Beratungsleitfaden: Gedächtnis/kognitive Leistung

Verschiedene Faktoren können das Gedächtnis beeinflussen, doch solange diese „Vergesslichkeit“ nur ab und zu auftritt, besteht kein Grund zur Sorge.
Eine Abnahme der Merkfähigkeit ist bis zu einem gewissen Grad eine normale Begleiterscheinung des Alterns. Bereits ab dem 30. Lebensjahr wird es schwerer, neue Dinge zu lernen. Wenn die Vergesslichkeit jedoch den normalen Alltag beeinflusst und erschwert, kann dies das erste Anzeichen einer Demenzerkrankung sein. In der Beratung sollte dem/der Kund:in immer dann zu einer ärztlichen Abklärung geraten werden, wenn die Gedächtnisprobleme mit anderen Symptomen einhergehen oder der Gedächtnisverlust einen schleichenden Verlauf hat.

Gedächtnisstörungen können aber nicht nur das Anzeichen einer beginnenden Demenz, sondern auch das Symptom einer anderen Erkrankung oder die Nebenwirkung von Medikamenten sein. Bei vermehrter Vergesslichkeit kann es sich auch um eine sogenannte leichte kognitive Beeinträchtigung (Mild Cognitive Impairment, MCI) handeln, die zwar nicht als Demenz definiert wird, sich aber zu einer solchen weiterentwickeln kann.

Auf den ersten Blick / Wirksames für die Selbstmedikation

Diese Phytotherapeutika, Mikronährstoffe und Wirkstoffe können dazu beitragen, die kognitive Leistung zu verbessern:

  • Ginkgo biloba (Ginkgo-Spezialextrakt EGb® 761)
  • Ginseng
  • Wilder Grünhafer
  • Kurkuma-Extrakt
  • Zink
  • B-Vitamine
  • Vitamin D
  • Magnesium
  • Lezithin
  • Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA)
  • Spermidin
  • Phosphatidylserin
  • L-Arginin-L-Aspartat
  • OPC (oligomere Proanthocyanidine, Flavonoide)
  • Citicolin (Cytidin-5-diphosphocholin)

Wichtige Fragen zu Beginn der Beratung:

  • Wie äußern sich die Beschwerden? Hinterfragen der „Eigendiagnose“
  • Seit wann und wie häufig treten die Beschwerden auf?
  • Hat die Häufigkeit der Beschwerden in letzter Zeit ­zugenommen?
  • Liegen Grunderkrankungen vor? Welche Medikamente werden eingenommen?
  • Welche Mittel wurden bisher ausprobiert? Mit welchem Erfolg?
  • Gab es schon ärztliche Empfehlungen?

Für die kognitive Leistungsfähigkeit sind vor allem Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnisleistung, Lern- und Problemlösefähigkeit sowie kognitive Flexibilität von Bedeutung.

In der S2e-Leitlinie „Diagnostik und Therapie von Gedächtnisstörungen bei neurologischen Erkrankungen“1 wird der Terminus „Gedächtnisstörung“ als Oberbegriff für alle Einbußen des Lernens, des Behaltens und des Abrufs gelernter Informationen definiert. Dieser Terminus ist sehr unspezifisch und sagt nichts über die Ursache der Störung aus – und auch nicht darüber, ob es sich um isolierte Gedächtnisstörungen handelt oder ob diese mit anderen kognitiven Störungen auftreten. Subjektive Gedächtnisstörungen sind sehr häufig und nehmen mit dem Alter zu.

Versuch, die Ursache der Gedächtnisstörungen abzuklären:

  • verkürzte Konzentrationsfähigkeit (immer in Verbindung mit dem Alter sehen)
  • erhöhte Ablenkbarkeit, häufiges Abschweifen der ­Gedanken
  • spontanes Aufnehmen anderer Tätigkeiten, vorzeitiges Abbrechen von Tätigkeiten
  • häufiger und rascher Wechsel von einer Tätigkeit zur nächsten
  • schneller Verlust von Interesse an einer Aufgabe

Mögliche Begleitsymptome:

  • Leistungsabfall, Tagesmüdigkeit, Schlafstörungen
  • innere Unruhe, Reizbarkeit

Mögliche Ursachen:

  • Überlastung, Stress, Zeitdruck ⇒ Beruf, Schule, Freizeit
  • Schlafmangel ⇒ Stress, Sorgen, schlafstörende Faktoren, Erkrankungen (z. B. Schlafapnoe-Syndrom)
  • hoher Fernseh- und/oder Computerkonsum
  • Alkohol-, Kaffee-, Nikotin- oder Drogenkonsum
  • Mangelernährung ⇒ Makro- und Mikronährstoffe fehlen.
  • Bewegungsmangel
  • zu geringe Flüssigkeitszufuhr (vor allem bei älteren Personen)
  • Demenzerkrankungen
  • Symptom einer Erkrankung, z. B. Schilddrüsenunterfunktion, Depressionen, Angststörungen, Magersucht, Nierenschwäche, Diabetes mellitus, Hypotonie, Durchblutungsstörungen des Gehirns (Arteriosklerose), nicht ausreichend therapierte Allergien
  • ADS oder ADHS ⇒ nicht nur bei Kindern, auch Erwachsene können betroffen sein.
  • Nebenwirkung von Medikamenten, z. B. Benzodiazepine, Opiate, trizyklische Antidepressiva, typische Neuroleptika, sedierende Antihistaminika, Chemotherapie, (z. B. durch verzögerten Abbau bei älteren Menschen), Diuretika (durch Hyponatriämie)
  • COVID-19 ⇒ auch milde Erkrankungen können Gedächtnis und Aufmerksamkeit auch Monate danach stören.
  • Vitamin-D-Mangel ⇒ verschiedene Studien zeigen eventuell einen Zusammenhang zwischen einem niedrigem Vitamin-D-Spiegel und der Beeinträchtigung von kognitiven Funktionen und psychischen Störungen-
  • Anämien, Vitamin-B12-Mangel (z. B. bei Dauertherapie von Protonenpumpenhemmern und Metformin, Diabetes mellitus, vegane Ernährung)

Unverzüglich zum/zur Ärzt:in

Jede unerklärliche Konzentrationsstörung, die entweder akut auftritt, sich verschlechtert oder über eine längere Zeit anhält, muss ärztlich abgeklärt werden.

  • auffällige zunehmende Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen
  • Vorliegen von Grunderkrankungen
  • Schwangerschaft, Stillzeit
  • Kinder, Jugendliche
  • Verdacht auf Tinnitus

SELBSTmedikation

In der Selbstmedikation von Gedächtnisstörungen liegt der Schwerpunkt vor allem in der Empfehlung von Präparaten zur Prophylaxe oder unterstützenden Therapien.

  • Ginkgo biloba (Ginkgo-Spezialextrakt EGb® 761) optimiert die Hirnleistung und verbessert die Sauerstoffversorgung (siehe Epilog).
  • Lezithin spielt eine wichtige Rolle im Zentralnervensystem und ist ein bedeutender Faktor bei der Reizübertragung der Nervenzellen ⇒ Verbesserung der Gehirnfunktion und in der Folge der Merk- und Konzentrationsfähigkeit.
  • Omega-3-Fettsäuren (EPA, DHA) verbessern die Fließeigenschaften des Blutes.
  • Spermidin ⇒ Vorbeugung des kognitiven Abbaus durch ­Unterstützung der körpereigenen Autophagie
  • Phosphatidylserin ist ein wichtiger Bestandteil in den Membranen von Nervenzellen.
  • L-Arginin-L-Aspartat verbessert die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit.
  • OPC (oligomere Proanthocyanidine, Flavonoide) verbessern die Durchblutung des Gehirns.
  • Kurkuma-Extrakt steigert die Denkleistung.
  • Citicolin (Cytidin-5-Diphosphocholin) ist als ­Lezithin-Vorstufe am Aufbau und an der Reparatur von ­Zellmembranen beteiligt und außerdem eine Vorstufe des Neurotransmitters Acetylcholin.
  • Zink ist an vielen zellulären Vorgängen beteiligt, z. B. auch bei Lern- und Gedächtnisprozessen.
  • Ginseng hilft bei Müdigkeit und nachlassender Konzentration.
  • Wilder Grünhafer führt aufgrund seiner belebenden Wirkung zur Anregung des Stoffwechsels.
  • Vitamine, Spurenelemente, Mineralstoffe; z. B. B-Vitamine, Vitamin D und Magnesium

Beratungstipps

  • ausgewogene Ernährung, z. B. mit Obst, Gemüse, Fisch, Vollkornprodukten, Olivenöl und Nüssen
  • regelmäßige Bewegung im Freien bei jedem Wetter
  • Ausreichend trinken ⇒ eine Flüssigkeitszufuhr von mindestens zwei Litern pro Tag wäre zu empfehlen; das Gehirn besteht zu ca. 75 % aus Wasser, und schon ein leichter Flüssigkeitsmangel kann zu Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen und Schwindelgefühl führen.
  • Auf einen guten und erholsamen Schlaf achten.
  • Stressvermeidung bzw. -reduktion
  • Bei anspruchsvollen Arbeiten immer wieder Pausen einlegen.
  • Medienkonsum einschränken.
  • Konsum von Koffein, Alkohol und Nikotin einschränken.
  • Beruhigungs- und Aufputschmittel meiden.
  • Vor allem bei älteren Menschen wichtig ⇒ soziale Kontakte pflegen, Ausgleich von Schwerhörigkeit durch ein Hörgerät, regelmäßig etwas Neues lernen.

Epilog

Das Gehirn ist in jedem Alter zu unglaublichen Leistungen in der Lage, reagiert aber sehr empfindlich, wenn es nicht ausreichend mit Nährstoffen und Energie versorgt wird.

Eine mangelnde Versorgung mit wichtigen Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen wirkt sich negativ auf die Hirnfunktion aus und führt zu einem Abfall der Leistungsfähigkeit mit Konzentrationsstörungen und Müdigkeit.

Vitamin D und Gedächtnis

Über lange Zeit wurde angenommen, dass Vitamin D nur für den Knochenstoffwechsel essenziell ist. Heute weiß man, dass Vitamin D auch für andere Prozesse im Körper notwendig ist, vor allem auch im ZNS und im peripheren Nervensystem. Es wird vermutet, dass Vitamin D bei der Prävention von Erkrankungen wie Depressionen, Demenz, multiple Sklerose, Morbus Parkinson oder Schlaganfälle eine wichtige Rolle spielen könnte.

Verschiedene Studien zeigen, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel, vor allem bei älteren Erwachsenen, die kognitiven Funktionen einschränken kann.2, 3 Viele Hirnzellen haben Rezeptoren für Vitamin D, und auch das Enzym 1a-Hydrolase, das für die Synthese der bioaktiven Form des Vitamins benötigt wird, kommt im Gehirn vor. Vitamin D wird auch von Makrophagen, die im Gehirn für die Beseitigung von Amyloid-Ablagerungen zuständig sind, benötigt.Um wirklich nachweisen zu können, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen einem Vitamin-D-Mangel und kognitiven Einschränkungen besteht, müssen noch prospektive Studien durchführt werden. Auf alle Fälle ist es aber ein spannender und interessanter Ansatz in der Prävention von Gedächtnisstörungen und Demenz.

Verbesserung der Gedächtnis- und Konzentrationsleistung mit Ginkgo-Spezialextrakt EGb® 761

EGb® 761 führt zu einer verbesserten Fließeigenschaft des Blutes, vor allem auch in den kleinen Blutgefäßen des Gehirns. In weiterer Folge kommt es zu einer besseren Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen. Durch eine positive Beeinflussung des cholinergen und dopaminergen Neurotransmittersystems wird die Signalverarbeitung zwischen den einzelnen Nervenzellen gesteigert. Studien zeigen eine Wirksamkeit des Ginkgo-Extraktes in der Behandlung von neurokognitiven Störungen.

Eine symptomatische Wirkung zeigt sich bereits bei leichten kognitiven Defiziten. Bei regelmäßiger Einnahme konnte eine verbesserte und gesteigerte Gedächtnis- und Arbeitsleistung sowie Konzentrationsfähigkeit festgestellt werden. In der S3-Leitlinie „Demenzen“4 wird das Ginkgo-Spezialextrakt EGb® 761 ausdrücklich als Therapieoption bei leichter bis mittelgradiger Alzheimer-Demenz erwähnt.

Beratungstipp

In der Selbstmedikation von Gedächtnisstörungen liegt der Schwerpunkt vor allem auf der Empfehlung von Präparaten zur Prophylaxe oder von unterstützenden Therapien.