Die Ursachen einer Verstopfung sind vielfältig, und die Beschwerden können sowohl akut als auch chronisch verlaufen. Es wird vermutet, dass die Dunkelziffer an Menschen mit chronischer Verstopfung relativ hoch ist, da ein Großteil der Betroffenen wegen einer „einfachen Verstopfung“ keine ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt.
Die Prävalenz nimmt im Alter zu, vor allem bei Personen ab dem 65. Lebensjahr. Die Gründe dafür sind laut S2k-Leitlinie „Chronische Obstipation bei Erwachsenen“1 vor allem die in diesem Alter häufigere Einnahme von Medikamenten, neurologische Erkrankungen und Funktionsstörungen, ein „sedativer“ Lebensstil und Bettlägerigkeit. Frauen leiden deutlich öfter als Männer an den typischen Symptomen.
mit allgemeinen Maßnahmen beginnen: ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Bewegung und ballaststoffreiche Ernährung
Füll- und Quellmittel
Osmotische und salinische Laxanzien
Stimulierende Laxanzien
Lokale Auslösung des Defäkationsreflexes
Mittel der 1. Wahl bei chronischer Verstopfung: Macrogol, Bisacodyl, Natriumpicosulfat
Wichtig! Eigendiagnose immer hinterfragen: objektiv erfassbare Zeichen, z. B. Verminderung der Stuhlfrequenz ⇒ für viele Patient:innen oft von untergeordneter Bedeutung; subjektive Beschwerden stehen meist im Vordergrund, z. B. „Völlegefühl“, starkes Pressen nötig, kleine und harte Stuhlportionen, Gefühl einer unvollständigen Entleerung.
Die normale Stuhlfrequenz variiert von Mensch zu Mensch sehr stark, von dreimal täglich bis dreimal wöchentlich. Um zu unterscheiden, ob es sich um eine akute oder chronische Verstopfung handelt, sollte immer zuerst erfragt werden, seit wann die Beschwerden bestehen, z. B. länger als 3 Monate ⇒ bei Verdacht auf chronische Obstipation unbedingt eine ärztliche Abklärung empfehlen, vor allem, wenn Begleitsymptome vorhanden sind.
Wichtig! Die Beschwerden gleichen grundsätzlich denen einer chronischen Obstipation.
Unbefriedigende Stuhlentleerungen, die mindestens 3 Monate bestehen und mindestens 2 der folgenden Leitsymptome aufweisen:
⇒ jeweils bei 25 % der Stuhlentleerungen oder weniger als 3 Stühlen pro Woche
Wichtig! Laut Leitlinien ist die chronische Obstipation nicht mehr als eine banale Befindlichkeitsstörung ohne Krankheitswert zu sehen, welche durch falsche Lebensgewohnheiten selbst verschuldet ist und somit auch leicht zu beheben wäre
⇒ die Betroffenen leiden unter einer ganzen Reihe von unangenehmen Symptomen und sind somit häufig auch in ihrer Lebensqualität massiv beeinträchtigt!
Sekundäre Obstipation, die aufgrund von angeborenen oder erworbenen Schädigungen der sensorischen und motorischen Nervenbahnen im Magen-Darm-Trakt auftritt ⇒ andauernde Obstipation, verlangsamte Darmperistaltik, verlängerte Darmpassagezeit; durch eine längere Verweildauer des Darminhaltes im Kolon wird vermehrt Wasser entzogen.
Sonderfall innerhalb der primären Obstipationsformen und eine der wichtigsten Untergruppen ⇒ für umfassendere Informationen und Therapieempfehlungen zum polysymptomatischen Reizdarmsyndrom gibt es eine umfassende Leitlinie2 (S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie).
Bei Kindern unter 6 Jahren ⇒ keine Selbstmedikation; vor allem bei Kleinkindern und Säuglingen variiert die Stuhlfrequenz, z. B. Häufigkeit des Stuhlgangs bei einem gestillten Säugling bis viermal pro Tag bis alle paar Tage einmal.
Zu beachten! Bei Kindern sind organische Ursachen eher selten ⇒ eher funktionelle Störungen und psychische Faktoren, z. B. Zurückhalten des Stuhlgangs
Weitere mögliche Ursachen sind beispielsweise Medikamente (Morphinartige, Medikamente mit anticholinergen Haupt- bzw. Nebenwirkungen, β-Blocker, Diuretika u. v. m.), Grunderkrankungen (Darmpolypen, M. Crohn, neurologische Erkrankungen, Diabetes, Hypothyreose etc.), Elektrolytstörungen (z. B. Hypokaliämie), vorangegangene chirurgische Eingriffe, Bewegungsmangel, Stress, Reisen, wenig Flüssigkeitszufuhr, Ernährungsgewohnheiten und Nikotinstopp.
Die Leitlinie1 empfiehlt stufenweise oder kombinierte Therapie:
Therapie der Slow-Transit-Obstipation ⇒ Füll- und Quellstoffe, salinische und osmotische Laxanzien
Zu beachten! Dosierung und Einnahmefrequenz der unterschiedlichen Präparate an die Konsistenz des Stuhls anpassen: bei Durchfall Dosisreduktion, bei sehr hartem und festem Stuhl „Stuhlweichmacher“.
Wichtiger Hinweis! Macrogole wirken erst nach einigen Tagen optimal; keine Resorption und daher kein Wechselwirkungspotenzial
Wirkungsmechanismus ⇒ osmotische Wasserbindung
Wichtig! Bei osmotischen und salinischen Laxanzien können als Nebenwirkung häufig Blähungen (Ausnahme Macrogole) auftreten.
Stimulierende Laxanzien ⇒ antiresorptiv und hydragog wirkende Laxanzien
Vorsicht! Bei empfindlichen Personen krampfartige Magen-Darm-Beschwerden möglich.
Ballaststoffe ⇒ Stuhlvergrößerung und vermehrte Flüssigkeitsaufnahme führen zu einem Dehnungsreiz im Enddarm.
Lokale Auslösung des Defäkationsreflexes; sinnvoll vor allem bei neurologischen Grundkrankheiten, aber auch bei Kindern; „scheduled toiletting“, d. h. gesicherter, geplanter und steuerbarer Stuhlgang; auch als Dauertherapie geeignet; rasche Wirkung nach ca. 15 bis 20 Minuten;
Wichtig! Bei bestimmungsgemäßer Anwendung sind bei Laxanzien keine Gewöhnungseffekte und Kaliumverluste zu erwarten, jedoch kann ein Missbrauch, z. B. zur Gewichtsreduktion (kommt häufig vor), zu massiven Störungen des Elektrolythaushaltes führen!
Akute Notfallsymptome, welche eine sofortige medizinische Abklärung erfordern:
Viele Menschen greifen regelmäßig zu medizinischer Hilfe, wenn „es“ nicht gleich klappt, da nach der Stuhlentleerung das unangenehme Völlegefühl verschwindet.
Vor dem Einsatz von Laxanzien sollte zunächst mit allgemeinen Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, regelmäßiger Bewegung, Toilettenkonditionierung, Stressabbau u. a. versucht werden, den trägen Darm wieder in Schwung zu bringen, denn „manch ein Darm ist einfach schlecht erzogen“.
Nach dem Stufenplan laut S2k-Leitlinie „Chronische Obstipation“ werden bei Stuhlunregelmäßigkeiten und leichten Beschwerden nichtlösliche Ballaststoffe wie z. B. Leinsamen und Flohsamenschalen empfohlen. Diese erhöhen die Stuhlmenge und führen zu einer vermehrten Flüssigkeitsaufnahme, wodurch es zu einem Dehnungsreiz im Enddarm und zu einer besseren Defäkation kommt. Eine Erhöhung der Ballaststoffzufuhr kann den Bedarf an Laxanzien reduzieren.Der Wirksamkeitsnachweis für lösliche Ballaststoffe durch placebokontrollierte Studien ist stärker als für nichtlösliche Ballaststoffe. Lösliche Ballaststoffe (auch enthalten in Obst und Gemüse) wie Inulin, Oligofructose, Guar und Acacia, sind keine „klassischen“ Abführmittel, sondern wirken als Quellstoffe, indem sie große Mengen an Wasser binden. Sie fördern auf natürliche Weise das Wachstum der Darmflora, ohne dass die Ernährung umgestellt werden muss. Sie aktivieren die Darmtätigkeit, der Stuhlgang wird regelmäßiger und die Verdauung kommt wieder ins Gleichgewicht. Bakterien im Dickdarm bauen die löslichen Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren ab, die wiederum dem Aufbau der Darmschleimhaut und dem Darmmikrobiom dienen.
Zu den häufigsten Problemen bei Menschen mit Verstopfung gehört ein harter und fester Stuhl. Aufgrund ihrer „stuhlweichmachenden“ Wirkung eignen sich Macrogole besonders gut für Menschen mit hartem Stuhl, Darmträgheit und Hämorrhoiden. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Macrogolen konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden. Macrogole haben eine hohe Affinität zu Wassermolekülen, sie hydratisieren den Stuhl und verkürzen somit die Kolontransitzeit. Über die Dehnung der Darmwand kommt es zum Defäkationsreflex. Damit die Wirkung nach 24 bis 48 Stunden eintritt, müssen sie täglich eingenommen werden.