Der „Heuschnupfen” (syn. Pollinosis, Heufieber, saisonale Rhinitis allergica) ist eine Überempfindlichkeitsreaktion auf Proteinbestandteile in Pollen während der Baum- (Feb.–Mai), Gräser- (Mai–Aug.) und Kräuterblüte (Jul.–Okt.). Andere Allergene bestehen ganzjährig wie z. B. Hausstaubmilben, Tierhaare, Pilzsporen etc. Auch berufsbedingte Allergenexpositionen wie gegen Mehl oder Holzstaub sind möglich. Heutzutage unterteilt man die allergische Rhinitis nach Dauer und Schwere der Symptomatik:
Pathogenetisch werden bei Erstkontakt mit dem Allergen auf Mastzellen sitzende Antikörper gebildet, die bei erneutem Kontakt mit dem Allergen reagieren und die Mastzellen zur Degranulation und Sezernierung von Histamin, Leukotrienen und anderen Mediatoren veranlassen. Die Folge dieses Prozesses ist eine verstärkte Durchblutung, Schleimbildung, Jucken und Niesen, um das Allergen loszuwerden. Die Erkrankung beginnt meist im Kindesalter, es dürften mittlerweile etwa 15–30 % der Kinder und Jugendlichen betroffen sein. Die Diagnostik der allergischen Rhinitis (AR) enthält neben der umfangreichen Anamnese den Nachweis einer immunologischen Sensibilisierung (Hauttest oder In-vitro-Diagnostik).
Von erheblicher Bedeutung für Heuschnupfen-Betroffene ist der Klimawandel: Von Jahr zu Jahr und mit steigenden Temperaturen beginnt die Leidenssaison früher und endet später. Im Endeffekt bleiben – wenn überhaupt – nur mehr wenige beschwerdefreie Monate. Trockenstress und Umweltgifte verändern zudem die Allergenität der Pollen selbst. Die AR geht häufig mit weiteren Komorbiditäten wie z. B. Asthma (bis zu 30 % der AR-Betroffenen) einher (siehe Tabelle 1). Man spricht auch vom „Etagenwechsel“. Allergische Erkrankungen und deren Komorbiditäten verursachen enorme sozioökonomische Kosten. Um das Auftreten von Komorbiditäten zu verhindern, kommen der frühzeitigen und leitliniengerechten Therapie eine erhebliche Bedeutung zu. Leider wird die AR noch immer unterschätzt und untertherapiert. Apotheker:innen als Erstanlaufstellen sollten daher in dieser Hinsicht eine wichtige beratende Funktion einnehmen, denn viele Betroffene behandeln sich lange Zeit mit unterschiedlichen Mitteln selbst und suchen erst dann ärztliche Hilfe auf, wenn die Symptome zu belastend werden.Symptomatische Therapie der ARDie aktuellen ARIA-Leitlinien („allergic rhinitis and its impact on asthma“) der WHO schlagen visuelle Analogskalen (VAS) zur Kategorisierung der Symptomschwere in Stufen als Basis für die medikamentöse Erstlinientherapie vor. Als Medikamente der 1. Wahl in der Erstlinientherapie der Rhinitis gelten Antihistaminika der 2. Generation als Nasenspray (Wirkung binnen 15 min) oder oral. Als Alternativen kommen Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten infrage, sie werden allein oder in Kombination mit einem Antihistaminikum bei der Therapie der AR eingesetzt. Intranasal applizierte Glukokortikoide (INCS) gelten ebenso als Erstlinientherapeutika, insbesondere bei moderaten bis schweren Symptomen bzw. persistierender AR. Mastzellstabilisatoren spielen eine untergeordnete Rolle, sie werden allerdings aufgrund guter Verträglichkeit und günstigen Nebenwirkungsprofils oft bei Kleinkindern und Schwangeren eingesetzt (nicht ohne ärztliche Rücksprache). Fixkombinationen von INCS mit Antihistaminika, z. B. mit Azelastin, kommen bei Patient:innen mit unkontrollierten Symptomen in Betracht, in weiterer Folge kann auch die kurzzeitige orale Gabe von Glukokortikoiden nötig werden. Weitere Kombinationen sind möglich, z. B. kann laut ARIA-Leitlinien die Kombination INCS mit einem oralen Antihistaminikum besonders bei Augensymptomen eingesetzt werden.Dekongestiva zur Linderung einer verstopften Nase sollten wegen der Gefahr einer dadurch ausgelösten Rhinitis medicamentosa nicht länger als 7 Tage angewendet werden.
Neben der Allergenkarenz ist die allergenspezifische Immuntherapie (SIT, Hyposensibilisierung) die einzige kausale Therapiemöglichkeit. Frühzeitig eingesetzt zeigt sie gute Wirksamkeit und kann ggfs. auch einen Etagenwechsel verhindern. Als grobe Faustregel gilt: Bestehen die Symptome seit mind. 2 Jahren und ist eine Allergenkarenz nicht möglich, kann eine solche Immuntherapie in Betracht gezogen werden.Bei dieser Therapieform werden anfangs ansteigende, später über einen längeren Zeitraum (üblicherweise monatlich für 2–3 Jahre oder noch länger) gleichbleibende Dosen des auslösenden Allergens subkutan gespritzt (SCIT). Auch eine sublinguale Applikation (SLIT) ist möglich, erfordert aber eine tägliche Einnahme. Solcherart werden regulatorische Mechanismen des Immunsystems aktiviert, welche u. a. die Produktion der spezifischen IgE-Antikörper reduzieren. Entscheidend ist die Therapieadhärenz: Die SLIT, die – ausgenommen die Ersteinnahme – zuhause durchgeführt werden kann, bietet hier definitiv Vorteile. Die Indikation für derartige Desensibilisierungsprodukte stellt eine Ärztin oder ein Arzt; zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sind sie frei verschreibbar durch Fachärztinnen und Fachärzte für Lungenkrankheiten, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Kinderheilkunde und HNO-Krankheiten. Mehr zum Thema spezifische Immuntherapie lesen Sie in dieser Ausgabe ab S. 30.
Beratungstipps für Allergiker:innen