Die antibiotikaassoziierte Diarrhö (AAD) ist dabei eine der häufigsten Nebenwirkungen, die durch die Einnahme von Antibiotika auftreten können. Von AAD spricht man, wenn im Zuge einer Antibiose Diarrhö auftritt und andere Ursachen ausgeschlossen werden können. Die Diarrhö kann während oder auch Wochen nach der Antibiose auftreten; manchmal führt sie zu einer verlängerten oder erneuten stationären Behandlung. Sehr selten können auch lebensbedrohliche Komplikationen wie eine pseudomembranöse Enterokolitis auftreten. Wie stark die Schädigung der Darmflora ausfällt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab:
Viele Antibiotika wirken gegen anaerobe Bakterien. Diese anaeroben Bakterien kommen in einer Vielzahl in unserem Darm vor. Zu ihnen zählen Arten von Bifidobacterium, Enterococcus, Lactobacillus, Fusobacterium, Actinomyces, Bacteroides, Peptostreptococcus und Peptococcus. Kurzkettige Fettsäuren werden im Darm von diesen anaeroben Bakterien erzeugt und sind daher wichtig für eine intakte Darmfunktion. Stark schädigend auf die anaerobe Darmflora sind Ampicillin, Cefixim, Cefpodoximproxetil, Clindamycin und Erythromycin. Auswirkungen zeigen sich aber auch auf den aeroben Teil der Darmmikrobiota. Stark schädigend wirken sich hier Ampicillin, Cefixim, Cefpodoximproxetil, Ciprofloxacin, Cotrimoxazol, Levofloxacin, Ofloxacin und Tetracycline aus.1
In einer Studie wurde untersucht, was mit der Darmflora passiert, wenn Antibiotika über einen Zeitraum von vier Tagen eingenommen werden. Danach wurde die Darmmikrobiota der Studienteilnehmer über 6 Monate lang beobachtet. Trotz der Gabe des Antibiotikums war der Darm nicht steril. Viele Keime wurden abgetötet, jedoch entdeckte man unter den überlebenden Keimen auch noch nicht näher charakterisierte Arten. Manche Keime verwandelten sich in Sporen. In dieser Form können Bakterien unter schlechten Bedingungen einige Jahre überleben. Nach der Antibiotikaeinnahme kam es jedoch langsam zu einer Wiederbesiedelung des Darms. Beachtenswert war, dass kurz nach der Antibiotikaeinnahme vor allem pathogene Keime wie Enterococcus faecalis den Darm als Erste wiederbesiedelten. Dies kann die unerwünschten gastrointestinalen Nebenwirkungen der Antibiotika erklären. Mit der Zeit siedelten sich immer mehr milchsäureproduzierende Bifidobakterien und andere gute Bakterien an, und nach sechs Monaten war das Darmmikrobiom der Studienteilnehmer weitestgehend regeneriert, wobei jedoch einzelne der früher vorhandenen Arten nicht wiederkamen.2
In einer anderen Studie wurde nachgewiesen, dass eine einmalige Einnahme eines Breitbandantibiotikums binnen vier Tagen nach Beginn der Antibiose ein Drittel aller Bakterienarten im Darm zerstört. Jedoch regeneriert sich die Darmflora binnen einer Woche nahezu. Kommt es aber zu einer erneuten Einnahme eines Antibiotikums, wird die Darmflora nachhaltig geschädigt. Es wurde dann beobachtet, dass sich die ursprüngliche Darmflora auch nach zwei Monaten nicht regenerierte.3
Probiotika sind Zubereitungen mit lebensfähigen Mikroorganismen und sollen einen gesundheitsfördernden Einfluss haben. In Probiotika werden vor allem unterschiedliche Stämme der Laktobazillen, Bifidobakterien, aber auch Hefen eingesetzt.
Als probiotisches Lebensmittel ist uns allen das Joghurt bekannt. Joghurt kann bei Patienten unter antibiotischer Behandlung das Risiko eines antibiotikaassoziierten Durchfalls reduzieren. Daher kann man jedem Patienten das Joghurt zum Antibiotikum raten, jedoch muss man beachten, dass einige Antibiotika nicht mit Milchprodukten konsumiert werden dürfen.4 Effektiver ist zum Beispiel die Wirkung von Lactobacillus rhamnosus GG und Saccharomyces boulardii, welche in vielen Studien belegt wurde. Unter Einnahme dieser Probiotika zum Antibiotikum kommt es zu einer signifikanten Senkung des Risikos eines durch Antibiotikaeinnahme auftretenden Durchfalls.5, 6
Cochrane kommt zum Schluss, dass durch die Zufuhr eines Probiotikums zum Antibiotikum eine Fremdbesiedlung und ein Entgleisen der Darmflora entgegengewirkt werden kann und auch die Dauer und Schwere der Diarrhö verringert wird. Auch Kinder können durch die Einnahme eines Probiotikums zum Antibiotikum vom schützenden Effekt der Probiotika profitieren.7
Probiotika sind gut verträglich, und es kommt nur sehr selten zu unerwünschten Nebenwirkungen. Bei immungeschwächten Kindern wurden jedoch schwere Nebenwirkungen beobachtet.8
Je nach Hersteller finden sich unterschiedliche Einnahmehinweise. Das Probiotikum kann in einem 2–3-stündigen Abstand zum Antibiotikum eingenommen werden, ansonsten hebt das Antibiotikum die Wirkung des Probiotikums auf. Das Probiotikum sollte 14 Tage länger als das Antibiotikum eingenommen werden.
Literatur: