arztbesuch führen sollen.
Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe tragen zu einer Geschmacks- und Aromaverbesserung bei, können aber auch zweckmäßig im Rahmen der Gewichtsstabilisierung (besonders bei großem Verzehr von Süßgetränken) und -reduktion, zur Förderung der Zahngesundheit und bedingt auch in der „Zuckerentlastung“ von Diabetikern eingesetzt werden. Eine Steigerung des Appetits und der Insulinsekretion durch Süßstoffe hat sich in kontrollierten klinischen Studien nicht nachweisen lassen, wohl aber eine Normalisierung des Blutdrucks und eine Abnahme des Depotfettes.
Im Rahmen des EUFEP Kongresses 2013 werden Strategien und Lösungsansätze zur Prävention und Gesundheitsvorsorge von nationalen und internationalen ExpertInnen diskutiert.
Weitere Informationen unter: www.eufep.at