Die Aufgaben des Darmmikrobioms sind vielfältig und reichen von der Spaltung von Nahrungsbestandteilen über die Beteiligung an der Vitaminsynthese (Vitamin K2, B12) bis hin zur Energieversorgung der Darmschleimhaut. Ist das Darmmikrobiom allerdings gestört, können einige Aufgaben nicht mehr ausreichend ausgeführt werden. Weiters nimmt die Besiedelung durch pathogene Keime zu. Bei einer dauerhaft veränderten Zusammensetzung steigt das Risiko für diverse systemische Erkrankungen, wie z. B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Adipositas, Diabetes, chronische Entzündungen und Depressionen. So wie das Darmmikrobiom die Wirkung und Bioverfügbarkeit vieler Arzneimittel (z. B. Levodopa) beeinflusst, gibt es auch eine Reihe von Arzneimitteln, die sich negativ auf das Darmmikrobiom und dessen Zusammensetzung auswirken. Die bekannteste Arzneimittelgruppe ist hier sicherlich jene der Antibiotika.
Schon die einwöchige Einnahme von Antibiotika verändert das Darmmikrobiom erheblich. Das häufigste Symptom ist Durchfall bzw. antibiotikaassoziierte Diarrhö (AAD). Hier tritt der Durchfall normalerweise bereits während oder unmittelbar nach einer antibiotischen Therapie auf; aber auch ein verzögerter Beginn, mehrere Wochen nach Absetzen des Antibiotikums, ist möglich. Zu den häufigsten Auslösern der AAD gehören Clindamycin, Clarithromycin (v. a. in hoher Dosierung), Cephalosporine, Amoxicillin und Ampicillinderivate sowie Fluorochinolone. Der AAD liegt ein multifaktorieller Pathomechanismus zugrunde, das heißt, unterschiedliche Faktoren sind an der Entstehung des Durchfalls beteiligt. In vielen Fällen wirkt das eingenommene Antibiotikum prokinetisch oder löst toxische Reaktionen im Darm aus, auch Hypersensitivitätsreaktionen (v. a. Penicilline) des Darms sind möglich. In diesen Fällen tritt der Durchfall meist zeitnah nach Beginn der antibiotischen Therapie auf. Setzt der Durchfall zeitversetzt erst zu einem späteren Zeitpunkt ein, ist dies häufig auf die Störung des Darmmikrobioms zurückzuführen. Durch die Eradikation physiologisch relevanter Darmbakterien kommt es zu einer Überwucherung mit pathogenen Keimen. Bei immunkompetenten, nicht hospitalisierten Personen ist die AAD nach Absetzen des Antibiotikums im Normalfall selbstlimitierend. Eine schwere Sonderform der AAD ist die Clostridium-difficile-Infektion (CDI), der Auslöser der pseudomembranösen Kolitis. Diese zeichnet sich durch wässrige Durchfälle, Fieber, starke Abdominalkrämpfe und -schmerzen sowie Leukozytose aus. Besonders bei geschwächten und hospitalisierten Patienten kommt es zu schweren Verläufen mit einer Rezidivrate von 25 %. Schwere Verläufe der CDI werden z. B. mit Vancomycin behandelt. Die häufigsten Risikofaktoren für AAD und Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD) sind höheres Alter, (lange) Hospitalisierung, Aufenthalt in Pflege-/Altersheimen, die Kombination mehrerer Antibiotika, eine lange Einnahmedauer von Antibiotika und die Einnahme von Dauermedikamenten (PPI, Diuretika, Antihistaminika etc.). Beim Auftreten von AAD bzw. CDI muss das Antibiotikum abgesetzt oder gewechselt werden. Aminoglykoside, Sulfonamide, Makrolidantibiotika und Tetracycline weisen eine geringere Inzidenz für AAD/CDI auf.
Generell gilt, dass die Einnahme von Antibiotika die Diversität des Darmmikrobioms reduziert und die Vermehrung pathogener Keime fördert. Werden zu einer antibiotischen Therapie zusätzlich Probiotika eingenommen, konkurrieren diese mit pathogenen Keimen um Ressourcen und Lebensraum, wodurch es zu keiner Überwucherung pathogener Keime kommt. Studien zufolge reduziert die Einnahme von Probiotika das Risiko für CDAD bereits während der Antibiotikatherapie um bis zu 60 %. Insofern ist die Gabe eines Probiotikums bereits zu Beginn einer antibiotischen Therapie sicher sinnvoll, um Nebenwirkungen wie AAD und CDAD vorzubeugen.