Ein berühmtes Zitat des deutschen Arztes Wildor Hollmann, ehem. Rektor der Deutschen Sporthochschule, bringt den gesundheitlichen Wert von Bewegung und Sport auf den Punkt: „Gäbe es die Wirkung des Sports als Pille zu kaufen, sie wäre zweifellos die Pille des Jahrhunderts.“ Eine Gesundheitsbefragung der Statistik Austria hat 2019 jedoch gezeigt, dass viele Österreicher die „Wunderpille“ Sport recht wenig in Anspruch nehmen. Nur 23,8 % der Frauen und Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren bewegen sich in einem Umfang, der den WHO-Empfehlungen zur Ausdauer- und Muskelkräftigungsaktivität entspricht. Die aktivste Gruppe ist noch jene der 18–30-Jährigen mit 31,9 %. In der Gruppe der 45–60-Jährigen erreicht nicht einmal mehr jede fünfte Person die Empfehlungen.1 Die WHO sieht muskelkräftigende Aktivitäten an mindestens zwei Tagen pro Woche vor. Ausdauernde Aktivitäten sollten pro Woche im Ausmaß von 2,5 Stunden bei moderater Intensität oder 1,25 Stunden bei hoher Intensität bzw. in äquivalenter Kombination betrieben werden.2 Auch aus dem Eurobarometer lässt sich ein Optimierungsbedarf erkennen. Zwar lag der Bewegungsumfang innerhalb der EU-28 etwas über dem Durchschnitt, dennoch gaben 40 % der Österreicher an, niemals Sport zu betreiben (EU-Schnitt: 46 %). Der Anteil an Personen, die zusätzlich zu Sport nie andere körperliche Aktivitäten (wie Gartenarbeit oder Tanzen) durchführen, lag bei 27 %. Verbesserungspotenzial wird in Österreich besonders im Bereich der muskelkräftigenden Aktivität bei Erwachsenen geortet.3
In Österreich wurden 2010 erstmals eigene, nationale Bewegungsempfehlungen ausgesprochen, die im Vorjahr eine Aktualisierung erfuhren. Die Empfehlungen richten sich an Kinder, Jugendliche, Erwachsene und ältere Erwachsene, jeweils ohne und mit Körper- Sinnes- oder Mentalbehinderung. Auch Personen mit chronischen Erkrankungen sind berücksichtigt.3
Die Empfehlungen für Erwachsene von 18 bis 65 Jahren sind im Hinblick auf Förderung und Aufrechterhaltung von Gesundheit wie folgt formuliert:3
Weiters wird darauf verwiesen, dass Erwachsene einen zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen erzielen können, wenn der Bewegungsumfang auf über 300 Minuten pro Woche gesteigert wird. Auch in diesem Fall sind wieder Bewegungen mit mittlerer und höherer Intensität kombinierbar. Ein Hinweis betrifft auch langandauerndes Sitzen – dieses sollte vermieden werden beziehungsweise wird dazu geraten, es immer wieder durch Bewegung zu unterbrechen.3
Bei Erwachsenen mit chronischen Erkrankungen wird der besondere Stellenwert von Bewegung herausgestrichen (siehe Tabelle). Ziel ist sowohl eine generelle Stärkung der Gesundheit und Verbesserung der Lebensqualität als auch positive Wirkungen im Management der Krankheit. Das wöchentliche Ausmaß der Bewegung muss an die jeweilige Person angepasst werden. Je nach Gesundheitszustand wird in den Empfehlungen die Rücksprache der Bewegung mit dem Arzt empfohlen.3
Mit ausdauerorientierter Bewegung als aerobe körperliche Tätigkeit ist die rhythmische Bewegung durch den Einsatz großer Muskelgruppen über einen längeren Zeitraum gemeint. Dabei muss die Versorgung der Muskeln mit Sauerstoff noch gesichert sein. Beispiele sind zügiges Gehen, Laufen, Radfahren, Basketballspielen und Schwimmen. Um die Bewegungsempfehlungen zu erreichen, können Bewegungsminuten mit zumindest mittlerer Intensität zusammengezählt werden, die man in unterschiedlichem Kontext ausführt. Beispiel: Man addiert zügiges Gehen auf dem Heimweg von der Arbeit mit dem Schwimmen in der Freizeit. Die alte Vorgabe, dass eine Einheit immer mindestens 10 Minuten dauern muss, ist in den neuen Empfehlungen nicht mehr enthalten. Diese Form des Aufsummierens könnte zudem einen Motivationseffekt haben. So könnte man beispielsweise fünfmal pro Woche 30 Minuten trainieren und die Bewegung damit als integraler Bestandteil des Alltags gesehen werden.3
Auch wie die Intensität einer Bewegung definiert ist, wird in den Empfehlungen erklärt. Eine mittlere Intensität bedeutet demnach, dass während der Bewegung noch gesprochen werden kann. Nicht mehr intensiv genug ist die Einheit, wenn man dabei noch singen könnte. Bei Betätigungen mit hoher Intensität ist eine Unterhaltung nicht mehr möglich – nur kurze Wortwechsel sind noch durchführbar.3
Wie sollten nun körperlich inaktive Menschen mit dem Ziel, sich mehr zu bewegen, am besten vorgehen? Um Verletzungen und auch Unwohlsein während der Bewegung zu vermeiden, beginnt man schrittweise, etwa durch zügiges, fünfminütiges Zu-Fuß-Gehen. Eine derartige körperliche Aktivität sollte an fünf bis sechs Tagen pro Woche stattfinden, danach wird die Dauer sukzessive gesteigert. Verspürt die Person einen Wohleffekt, kann sie beginnen, die Intensität zu steigern.
Dieser Begriff wird in den Empfehlungen näher definiert. Damit ist weniger das klassische Krafttraining gemeint als vielmehr das regelmäßige Einbauen von Alltagstätigkeiten, um die Muskulatur zu kräftigen. Darunter fällt zum Beispiel die Benützung von Stiegen, das Radfahren auf kurzen Strecken sowie leichtes Bergaufgehen. Auch entsprechende Übungsprogramme können zusammengestellt werden, etwa indem ein elastisches Band im Büro oder zu Hause aufgehängt wird, mit dem Ziel, es regelmäßig zu verwenden.
Literatur: