Über 1,2 Mio. Menschen seien 2019 an den Folgen einer Infektion mit einem antibiotikaresistenten Keim verstorben, berichtet eine Forschergruppe in The Lancet.* Diese Zahlen übertreffen die Todesfälle an HIV/AIDS und Malaria und verdeutlichen das wahre Ausmaß der Problematik, auf das nicht erst seit gestern hingewiesen wird. In der systematischen Analyse wird über eine „global burden“ und über eine dringende Notwendigkeit politischer Entscheidungen geschrieben. Dies betreffe vor allem Infektionspräventions- und Kontrollprogramme, aber auch das Auffüllen von derzeit existierenden Datenlücken. Untersucht wurden 204 Länder und Regionen, 23 Bakterien und 88 Antibiotika-Bakterien-Kombinationen. Besonders auffällig ist die Resistenz von Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Streptococcus pneumoniae, Acinetobacter baumannii und Pseudomonas aeruginosa. Als sehr bedrohlich gilt mittlerweile der methicillinresistenter Staphylococcus aureus (MRSA). In einem Kommentar ** zur Publikation wird bereits befürchtet, dass die COVID-19-Pandemie das Problem weiter verstärkt – durch eine Zunahme der missbräuchlichen Verwendung von Antibiotika, aber auch durch mehr bzw. verlängerte Krankenhausaufenthalte. Bei der International Federation of Pharmaceutical Manufacturers and Associations (IFPMA) spricht man sogar schon von einer „stillen Pandemie“.
Diese „stille Pandemie“ wird die Menschheit noch begleiten, wenn SARS-CoV-2 seinen Schrecken verloren hat. Die Problematik wird sogar noch weiter zunehmen, wenn man die im Lancet beschriebenen Szenarien betrachtet. Sosehr die Bekämpfung der Coronapandemie von Bedeutung ist, sosehr fragt man sich auch, warum ein ebenso starkes Engagement bei der Resistenzthematik in den vergangenen Jahren ausblieb. Es bräuchte längst eine Sonderkommission, die sich dessen annimmt. Und es braucht breite Aufklärung, wie die Verbreitung resistenter Bakterien in der Umwelt eingedämmt werden kann. Als Hotspots werden diesbezüglich Düngermedien (Gülle, Klärschlamm) und kommunale Abwässer (vor allem aus Gesundheitseinrichtungen) diskutiert, wie das deutsche Umweltbundesamt in einer Publikation festhielt. Auch Flughafenabwässer und Abwässer aus Schlachthöfen rückten als Eintragspfade in den Fokus. Untersuchungen zeigten bereits, wie sehr eine horizontale Verbreitung damit begünstigt wird. Hier wurde jahrelang nur zugeschaut.