Rudolf Anschober: Es ist wichtig, umsichtig zu agieren und Gerüchten keinen Platz zu geben. Es gibt aktuell keinen Grund zur Panik. Wir kommunizieren den Ist-Stand der aktuellen Verdachtsfälle in Österreich täglich um 10.00 Uhr. Wir sind mit den nationalen und internationalen Behörden ausgezeichnet vernetzt und in permanenter Abstimmung. Österreich ist bestens vorbereitet. Die echte Grippe ist für uns aktuell viel näher und gefährlicher als das Coronavirus; man kann sich aber schützen. Den wirksamsten Schutz bietet die Influenza-Impfung – auch während der Grippesaison.
Beim Coronavirus sehen wir, wie dramatisch es ist, auf eine Bedrohung noch keine direkte Antwort in Form einer Impfung zu haben. In vielen Bereichen verfügen wir über diese Abwehr – wir sollten sie auch nützen. Die aktuelle Grippewelle mit zehntausenden Fällen von Grippe oder grippeähnlichen Erkrankungen und einer gleichzeitig dramatisch geringen Impfquote von unter zehn Prozent zeigt eindringlich den Bedarf einer umfassenden Erhöhung der Impfquote. Bei der Grippe und vielen anderen Erkrankungen haben wir es in der Hand, uns selbst und unser Umfeld weitgehend zu schützen. Ich möchte daher mit Fachexpertinnen und Fachexperten Maßnahmen für eine Impfinitiative bei Schlüsselerkrankungen erarbeiten. Bis Sommer wird diese neue Impfinitiative vorliegen. Zur Initiative werden etwa die Einführung eines E-Impfpasses sowie Aufklärung und Information der Bevölkerung und auch die Prüfung einer Impfpflicht für Gesundheitsberufe gehören.
Hier handelt es sich um einen offensichtlichen Interessengegensatz, der da ist. Ich möchte deshalb den Disput der vergangenen Monate nicht als dramatisch sehen und bewerten. Mein Stil ist, dass ich mir beide Seiten und Argumente anhören werde und dann versuchen werde, auch gemeinsam Lösungen zu finden. Ich möchte nicht vorab per Zuruf von außen Position beziehen. Für mich bedeutet es in einer Funktion wie der meinen ein Mindestmaß an Respekt, Betroffene an den Tisch zu holen, zu reden und die Standpunkte anzuhören. Mein Bereich ist ein Ressort des Zusammenhalts – das heißt eben auch, in Dialog mit allen zu treten. Ich will nicht eine Politik des Drüberfahrens machen.
Die Apotheken haben eine zentrale und wichtige Funktion im System. Wir sind gerade dabei, einen gemeinsamen Termin für die kommenden Wochen zu fixieren. Dann gilt, wie schon gesagt, dass ich im Dialog nach Lösungen suchen möchte.
Mir ist wichtig, dass wir hier rasch zu einem Ergebnis kommen und sicherstellen, dass die Versorgung funktioniert. Das EU-Recht schränkt uns da bei den Plänen ein, weshalb es dafür eine Rückmeldung aus Brüssel braucht. Wir haben versucht, die Handlungsspielräume zu nützen, die uns das EU-Recht gibt. Ich möchte jedenfalls zeitnah in den nächsten Wochen mit der Verordnung in Umsetzung kommen. Wir werden das konsequent umsetzen. Das Ziel der Verordnung ist absolut richtig, und der vorgeschlagene Weg ist nachvollziehbar. Ich hoffe, dass wir zeitnah zu einer Klärung mit der EU-Kommission finden.
Das Ziel ist auch hier, dass ich mich mit allen Seiten – also den Krankenversicherungen und der Arzneimittelbranche – zusammensetzen möchte. Auch hier gab es eine Task Force, die sich unter anderem mit der Frage der sogenannten alten Medikamente beschäftigt hat. Ich werde mir alle Seiten an den Tisch holen, anhören und dann Entscheidungen treffen. Das ist die Art, wie ich Politik machen will: zuerst Fachliches aufrollen und die Expertise einholen. Das soll eine wirkliche Änderung darstellen.
Man darf sich von einem Regierungsprogramm nicht erwarten, dass es Detailfragen beantwortet. Wir hatten insgesamt drei Monate für alles Zeit. Dass wir im Bereich Gesundheit recht rasch fertig waren, lässt auch Gutes für die Umsetzung erwarten. Die Detailumsetzung ist jetzt jedenfalls unser Job im Ministerium. Der Kernpunkt dabei ist, wie gesagt, allen zuzuhören und dann kontinuierlich gemeinsam an den Themen zu arbeiten. Es ist mein Stil, mit allen möglichst im Konsens zu guten Lösungen zu kommen. Türkis und Grün sind, wie wir wissen, unterschiedlich positioniert – wenn diese Parteien es schaffen, zu einem Konsens zu kommen, schaffen wir es auch alle miteinander im Gesundheitsbereich. Meist sind es nicht die besten Lösungen, wenn man einem zu hundert Prozent Recht gibt. Oft ist die Lösung ein Kompromiss. Meine Priorität ist aber immer auch die Versorgung der Bevölkerung und nicht die Erfüllung der Anliegen eines Interessenten. Alle Stakeholder haben natürlich ihre Einzelinteressen. Das übergeordnete Interesse einer guten Versorgung für Menschen eint am Ende des Tages aber alle. Deshalb möchte ich rasch einen Dialog mit allen Stakeholdern stärken.
Zur Person
Rudolf Anschober (59) ist gelernter Volksschullehrer und gilt als grüner Pionier. 1990 zog der Oberösterreicher in den Nationalrat ein. In den vergangenen 16 Jahren war er Landesrat in Oberösterreich.
Foto: MedMedia Verlag – Oliver Miller-Aichholz