Beratungsleitfaden: Hämorrhoiden

Laut S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden1 sind annähernd 70 % aller Erwachsenen im Laufe ihres Lebens irgendwann einmal von symptomatischen Hämorrhoiden betroffen.
Bei Hämorrhoiden handelt es sich um einen schwammartigen Gefäßpolster, den Hämorrhoidalplexus, der ringförmig unter der Schleimhaut des Rektums liegt und an der Feinabdichtung des Afters beteiligt ist. Das heißt, dass anatomisch gesehen „Hämorrhoiden“ keinen Krankheitswert haben, denn erst wenn der Hämorrhoidalplexus vergrößert ist und Beschwerden auftreten, spricht man von „Hämorrhoidalleiden“ oder „symptomatischen Hämorrhoiden“. Es werden, je nachdem, wie ausgeprägt die Erweiterung und der Vorfall der Hämorrhoiden sind, vier Schweregrade unterschieden. Gerade im frühen Stadium sind die unangenehmen Beschwerden gut behandelbar.
Auch wenn es sich beim Hämorrhoidalleiden um keine bedrohliche Erkrankung handelt, sollte mit der Abklärung bei Ärzt:innen nicht unnötig zugewartet werden. Schließlich können Blutungen, Juckreiz oder Schmerzen die Lebensqualität entscheidend beeinträchtigen.

Auf den ersten Blick / Wirksames für die Selbstmedikation

Diese Maßnahmen können bei Hämorrhoidalleiden für Linderung sorgen:

  • Lokalanästhetika (Benzocain, Lidocain, Polidocanol)
  • Adstringenzien (Zinkoxid, Hamamelisextrakt, ­Eichenrindenextrakt)
  • Polysaccharid-Komplex
  • Bierhefe-Dickextrakt, Haifischleberöl, Menthol, ­Rosskastanienextrakt, Mäusedornwurzelstockextrakt, Ringelblume u. a.
  • Flavonoide wie Hesperidin, Diosmin, Rutin und ­Hydroxymethylrutinoside

Weitere Maßnahmen:

  • ballaststoffreiche Ernährung
  • laxierende Suppositorien mit Glycerin oder CO2, ­Macrogole, Flohsamen, Leinsamen
  • richtiges Stuhlverhalten

Fragen, um die Voraussetzungen für eine Selbstmedikation zu überprüfen:

  • Wer ist betroffen? Wie alt sind die Betroffenen?
  • Welche Beschwerden liegen vor? Seit wann? Sind Begleitsymptome vorhanden? Schmerzen, Juckreiz, Brennen, Nässen?
  • Sind die Beschwerden bekannt oder treten die Beschwerden zum ersten Mal auf?
  • Gibt es Begleitsymptome, z. B. Obstipation, Blut im oder auf dem Stuhl, Blutspur am Toilettenpapier, Gefühl der unvollständigen Entleerung?
  • Liegt eine ärztliche Diagnose vor? Wurden schon sinnvolle diagnostische Maßnahmen in die Wege geleitet?
  • Welche Mittel bzw. Hausmittel wurden bisher ausprobiert? Mit welchem Erfolg?

Es werden, je nachdem wie ausgeprägt die Erweiterung und der Vorfall der Hämorrhoiden sind, vier Schweregrade unterschieden:

  • Grad 1 ⇒ Die Hämorrhoiden sind vergrößert, aber von außen nicht sichtbar; machen noch kaum Beschwerden
  • Grad 2 ⇒ stärker vergrößert; beim Stuhlgang oder auch manchmal bei körperlicher Aktivität können sie aus dem After heraustreten, ziehen sich aber von selbst wieder ins Innere zurück
  • Grad 3 ⇒ so weit vergrößert, dass sie beim Stuhlgang und körperlicher Belastung aus dem After heraustreten. Gehen von selbst nicht mehr zurück, aber der Schwellkörper kann mit Hilfe der Finger wieder zurückgeschoben werden
  • Grad 4 ⇒ stark vergrößert, dauerhaft aus dem After ausgetreten und lassen sich auch manuell nicht mehr zurückschieben; sind vollständig von außen sichtbar; Analprolaps

Am Anfang macht ein Hämorrhoidalleiden keine oder kaum Beschwerden; die Symptome sind unspezifisch und könnten auch im Rahmen anderer Erkrankungen vorkommen.

Folgende Anzeichen können auf ein Hämorrhoidalleiden hinweisen:

  • hellrotes Blut auf dem Stuhl oder Toilettenpapier (Grad 1); Die geschwollenen Gefäßpolster werden durch den harten Stuhl verletzt und bluten (keine Schmerzen)
  • Juckreiz, Brennen und Nässen am After
  • Fremdkörper- oder Druckgefühl in der Analgegend; eventuell wird das Sitzen unangenehm.
  • Gefühl, dass der Darm trotz Stuhlgang nicht vollständig entleert ist
  • Abgang von Schleim oder Stuhl bei Blähungen
  • starke Schmerzen bei fortgeschrittenem Hämorrhoidalleiden

Zu beachten! Neben einem Hämorrhoidalleiden können Fissuren, Marisken, Analvenenthrombosen oder Neoplasien (seltener) die gleichen Symptome aufweisen ⇒ frühzeitige eindeutige Differenzialdiagnose; Schmerzen gehören nicht zur typischen Symptomatik. Die Ursachen sind meist eine begleitende Fissur oder Thrombose. Für Sekretionen sind häufig Fisteln verantwortlich. Juckreiz und Ekzeme haben in mehr als 90 % der Fälle rein dermatologische Ursachen.

Mögliche Ursachen und Risikofaktoren

Hämorrhoiden können sich vergrößern, wenn ein erhöhter Druck im Analkanal (letztes Stück im Enddarm, mündet in den After) vorhanden ist ⇒ Die Ursachen sind vielfältig, in den meisten Fällen aber direkt oder indirekt auf eine gestörte Stuhlentleerung zurückzuführen.

  • chronische Verstopfung ⇒ ballaststoffarme Ernährung, geringe Flüssigkeitsaufnahme
  • häufiger Durchfall ⇒ Vergrößerung der Hämorrhoidalpolster, da diese ständig den flüssigen Stuhlgang zurückhalten müssen.
  • Bewegungsmangel und überwiegend sitzende Arbeits- und Lebensweise ⇒ Darmtätigkeit „lahmt“, und die Folge ist Verstopfung.
  • häufiges Heben schwerer Lasten ⇒ erhöhter Druck auf den Bauchraum
  • Schwangerschaft ⇒ v. a. Lockerung des Bindegewebes aufgrund hormoneller Umstellung
  • genetische Disposition, Bindegewebsschwäche

Arztbesuch empfehlen

  • ab dem 40. Lebensjahr ⇒ Von entscheidender Bedeutung ist vor allem das Alter des Betroffenen, unabhängig davon, ob die Symptome akut, sporadisch oder chronisch rezidivierend auftreten.
  • jüngere Betroffene, falls die Symptome trotz Therapie (Selbstmedikation) fortbestehen; Zeitspanne bis zu einer deutlichen Besserung bzw. Heilung ⇒ maximal eine Woche bzw. die Symptome kehren nach Beendigung der Therapie wieder
  • chronische, rezidivierende Beschwerden
  • Kinder und Jugendliche, Schwangerschaft
  • Blut im und auf dem Stuhl
  • starker Defäkationsschmerz
  • Verdacht auf äußeren Vorfall

Zu beachten! Im Hinblick auf die große Inzidenz eines CRC (kolorektales Karzinom; häufigster bösartiger Tumor in Europa) sollte allen über 40-Jährigen mit einschlägigen Beschwerden ein Arztbesuch dringend empfohlen werden.

Therapie

Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad des Hämorrhoidalleidens und nach der Dauer der analen Beeinträchtigung. Gerade im frühen Stadium ist eine Basistherapie sinnvoll und besteht laut S3-Leitlinie ­Hämorrhoidalleiden1 aus drei Teilen:

  • ballaststoffreiche Ernährung
  • eventuell eine gezielte Stuhlregulation (laxierende Suppositorien mit Glycerin oder CO2, Macrogole, Flohsamen, Leinsamen)
  • richtiges Stuhlverhalten ⇒ Pressen und längere Sitzungen vermeiden, keine Entleerung erzwingen

Tipp: Auch mit der Erhaltung bzw. dem Aufbau einer funktionierenden Darmflora (Gabe von Prä- und/oder Probiotika) können gute Erfolge erzielt werden.


SELBSTmedikation

Ist einmal eine ärztliche Abklärung erfolgt, dann ist eine Selbstmedikation in jedem Stadium vertretbar. Zur Linderung der durch die vergrößerten Hämorrhoiden hervorgerufenen akuten entzündlichen und ödematösen Beschwerden stehen verschiedene topische ­Präparate in Form von Cremen, Salben und Zäpfchen zur Verfügung, die rein symptomatisch wirken:

  • Lokalanästhetika (Benzocain, Lidocain, Polidocanol) v. a. bei ­Schmerzen, Juckreiz, Brennen
  • Adstringenzien (Zinkoxid, Hamamelisextrakt, Eichenrindenextrakt) v. a. bei Schmerzen, Juckreiz, Brennen
  • desinfizierend, antibakteriell ⇒ Polysaccharid-Komplex
  • sonstige ⇒ Bierhefe-Dickextrakt, Haifischleberöl, Menthol, ­Rosskastanienextrakt, Mäusedornwurzelstockextrakt, Ringel­blume u. a.

Weitere Optionen:

  • Die Substanzgruppe der Flavonoide wie Hesperidin, Diosmin, Rutin und Hydroxymethylrutinoside wird aufgrund ihrer antioxidativen, gefäßtonisierenden und ödemprotektiven Wirkungen eingesetzt, z. B. gereinigte, mikronisierte Flavonoidfraktion, bestehend aus Diosmin und Hesperidin.

Nichtoperative Maßnahmen

  • Sklerosierung (Verödung mit z. B. Polidocanol)
  • Gummibandligatur (Überschüssiges Hämorrhoidal-Gewebe wird mit einem Gummiband abgeschnürt.)Hämorrhoiden 3. und 4. Grades bedürfen meist einer operativen Intervention, vor allem dann, wenn die konservativen Verfahren zu keiner ausreichenden Beschwerdelinderung führen.

Beratungstipps

  • regelmäßige Stuhlentleerung ohne Pressen
  • ballaststoffreiche Ernährung mit Obst und Gemüse, Salate, evtl. Kleie- oder Faserstoffpräparate, Weizenkleie, Leinsamen, indischer Flohsamen
  • Verzicht auf kohlenhydratreiche und blähende Speisen (Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Kohl)
  • mehr Bewegung und Sport ⇒ fördert die Darmtätigkeit
  • Übergewicht reduzieren
  • keine Abführmittel verwenden! ­Ausnahme: milde laxierende Suppositorien mit Glycerin oder CO2-Laxans, Macrogole
  • schonende Analhygiene, bevorzugt mit lauwarmem Wasser; Vorsicht mit ­Seifen; Feuchttücher meiden ⇒ häufig unerwartet starke allergische Reaktion mit perianalem Ekzem
  • vorsichtiges Abtrocknen des Analbereiches ohne Reiben

Epilog

In den Industrieländern ist das Hämorrhoidalleiden eine der häufigsten Erkrankungen.

Wie viele Menschen genau von der Erkrankung ­betroffen sind, lässt sich jedoch schwer einschätzen, da viele aus Schamgefühl nicht zum ärztlichen ­Personal gehen.
Somit dürfte die Dunkelziffer sehr hoch sein. Am häufigsten tritt das Hämorrhoidalleiden zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr auf. Je früher die Behandlung einsetzt, desto besser ist die Erkrankung zu behandeln. Häufig verzögert sich die Therapie allerdings, da die Erkrankung immer noch ein Tabuthema ist. Unbehandelt führt das Hämorrhoidalleiden vor allem bei den höheren Schweregraden häufig zu einer Progression der Beschwerden. Andererseits kommt es bei niedriggradigen Hämorrhoiden (1. und 2. Schweregrad) oft zu spontanen Rückbildungen und zur Beschwerdefreiheit.

Konservative Therapie empfohlen

Leichte bis mäßige Beschwerden sollten laut S3-Leilinie1 in erster Linie konservativ therapiert werden. Im Frühstadium können ­Hämorrhoidalbeschwerden in günstigen Fällen allein durch eine Optimierung des Stuhlgangs gelindert werden.

Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe

Die Gabe von Interna (z. B. Flavonoide) stellt eine kausale Therapie des Hämorrhoidalleidens dar. Flavonoide (Citrus-Bioflavonoide, Hesperidin, Diosmin, Rutin und Hydroxymethylrutinoside) werden aufgrund ihrer gefäß- und ödemprotektiven Wirkung eingesetzt. Es handelt sich um eine Gruppe sekundärer Pflanzenstoffe, die universell in verschiedenen Pflanzen vorkommen und auch einen Teil der menschlichen Nahrung darstellen. Am häufigsten verwendet wird ein Flavonoid-Gemisch aus Diosmin (mikronisierter gereinigter Flavonoid-Auszug) und Hesperidin (Hauptflavonoid der Schalen von Orangen und Zitronen).

Anwendungshinweise bei äußerlichen Präparaten

  • Topische Zubereitungen werden mehrmals täglich, vor allem aber nach jedem Stuhlgang, angewendet.
  • Mittel zur rektalen Anwendung werden in der Regel zweimal täglich – morgens und abends – appliziert.
  • Hämorrhoidalzäpfchen nur so hoch einführen, dass das Ende des Zäpfchens noch mit der Fingerkuppe tastbar ist (im Gegensatz zu antipyretisch wirkenden Zäpfchen).
  • Bei der Anwendung von Salben sollte das Applikationsrohr zuerst eingeführt werden, und erst beim Herausziehen wird durch gleichmäßigen Druck auf die Tube ein kontinuierlicher Salbenstrang in den Analkanal entleert. Applikator nach der Anwendung gründlich reinigen.
  • Zäpfchen eignen sich besonders für die Anwendung in der Nacht ⇒ langsame und kontinuierliche Freisetzung.
  • Da Salben, Cremen und Zäpfchen zu einer Verunreinigung der Wäsche führen können ⇒ Slipeinlagen und Analvorlagen anbieten.

Beratungstipp

Im Frühstadium können Hämorrhoidalbeschwerden in günstigen Fällen allein durch eine Optimierung des Stuhlgangs gelindert werden.