Beratungsleitfaden: Reflux

Etablierte Risikofaktoren für die Entstehung der GERD sind ein erhöhter Body-Mass-Index, Nikotinabusus, eine genetische Disposition und Hiatushernie.
Weitere mögliche Ursachen sind Stress, Reizüberflutung und veränderte Essgewohnheiten. Ein häufiges Auftreten wird auch bei Erkrankungen wie dem metabolischen Syndrom und in Zusammenhang mit Alkohol- und Zuckerkonsum, Schwangerschaft und Kraftsport (Druck im Abdomen) beobachtet.

Die typischen Symptome der Refluxkrankheit sind Sodbrennen und saures Aufstoßen. Das klinische Spektrum reicht von gelegentlichen Symptomen bis hin zu schweren Komplikationen. Ein „stiller“ Reflux liegt vor, wenn das Symptom Sodbrennen fehlt.

Kommt Sodbrennen nur gelegentlich vor, ist es in der Regel harmlos und kann gut in der Selbstmedikation behandelt werden. Die Therapieoptionen bei Sodbrennen sind vielfältig, aber die Wahl des Präparates hängt vor allem davon ab, wie ausgeprägt die Beschwerden sind, wie häufig sie auftreten und wie lange sie bestehen.

Auf den ersten Blick / Wirksames für die Selbstmedikation

  • Antazida: Hydrotalcit, Magaldrat, Kalziumkarbonat, Magnesiumkarbonat, Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid
  • Protonenpumpeninhibitoren: z. B. Omeprazol, Pantoprazol
  • Alginate
  • Gastroprotektiva: Misoprostol, Sucralfat
  • Phytotherapie: Käsepappel, Ringelblume, Süßholz, Pfefferminz u. a. bzw. Extrakt-Kombinationen (bittere Schleifenblume, Angelikawurzeln, Kamillenblüten, Kümmelfrüchte, Mariendistelfrüchte, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Schöllkraut und Süßholzwurzel)
  • Alternativen: Heilerde ultrafein, Kieselsäuregel mit Siliciumdioxid, Tamarindensamen, Wirkstoffkombination aus Hyaluronsäure, Chondroitinsulfat und Poloxamer 407 sowie Haferzubereitung und Extrakt aus Papaya

Tipps

Beratungstipps (laut S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis1)

  • Gewichtsreduktion mit Ziel der Gewichtsnormalisierung bei übergewichtigen Personen• Kopfende des Bettes hochstellen
  • Vermeidung von Spätmahlzeiten
  • Zwerchfelltraining (Bauchatmung)
  • Rauchstopp
  • Diät und individuelle Ernährungsberatung

Weitere Tipps

  • Mehrere kleinere Mahlzeiten über den Tag verteilt ⇒ der Magen ist nicht so voll.
  • Vermeiden von Substanzen, die den Schließmuskel (Kardia) schwächen, z. B. Schokolade, süße Speisen, säurehaltige Getränke (Obstsäfte, Tomatensaft, Kaffee, Getränke mit Kohlensäure, scharfe Gewürze etc.)
  • langsam und in Ruhe essen, gut kauen
  • nach dem Essen spazieren gehen, nicht hinlegen
  • auf einengende Kleidung verzichten, vor allem enge Hosen oder eng geschnallte Gürtel
  • regelmäßig Sport betreiben, am besten Ausdauersport wie Schwimmen, Nordic Walking, Laufen oder auch Radfahren
  • Stress und Hektik vermeiden bzw. auf ein Minimum reduzieren

Abklärung bei der/dem Ärzt:in bzw. Alarmsymptome

  • Kinder, Schwangerschaft und Stillzeit
  • Beschwerden, die länger als 14 Tage andauern
  • wenn sich die Beschwerden trotz Selbstmedikation nicht bessern bzw. verschlimmern
  • starke, plötzlich auftretende und anhaltende Schmerzen
  • Schluckbeschwerden
  • blutiger oder schwarzer Stuhl (Teerstuhl)
  • Ulkusverdacht bzw. Ulkusanamnese
  • ungewollter Gewichtsverlust
  • blutiges Erbrechen
  • chronischer Husten, häufige bronchiale Infekte
  • regelmäßige Einnahme von NSAR, Kortison u. a.

Wichtige Fragen zu Beginn der Beratung:

  • Seit wann bestehen die Beschwerden? Wer ist betroffen?
  • Wie häufig treten die Beschwerden auf bzw. seit wann bestehen diese? Bei häufigeren oder langanhaltenden Beschwerden (> 2 Wochen) sollte ein Arztbesuch empfohlen werden.
  • In welchen Situationen treten die Beschwerden auf? Auslöser der Beschwerden identifizieren, z. B. Stress, fetthaltige Mahlzeiten u. a.
  • Hat es in letzter Zeit Abweichungen von den täglichen Gewohnheiten gegeben?
  • Welche Medikamente werden eingenommen? Manche Medikamente wie Glukokortikoide, NSAR oder Kalziumantagonisten können Sodbrennen begünstigen; Bisphosphonate können unter Umständen die Speiseröhre direkt schädigen.
  • Welche Mittel wurden bisher ausprobiert? Mit welchem Erfolg?

Gelegentliches Sodbrennen ist unangenehm, aber meist harmlos; tritt es jedoch häufiger auf, kann es zu Reizungen und Entzündungen der Speiseröhre kommen.
Laut S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis1 sollte zwischen der Therapie von Refluxbeschwerden (ohne gesicherte GERD) und der einer gesicherten GERD unterschieden werden (Kinder und Erwachsene).

Betroffene beschreiben das Beschwerdebild oft sehr unterschiedlich, d. h. gastroösophageale Refluxbeschwerden (GERD) bezeichnen kein einheitliches Krankheitsbild, sondern sind ein Überbegriff für (laut Leitlinie1):

  • erosive Refluxösophagitis (ERD) ⇒ Nachweis entzündlicher Veränderungen verschiedener Schweregrade einschließlich peptischer Stenosen
  • nichterosive Refluxkrankheit (NERD) ⇒ typische, die Lebensqualität beeinträchtigende Refluxsymptome ohne Nachweis endoskopischer Läsionen
  • thorakale Schmerzen ⇒ GERD als wesentliche Ursache der nichtkardialen Thoraxschmerzen (ohne begleitende ösophageale Symptome)
  • hypersensitiver Ösophagus ⇒ Reflux quantitativ im Normbereich, aber hohe Assoziation von Refluxphasen und Symptomen (wichtiger Vergleich zum funktionellen Sodbrennen, bei dem genau diese Assoziation fehlt)
  • extraösophageale Manifestation ⇒ Symptome an Orten wie z. B. Mundhöhle, Lunge
  • Komplikationen der GERD, v. a. Blutung und Stenosen
  • Barrett-Ösophagus

Zu beachten! Im Lauf des Lebens kann der Schweregrad der Symptome abnehmen, das Ausmaß der Läsionen in der Speiseröhre aber zunehmen.

Refluxtypische Symptome:

Eine Refluxkrankheit gilt als wahrscheinlich, wenn die typischen Symptome mindestens ein- bis zweimal pro Woche auftreten.

  • Sodbrennen ⇒ brennendes Gefühl hinter dem Brustbein; Leitsymptom, aber keinesfalls spezifisch für die Erkrankung
  • Aufstoßen von saurem Mageninhalt bis in den Mund-Rachen-Bereich (Regurgitation)
  • saurer, bitterer Geschmack im Mund
  • Schluckbeschwerden

Besonders unangenehm können die Beschwerden in der Nacht sein ⇒ Rückfluss des Speisebreis in die Speiseröhre durch die horizontale Liegeposition.

Wichtig! Laut S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis1 sind typische Refluxsymptome (Sodbrennen, Regurgitation) als verlässliches Diagnostikum nicht geeignet, da sie weder sensitiv noch spezifisch sind.

Unspezifische Symptome z. B. retrosternaler Schmerz, epigastrischer Schmerz, Brennen im Hals, häufiges Luftaufstoßen, Übelkeit

Alarmsymptome ⇒ Dysphagie, Gewichtsverlust > 5 %, Anämie

Atypische Beschwerden ⇒ werden zuerst einmal nicht einer Refluxkrankheit zugeordnet (Verzögerung der Diagnosestellung) ⇒ Entzündungen der Atemwege und des Nasenrachenraums mit den Symptomen Heiserkeit, Halskratzen oder chronischer Husten. Dauern die Beschwerden schon länger als zwei bis drei Wochen an ⇒ Arztbesuch empfehlen

Mögliche Risikofaktoren

Im Prinzip kann jeder Mensch Sodbrennen entwickeln, aber es gibt einige spezielle Risikofaktoren:

  • Alter ⇒ der Tonus des unteren Ösophagussphinkters lässt nach.
  • Stress ⇒ begünstigt Sodbrennen, da der Ösophagussphinkter über den Nervus vagus gesteuert wird.
  • Schwangerschaft ⇒ die Spannung des Ösophagussphinkters nimmt hormonell bedingt zu, und mit zunehmender Dauer der Schwangerschaft steigt auch der Druck auf den Magen.
  • Arzneimittel ⇒ regen entweder die Produktion der Magensäure an oder verringern die Spannung des Ösophagus­sphinkters, z. B. NSAR, Kalziumantagonisten, Benzodiazepine, pfefferminzhaltige Zubereitungen, Östrogen-Präparate, Anticholinergika, trizyklische Antidepressiva, Theophyllin, Koffein (oft in Kombinationspräparaten mit Analgetika enthalten), Kalium, Eisen; Bisphosphonate schädigen die Ösophagusschleimhaut direkt.
  • zu reichhaltige, zu scharf gewürzte und zu fetthaltige Mahlzeiten; vor allem am Abend
  • „Säurelocker“ ⇒ süße Speisen, Kuchen, säurehaltiges Obst, Fruchtsäfte
  • Nikotin, Alkohol, Kaffee, kohlensäurehaltige Getränke ⇒ reizen die Magenschleimhaut und regen zur Produktion von Magensäure an.
  • zu geringe Trinkmenge ⇒ Sodbrennen, da die Säure nicht ausreichend verdünnt wird

Zu beachten! Refluxsymptome kommen bei Sportler:innen sehr häufig vor ⇒ ein wesentlicher Mechanismus ist dabei ein zunehmender Reflux im Rahmen transienter Sphinkterrelaxationen (kurzfristige Erschlaffung des unteren Ösophagus­sphinkters, wodurch Reflux aus dem Magen in die Speiseröhre möglich ist) ⇒ GERD-Patient:innen sollten aus diesem Grund Sportarten mit besonderer Betätigung der Bauchpresse meiden.

Mögliche Folgeerkrankungen

  • Speiseröhrenentzündung, Kehlkopfentzündung, Rachenentzündung
  • Nasennebenhöhlenentzündung, Mittelohrentzündung
  • Zahnschäden
  • Lungenfibrose
  • Barrett-Syndrom ⇒ Veränderung der Speiseröhrenschleimhaut am unteren Ende der Speiseröhre

SELBSTmedikation

Wichtig ist immer die Einschätzung, inwieweit die Beschwerden in der Selbstmedikation behandelt werden können oder ob der/dem Kund:in eine Abklärung bei der/dem Ärzt:in empfohlen werden sollte.

Bei der Auswahl eines Präparates gegen Sodbrennen soll vor allem darauf geachtet werden, wie häufig und mit welcher Intensität die Beschwerden auftreten.

Antazida ⇒ geeignet zur Behandlung von gelegentlich auftretendem Sodbrennen und säurebedingten Magenproblemen; nur bei akuten Beschwerden einnehmen; auf keinen Fall vorbeugend:

  • Hydrotalcit, Magaldrat (Schichtgitterantazida)
  • Kalziumkarbonat, Magnesiumkarbonat
  • Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid

Protonenpumpeninhibitoren ⇒ direkte Blockade der Säurepumpe, Einnahme nur einmal täglich

  • Omeprazol, Pantoprazol

Alginate ⇒ bilden bei Kontakt mit der Magensäure sehr schnell eine schützende Barriere; verhindern, dass Magensäure in die Speiseröhre aufsteigt.

Gastroprotektiva ⇒ schleimhautschützend

  • Misoprostol, Sucralfat

Phytotherapie

  • Käsepappel, Ringelblume, Süßholz, Pfefferminz u. a.
  • Extrakt-Kombinationen ⇒ bittere Schleifenblume, Angelikawurzeln, Kamillenblüten, Kümmelfrüchte, Mariendistelfrüchte, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Schöllkraut und Süßholzwurzeln

Alternativen

  • Haferzubereitung und Extrakt aus Papaya ⇒ bei schmerzempfindlicher Magenschleimhaut als Folge einer Gastritis
  • Tamarindensamen ⇒ besondere Haft-Eigenschaften an der Schleimhaut schützen die Schleimhäute vom Rachen bis zum Magen; in Kombination mit Alginat werden die Reflux-Symptome gelindert
  • Wirkstoffkombination Hyaluronsäure, Chondroitinsulfat und Poloxamer 407 ⇒ Schutz für die Speiseröhre bei gastroösophagealem Reflux, Sodbrennen, Oberbauchschmerzen, Reizhusten und Stimmstörung
  • Heilerde ultrafein ⇒ traditionell angewendetes, mildes Naturheilmittel gegen Sodbrennen und säurebedingte Magenbeschwerden
  • rein mineralische Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen ⇒ Kieselsäuregel mit Siliciumdioxid

Epilog

Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit sind Protonenpumpenhemmer Mittel der ersten Wahl.

Laut S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis1 sollte bei typischen Refluxbeschwerden ohne Alarmsymptome, ohne positive Familienanamnese für Malignome des oberen Verdauungstraktes und ohne Risikofaktoren für Komplikationen ein PPI in Standarddosis verordnet werden (Kinder und Erwachsene).
Bei gesicherter oder wahrscheinlicher GERD soll eine PPI-Therapie für mindestens vier bis acht Wochen durchgeführt werden.

Großer Nutzen bei passender Indikation

PPI hemmen direkt und dosisabhängig die Protonenpumpe und führen somit sowohl zu einer Hemmung der basalen als auch der stimulierten Säuresekretion.
Das heißt, dass PPI den Reflux praktisch nicht beeinflussen, aber die Aggressivität der Magensäure mindern. Die gastroösophageale Refluxkrankheit ist in erster Linie eine Erkrankung des Übergangs von Magen zur Speiseröhre. Rückfluss von Mageninhalt in den Ösophagus verursacht Symptome und Schäden. In diesem Fall ist die Senkung der Azidität der Magensäure eine wichtige Therapiemaßnahme.

Richtige Einnahme von PPI

Die Einnahme soll 30 bis 60 Minuten vor dem Essen erfolgen. Bezüglich intragastraler Azidität und klinischer Wirksamkeit ist die Einnahme vor dem Frühstück zu bevorzugen. Falls eine Dosissteigerung notwendig ist, sollte die Erhöhung in Einzeldosen erfolgen, d. h. zweimal 20 mg sind wirksamer als einmal 40 mg. Es ist wichtig zu wissen, dass eine volle Wirksamkeit erst nach ungefähr drei bis fünf Tagen zu erwarten ist.

Add-on-Therapie

Häufig kommt es jedoch vor, dass die PPI nicht ausreichend wirken. In diesem Fall müssen andere Therapieformen bzw. eine Add-on-Therapie gefunden werden.

Antazida wirken schnell

Es gibt verschiedene Antazida mit verschiedenen Salzen/Basen bzw. Stoffkombinationen, z. B. Kombination aus Kalzium- und Magnesiumkarbonat, aus Magnesium- und Aluminiumhydroxid, Hydrotalcit und Magaldrat. Diese neutralisieren die vorhandene Säure im Magen, wodurch der pH-Wert im Magen steigt und die Umwandlung von Pepsinogen zu Pepsin gehemmt wird. Zusätzlich werden Gallensäuren gebunden, welche gemeinsam mit Pepsin und der Magensäure die Schleimhaut schädigen, wenn sie im Übermaß vorliegen.
Der große Vorteil der Antazida ist, dass sie sehr schnell wirken und die Wirkung je nach Wirkstoff mehrere Stunden anhalten kann.

Refluxkontrolle und Mukosaprotektion mit Alginaten

Ein relativ neues Therapieprinzip bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit sind die Alginate. Diese bilden eine gelartige Schicht („Alginatdeckel“) auf dem Magensaft und bilden somit eine mechanische Barriere gegen das Aufsteigen von Säure aus dem Magen in die Speiseröhre. Der Hintergrund für dieses Therapieprinzip bildet die sogenannte „Acid Pocket“ (Säuretasche). Darunter versteht man einen Überschuss von ungefähr 50 bis 70 ml Magensäure, der physiologisch direkt nach der Nahrungsaufnahme auf dem Speisebrei entsteht. Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit kann diese Säureschicht bis in die Speiseröhre aufsteigen und Beschwerden verursachen. Zusätzlich haben Alginate auch eine schleimhautschützende Wirkung, da sie einen Schutzfilm in der Speiseröhre bilden.
Eingenommen werden Alginate vor allem nach den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen. Besonders die Einnahme vor dem Schlafengehen hat sich bewährt, um dem Aufsteigen von Magensäure und dem nächtlichen Reflux entgegenzuwirken.
Alginate können auch mit Antazida kombiniert eingenommen werden, wodurch ein schnellerer Wirkungseintritt und eine stärkere Wirksamkeit zu erreichen ist. Da Alginate nicht resorbiert werden, ist eine Gabe in der Schwangerschaft möglich.

Beratungstipp

Die Therapieoptionen bei Sodbrennen sind vielfältig, aber die Wahl des Präparates hängt vor allem davon ab, wie ausgeprägt die Beschwerden sind, wie häufig sie auftreten und wie lange sie bestehen.