Die Symptome einer Antibiotika-assoziierten Diarrhö (AAD) können bereits einige Stunden nach Behandlungsbeginn, manchmal aber auch erst nach 2 bis 3 Wochen auftreten.
Die Inzidenz liegt zwischen 12 und 25 %. Das Spektrum der Erkrankung reicht von Durchfall bis zur pseudomembranösen Enterokolitis. Meistens ist der Durchfall ausgelöst durch Antibiotika, jedoch selbstlimitierend und stellt auch keine besondere gesundheitliche Gefahr dar. Eine ganz andere Situation liegt bei Clostridioides-difficile-Infektionen (früher Clostridium) vor. Gerade deshalb sind Vorbeugung und eine rasche Therapie so wichtig.
Laut Leitlinie (S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple) ist es wichtig zu wissen, dass die Mehrzahl der Fälle einer Antibiotika-assoziierten Diarrhö (> 75 %) nicht infektiös ist, sondern durch Effekte der Antibiotika auf Mukosa und Motilität des Intestinums und durch Störungen der intestinalen Mikroflora verursacht wird.
Prinzipiell kann eine AAD bei jedem Antibiotikum auftreten, häufiger kommt diese jedoch bei Breitbandantibiotika vor, vor allem bei Amoxicillin-Clavulansäure, Clindamycin, Cephalosporinen, Chinolonen und Makroliden. Zur Vermeidung von Antibiotika-assoziierten Durchfällen wäre Antibiotic Stewardship (nachhaltiges Bemühen um eine rationale Verordnungspraxis von Antiinfektiva) besonders wichtig.
Auf den ersten Blick / Wirksames für die Selbstmedikation
Bei milden Symptomen einer Antibiotika-assoziierten Diarrhö ist eine Selbstmedikation möglich, wenn die Ursache bekannt ist. Kommt es innerhalb von 2 Tagen zu keiner Besserung, ist ein Arztbesuch nötig.
Bei allen Antibiotika wird in den Fachinformationen auf Diarrhöen und andere gastrointestinale Beschwerden, wie Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen, als Nebenwirkungen hingewiesen. Die Häufigkeit variiert von „sehr häufig“ (mehr als 10 %, z. B. Amoxicillin, Amoxicillin plus Clavulansäure, Ciprofloxacin und Azithromycin) bis „häufig“ (1–10 %, z. B. Clindamycin, Cephalosporinen, Penicillinen, Doxycyclin).
Durchfall nach der Einnahme von Antibiotika ist eine häufig vorkommende Nebenwirkung, wobei das Spektrum der Erkrankung von Durchfall bis zur pseudomembranösen Enterokolitis reicht. Unterschieden werden dabei verschiedene Auslöser:
In den meisten Fällen verlaufen Antibiotika-assoziierte Durchfälle selbstlimitierend und gefährden den/die Patient:innen nicht.
Bei milden Symptomen einer Antibiotika-assoziierten Diarrhö ist eine Selbstmedikation möglich, wenn die Ursache bekannt ist; kommt es innerhalb von 2 Tagen zu keiner Besserung ⇒ Arztbesuch empfehlen; am wichtigsten sind, auch bei der AAD, Maßnahmen zur Verhinderung von Flüssigkeits- und Elektrolytdefiziten:
Laut Leitlinie sollte bei Verdacht auf eine Clostridioides-difficile-Infektion frühzeitig und sensitiv ein Nachweis einer Infektion mit dem Erreger erbracht werden ⇒ frühe Diagnostik und Therapie sind entscheidend für einen günstigen Krankheitsverlauf.
Wichtig! Loperamid ist streng kontraindiziert ⇒ Ausscheidung pathogener Keime und Toxine wird verhindert.
Bei vielen Antibiotika-exponierten Patient:innen wurde eine reduzierte mikrobielle Diversität im Darm beobachtet.
Als wichtigste Ursache einer AAD gilt eine Störung der intestinalen Mikrobiota.
Die Diversität und Anzahl der im Darm lebenden Bakterien werden auf direkte und indirekte Weise verändert.
Die Darmbakterien verfügen über Enzyme, die für den Abbau von Ballaststoffen aus der Nahrung verantwortlich sind. Die wichtigsten Vertreter in der Gruppe der wasserlöslichen Ballaststoffe sind die Präbiotika Inulin (z. B. Chicorée) und Fructooligosaccharide, die im Darm in kurzkettige Fettsäuren wie Buttersäure, Propionsäure und Essigsäure umgewandelt werden. Vor allem die kurzkettigen Fettsäuren und ihre Ester (Acetat, Propionat und Butyrat) sind wichtige Stimulanzien für die Natrium- und Wasserresorption aus dem Darm und dienen den Bakterien wiederum als Energiequelle. Durch die Senkung des pH-Wertes mittels dieser Säureproduktion wird außerdem eine Wachstumshemmung pathogener Keime erzielt.
Antibiotika stören diese „Zusammenarbeit“ im Darm, wodurch es zu einer unzureichenden Bildung von Fettsäuren und zu einer damit verbundenen verminderten Resorption von Elektrolyten und Wasser kommt. Dies kann zu osmotischen Durchfällen führen. Sekretagoge Durchfälle enstehen, wenn sich jene Gallensäuren (Cholsäure und Chenodesoxycholsäure), die für die Verdauung von Nahrungsfetten verantwortlich sind, im Darm anreichern und von den Darmbakterien nicht mehr ausreichend abgebaut werden können.
Probiotika werden sowohl zur Prävention als auch zur Therapie von Antibiotika-assoziierter Diarrhö und Clostridium-difficile-assoziierter Diarrhö empfohlen. Mit der Entdeckung und Einführung von Antibiotika verschwanden das wissenschaftliche und auch allgemeine Interesse an probiotischen Präparaten. Erst als die durch Antibiotika aufgetretenen gastrointestinalen Nebenwirkungen ein Problem wurden, holte man die Probiotika mit ihrer stabilisierenden Wirkung auf die Darmflora wieder aus der „Schublade“.
Ein Cochrane Review von Dezember 2017 kam zu dem Schluss, dass eine kurzzeitige Anwendung von Probiotika nicht nur sicher, sondern auch effektiv ist. Das Risiko, eine Antibiotika-assoziierte Diarrhö zu entwickeln, könnte allgemein um 60 % reduziert werden, wenn Probiotika gemeinsam mit Antibiotika eingenommen werden. Zu beachten ist aber, dass das Probiotikum innerhalb von 48 Stunden zum Antibiotikum dazugegeben werden muss. Dieser Review zeigt, dass bei jeder Antibiotika-Abgabe in der Apotheke auch die Einnahme eines Probiotikums empfohlen werden sollte.
Der/die Kund:in muss nur darauf hingewiesen werden, dass die Einnahme immer im Abstand von 1–3 Stunden (unterschiedliche Angaben bei den verschiedenen Präparaten) zum Antibiotikum erfolgen muss.