Eine unkomplizierte Blasenentzündung spielt sich ausschließlich in den ableitenden Harnwegen, also im unteren Harntrakt lokal begrenzt ab. Sie gilt als relativ leichte Erkrankung, die ohne deutliches Krankheitsgefühl, ohne allgemeine Schwäche und ohne hohes Fieber abläuft.
Erwachsene Frauen erkranken wesentlich häufiger – bedingt durch die Anatomie – an einer akuten Blasenentzündung als Männer. Bis zum 15. Lebensjahr sind Harnwegsinfekte eher eine Ausnahme. Durch die hormonellen Veränderungen und den Beginn der sexuellen Aktivität nimmt die Prävalenz für Harnwegsinfekte ab diesem Alter aber deutlich zu. Zu den gesicherten prämenopausalen Risikofaktoren zählen Geschlechtsverkehr und übertriebene Intimhygiene. Postmenopausale Risikofaktoren sind unter anderem Harninkontinenz, Restharn und eine positive Harnwegsinfekt-Anamnese vor der Menopause.
Bei Männern gibt es aufgrund der demografischen Entwicklung eine steigende Tendenz. Während bakterielle Harnwegsinfektionen vor dem 50. Lebensjahr bei Männern eher selten auftreten, erhöht sich das Risiko im fortgeschrittenen Alter. Der Grund dafür ist, dass in diesem Alter oft begünstigende Faktoren vorliegen, wie z. B. Aufenthalt im Krankenhaus, Dauerkatheter und anatomische Veränderungen (Vergrößerung der Prostata).
Aber auch Kinder können einen Harnwegsinfekt bekommen. Vor allem im „Windelalter“ besteht eine erhöhte Infektionsgefahr, da sich im feuchten Milieu Bakterien in kürzester Zeit vermehren können.
Auf den ersten Blick / Wirksames für die Selbstmedikation
Gemäß der S3-Leitlinie „Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten“1 wird eine Infektion der unteren Harnwege (Zystitis) angenommen, wenn sich die Beschwerden auf diesen Bereich beschränken. Der häufigste Erreger unkomplizierter Harnwegsinfekte ist Escherichia coli, gefolgt von Staphylococcus saprophyticus, Klebsiella pneumoniae und Proteus mirabilis.
Zu beachten! Im Beratungsgespräch ist die Frage nach der Häufigkeit besonders wichtig; laut S3-Leitlinie1 wird ein rezidivierender Harnwegsinfekt angenommen, wenn eine Rezidivrate von > 2 symptomatischen Episoden innerhalb von 6 Monaten oder > 3 symptomatische Episoden innerhalb von 12 Monaten vorliegt.
Wichtig! Bei erstmaligem Auftreten ⇒ ärztliche Diagnose notwendig; keine Selbstmedikation
Laut S3-Leitlinie1 sind bei Frauen mit Verdacht auf einen unkomplizierten Harnwegsinfekt folgende Fragen von Bedeutung:
Bei Beantwortung der 1. Frage mit „Ja“ ist ein Harnwegsinfekt sehr wahrscheinlich. Bei vaginalen Beschwerden sollte eine Differenzialdiagnose in Betracht gezogen werden.
Zu beachten! Ein oberer Harnwegsinfekt sollte dann angenommen werden, wenn zusätzlich zu den akuten Symptomen z. B. auch ein Flankenschmerz, ein klopfschmerzhaftes Nierenlager und/oder Fieber (< 38 °C) auftritt ⇒ Arztbesuch notwendig!
Wichtig! Eine Vermehrung von Bakterien in den Harnwegen muss nicht immer mit Krankheitssymptomen verbunden sein ⇒ asymptomatische Bakteriurie.
Unkomplizierte Beschwerden können mittels Selbstmedikation meistens gut behandelt werden:
Die S3-Leitlinie1 empfiehlt bei rezidivierenden Harnwegsinfekten vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention die Einnahme immunstimulierender Bakterienlysate (lysierte immunaktive Fraktionen aus ausgewählten Escherichia-coli-Stämmen) über 3 Monate.
Gemäß der S3-Leitlinie1 ist auch ein akuter unkomplizierter Harnwegsinfekt eine Indikation für eine Antibiotika-Therapie. Das Risiko für Komplikationen bei einem akuten unkomplizierten Harnwegsinfekt ist zwar relativ gering, und die Spontanheilungsrate ist relativ hoch, jedoch zeigen verschiedene Studien ein doch signifikant schnelleres Abklingen der Symptomatik unter Antibiotika verglichen mit einem Placebo. Trotz allem raten Expert:innen dazu, Antibiotika möglichst gezielt und sparsam einzusetzen. Bei 50 % bis 60 % der Patient:innen mit einer akuten unkomplizierten Blasenentzündung kann auf Antibiotika verzichtet werden.
Da der Leidensdruck meist sehr hoch ist, suchen viele Betroffene zuerst einmal rasche und effektive Hilfe in der Apotheke.
In den meisten Fällen liegt eine akute unkomplizierte Zystitis vor, die aufgrund einer lokalen Begrenzung der Infektion als relativ harmlose Erkrankung gesehen wird. Diese ist, unter Einhaltung einiger Maßnahmen, mittels Selbstmedikation sehr gut therapierbar.
Bei den ersten Anzeichen einer Zystitis ist es empfehlenswert, viel zu trinken. Blasen- und Nierentees unterstützen den durchspülenden Effekt und das Ausschwemmen der Erreger. Zu den pflanzlichen Aquaretika gehören unter anderem Birkenblätter, Brennnesselkraut, Goldrutenkraut, Hauhechelwurzel, Orthosiphonblätter, Liebstöckelwurzel, Rosmarin, Tausendgüldenkraut, Petersilienkraut und -wurzel, Schachtelhalmkraut sowie Wacholderbeeren. Zu beachten ist, dass die Grenze zwischen aquaretischer Wirkung und anderen Effekten meist fließend ist. So wirkt zum Beispiel das Goldrutenkraut zusätzlich noch entzündungshemmend und krampflösend. Ein vorsichtiger Umgang mit Aquaretika ist vor allem bei Personen mit Herz- und Nierenerkrankungen (begrenzte Flüssigkeitszufuhr) zu empfehlen.
Besonders wirksam zur unterstützenden Therapie und zur Ergänzung spezifischer Maßnahmen bei leichten Beschwerden ist eine Kombination aus Rosmarinblättern, Liebstöckelwurzel und Tausendgüldenkraut. Die Reduktion der Symptome ist auf einem vergleichbaren Niveau wie bei einem Antibiotikum (z. B. Fosfomycin) – sowohl hinsichtlich der Beschwerdefreiheit als auch bei der Schnelligkeit der Wirkung3 (Non-Antibiotic Herbal Therapy versus Antibiotic Therapy for the Treatment of Acute Lower Uncomplicated Urinary Tract Infections in Women) und stellt somit eine ideale Alternative dar, um eine Antibiotikagabe zu vermeiden. Gerade in Zeiten mit steigenden Antibiotikaresistenzen sollte der Einsatz eines Antibiotikums immer sehr gezielt und sparsam erfolgen.
Als zusätzliche und sehr wirkungsvolle Maßnahme hat sich die Ansäuerung des Harns mit L-Methionin und Vitamin C bewährt. Vitamin C senkt durch seine sauren Eigenschaften den pH-Wert des Urins und hemmt somit das Bakterienwachstum. Die idealen Bedingungen für Bakterien werden durch geänderte pH-Werte empfindlich gestört. Aber auch L-Methionin wird in entsprechender Dosierung zur Ansäuerung des Harns verwendet. Da L-Methionin das „Einnisten“ von uropathogenen Keimen wie auch das Wachstum der Keime hemmt, kann es sowohl zur unterstützenden Behandlung einer akuten Blasenentzündung als auch zur Vorbeugung von wiederkehrenden Entzündungen verwendet werden.