Unter „Mundhygiene“ versteht man alle Maßnahmen, die Zähne, Zahnfleisch, Zunge und Mundschleimhaut gesund erhalten. Immerhin putzen sich 70 % der Österreicher:innen 2-mal pro Tag die Zähne. Es gibt aber nach wie vor einen hohen Nachholbedarf bei der Reinigung der Zahnzwischenräume. Auch wenn die meisten Menschen wissen, wie wichtig die Pflege der Zahnzwischenräume ist, verwenden nur ca. 15 % Zahnseide oder Interdentalbürsten. Eine Parodontitis ist die häufigste Ursache für Zahnverlust im Erwachsenenalter. Faktoren wie starkes Rauchen, Diabetes, Stress und lokale chronische Reize lassen den Zahnhalteapparat auf Bakterien empfindlicher reagieren. Aber auch genetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Wenn die Zahnfleischentzündung über längere Zeit unbehandelt bleibt, kann sich eine Parodontose mit Knochenabbau, Zahnlockerung und schließlich Zahnverlust entwickeln.
Auf den ersten Blick – Wirksames für die Selbstmedikation
In der Mundhöhle wurden mehr als 700 verschiedene Mikroorganismen nachgewiesen. Sofort nach dem Zähneputzen legt sich wieder ein Speichelfilm (Pellikel) um die Zähne, an den sich aerobe Bakterien anhaften (z. B. Streptococcus mutans, der Haupterreger von Karies). Wenn die Plaque nicht entfernt wird, entsteht ein komplexer Biofilm (enthält auch anaerobe Bakterien, wie Porphyromonas gingivalis, verantwortlich für Parodontitis), und nach einigen Tagen lagert sich Kalzium aus dem Speichel vor allem an der Zahninnenseite ein. Der Zahnbelag wandelt sich langsam in Zahnstein um; Farbstoffe aus Rotwein, Kaffee, Tee oder Tabak können zu unschönen Verfärbungen führen.
Wird Plaque nicht regelmäßig mechanisch entfernt, entzündet sich das Zahnfleisch und kann sich zurückbilden ⇒ Zahnfleischbluten, Mundgeruch, erhöhte Schmerzempfindlichkeit durch freiliegende Zahnhälse.
Gingivitis: Durch bakterielle Zahnbeläge verursachte Zahnfleischentzündung; diese ist noch reversibel und kann sich durch intensive Mundpflege zurückbilden.
Stomatitis: Entzündung der Mundschleimhaut, meist ausgehend von einer Gingivitis
Parodontitis: Entzündung des Zahnhalteapparates; bei etwa 10 % der Betroffenen mit Gingivitis entsteht eine Parodontitis, häufigste Ursache für Zahnverlust im Erwachsenenalter; Parodontitis muss zahnärztlich behandelt werden, sonst drohen langfristig Zahnausfall durch Lockerung des Halteapparates, Verlust von Kieferknochen
Karies: weltweit die häufigste chronische Erkrankung; bei ca. 80–90 % der Menschen ist Streptococcus mutans in der Mundhöhle nachweisbar ⇒ metabolisiert Zucker aus der Nahrung zu schwachen Säuren; der daraus resultierende saure pH-Wert demineralisiert den Zahnschmelz, Kalzium und Phosphat werden herausgelöst, der Zahnschmelz wird porös, und es kommt zu Läsionen.
Erosionen: ausgelöst durch starke Säuren wie Phosphor- oder Zitronensäure, die in Getränken vorkommen (z. B. Softdrinks); zerstören bei häufigem Genuss irreversibel große Flächen des Zahnschmelzes und der darunter liegenden Dentinschicht; bis zu 40 % der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind davon betroffen.
Candida-Stomatitis (Mundsoor): Candidamykose der Mundschleimhaut mit einem typisch weißlichen flächigen Belag auf der Zunge und Wangenschleimhaut.
Aphthen: kleine, entzündete, äußerst schmerzhafte Bereiche im Mund ⇒ hauptsächlich an der Wangenschleimhaut, aber auch auf der Zunge und am Gaumen
Herpes simplex – Stomatitis aphthosa: HSV Typ 1 ist die am häufigsten vorkommende Art und in der Regel auf Mund und Lippen begrenzt.
Mundtrockenheit (Xerostomie): Verminderte Produktion von Speichel durch die Speicheldrüsen; die Ursachen können Flüssigkeitsmangel (zu geringe Trinkmenge), Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen, Fieber, Durchfall, Erbrechen, Nebenwirkung von Medikamenten (Antidepressiva, Neuroleptika, Antiparkinsonmittel, Schlaf- und Beruhigungsmittel, Antihistaminika, Betablocker, Kalziumantagonisten, Diuretika, Retinoide), Kaffee, Nikotin und Atmung durch den Mund bei behinderter Nasenatmung sein.
Mundgeruch (Halitosis): verursacht durch mangelnde Mund- und Zahnhygiene oder schlechte Prothesenreinigung, Karies, Entzündungen im Mund- und Rachenraum, Austrocknen der Mundschleimhaut, Zungenbelag, aber auch Sinusitis, COPD und Magenerkrankungen
Einige Erkrankungen manifestieren sich in der Mundhöhle (z. B. AIDS, M. Crohn, Pemphigus vulgaris, Lupus erythematodes) ⇒ diagnostische Bedeutung der Mundhöhle bei der Früherkennung von Allgemeinerkrankungen.
Bei ungewissem Gesundheitsstatus von Zahnfleisch, Mundhöhle und/oder Mundschleimhaut ist die Selbstmedikation nur als Erste-Hilfe-Maßnahme bzw. als Überbrückung bis zum Arztbesuch zu sehen.
z. B. in Form von Gurgellösungen, Mundspülungen, Sprays, Pinselungen und Lutschtabletten.
Desinfizienzien/Antiseptika:
Pflanzenextrakte: entzündungshemmend, adstringierend und keimabtötend
Lokaltherapeutika
Wichtig! Regelmäßigen Zahnarztbesuch und professionelle Mundpflege empfehlen!
Gesunde Zähne und ein gesundes Zahnfleisch sind das Ergebnis sorgfältiger Mundhygiene und regelmäßiger Zahnarztbesuche.
Die S2k-Leitlinie zur Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen enthält sieben Kernempfehlungen für Patient:innen und Ärzt:innen zur Kariesprophylaxe. Die Empfehlungen sind praxisnah und sollten eine möglichst breite Zielgruppe ansprechen.
Die sieben Empfehlungen der Leitlinie sehen vor, dass die/der Patient:in drei Maßnahmen täglich selbst anwenden kann und die restlichen vier in Absprache mit der/dem Zahnärzt:in durchgeführt werden.
Die Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasten 2-mal täglich ist laut S2k-Leitlinie eine wichtige Maßnahme zur Kariesprophylaxe. Fluoride verhindern die Entmineralisierung des Zahnschmelzes durch Bildung einer Kalziumfluorid-Schutzschicht mit dem Kalzium aus dem Speichel. Diese Schutzschicht muss 2-mal täglich erneuert werden.
Mikrofeines Hydroxylapatit lagert sich in einer hauchdünnen Schicht auf den Oberflächen an und bildet bei regelmäßiger Anwendung eine schützende Schicht aus künstlichem Zahnschmelz auf der Zahnoberfläche.
„Mundwasser“ ist ein Oberbegriff, hinter dem sich verschiedene Produkte und Anwendungsbereiche verbergen. Das klassische Mundwasser ist meist ein Konzentrat mit einem hohen Anteil an ätherischen Ölen und wird vor der Anwendung mit Wasser verdünnt. Im Gegensatz dazu sind „Mundspüllösungen“ schon fertig für den Gebrauch. Vor allem Erwachsene mit Zahnfleischproblemen oder Parodontitis sollten Mundspülungen langfristig und regelmäßig anwenden. Sie sollen die Mundpflege unterstützen, dürfen jedoch das Zähneputzen und die mechanische Plaque-Entfernung (z. B. Zahnseide, Interdentalbürsten) nicht ersetzen.