Beratungsleitfaden: Schlafstörungen

Rund ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch im schlafenden Zustand. Jedoch klagt jeder vierte Österreicher über Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen, und ungefähr jeder zehnte Erwachsene erlebt seinen Schlaf als nicht erholsam.
Gelegentliche Schlafstörungen sind nicht besorgniserregend. Wenn die Nachtruhe jedoch mehrere Wochen gestört ist, dann muss dies unbedingt abgeklärt werden, denn andauernde Schlafstörungen können zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität führen.

Ein „schlechter“ Schlaf führt nicht nur zu einer erhöhten Müdigkeit während des Tages und zu einer geringeren Konzentrations- und Leistungsfähigkeit im Alltag und am Arbeitsplatz, sondern Studien zeigen auch, dass es klare Zusammenhänge zwischen Schlafmangel und Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck, Schlaganfall, Depressionen und einem geschwächten Immunsystem gibt. Und umgekehrt verursachen viele psychische Störungen und kognitive Beeinträchtigungen wiederum Schlafstörungen.

Auf den ersten Blick – Wirksames für die Selbstmedikation

H1-Antihistaminika

  • Doxylamin
  • Diphenhydramin

CAVE: 30–60 min vor dem Schlafengehen einnehmen, Einnahmedauer auf etwa max. 1 Woche begrenzen, mögliche „Hangover-Effekte“

Pflanzliche Sedativa
Schlaffördernd, sinnvoll bei leichten, nervös bedingten Schlafstörungen, maximaler Effekt nach ca. 1–2 Wochen regelmäßiger Einnahme!

  • Baldrian, Hopfen, Passionsblume, Melisse, Johanniskraut, Lavendel, Kalifornischer Mohn, Ashwagandha
  • Xanthohumol (aus Hopfen)
  • Safranblüten-Extrakt
  • Johanniskraut
  • Cannabidiol (CBD)

Empfehlungen für das Gespräch an der Tara

Fragen zum Einstieg in das Gespräch

  • Seit wann bestehen die Beschwerden?
  • Wie viele Stunden Schlaf werden von dem/der Betroffenen als erforderlich angesehen?
  • Wie häufig sind die Schlafunterbrechungen?
  • Gibt es exogene schlafstörende Faktoren?
  • Wurden Arzneimittel/Genussmittel eingenommen, die den Schlaf stören könnten?
  • Erkrankungen, Lebenssituation (Stress)?
  • Hat es in letzter Zeit Abweichungen von den täglichen Gewohnheiten gegeben (Jetlag, Schichtarbeit etc.)?
  • Alter des/der Betroffenen? Mittagsschlaf? Wie lange? (eventuell falsche Vorstellungen des individuellen Schlafbedarfs)
  • Welche Mittel wurden bisher ausprobiert? Mit welchem Erfolg?

Inzwischen wird weniger von Insomnie gesprochen, stattdessen ist der Begriff „nichte erholsamer Schlaf“ in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt, denn für viele Patient:innen mit Schlafstörungen steht weniger die Einschränkung des Nachtschlafs im Vordergrund, sondern vor allem die massiven Störungen der Tagesbefindlichkeit.

Zu beachten! Häufig haben Menschen subjektiv das Gefühl, schlecht zu schlafen; das Problem liegt an der individuellen Bewertung der Schlafqualität, auch die individuelle Schlafdauer variiert sehr stark: Bei Erwachsenen liegt der Schlafbedarf zwischen 5 und 10 Stunden. Vorübergehende Schlafstörungen – zurückzuführen auf unbewältigte Probleme, geänderte Lebensumstände oder Zeitumstellungen – sind durchaus normal.

Zwei Beschwerdebilder (unabhängig von der Ursache)

1. Beschwerden, die den Schlaf selbst betreffen:

  • Ein- und Durchschlafstörungen
  • verminderte Erholsamkeit des Schlafes
  • Unruhe, Schwitzen, Alpträume

2. Schwerpunkt der Beschwerden liegt am Tag:

  • Erschöpfung, Müdigkeit, ständiges Schläfrigkeitsgefühl, Nervosität, verminderte Konzentration und vermindertes Durchhaltevermögen

Beide Beschwerdebilder treten häufig gemeinsam auf.

Mögliche Ursachen für Schlafstörungen

1. schlafstörende exogene Faktoren:

  • situationsbedingter Stress (familiär oder beruflich, ungelöste Probleme, Geldsorgen und Existenzängste)
  • häufiger Zeitzonenwechsel (z. B. „Vielflieger“)
  • Schichtarbeit (geänderter Tag-Nacht-Rhythmus)
  • Zeitumstellung Winter/Sommer
  • fasche Ernährungsgewohnheiten (z. B. schweres Essen am Abend)
  • ungünstige Schlafumgebung (Lärm, Licht, ein nicht ausreichend gelüftetes Schlafzimmer, Temperatur, Matratze, Kinder, schnarchende:r Partner:in)
  • abendliche Problemgespräche, spannende Filme oder Bücher vor dem Schlafengehen
  • ungewohnte Umgebung, unbequemes Bett (z. B. im Urlaub)

2. Genussmittel und Arzneimittel:

  • Getränke mit Koffein am Nachmittag bzw. Abend, Alkohol am Abend
  • Medikamente: z. B. Antidepressiva mit antriebssteigender Wirkung ohne sedierende Komponente (Fluoxetin, Venlafaxin), abendliche Einnahme von Diuretika, Theophyllin, Betablocker, Hypnotika (Rebound-Insomnie), Schilddrüsenhormone, Gyrasehemmer, Anticholinergika, Antihistaminika u. a.
  • übermäßiger Nikotinkonsum

3. spezielle Erkrankungen bzw. Lebenssituationen:

  • psychische Erkrankungen (Depressionen, Angststörungen, Sucht)
  • Erkrankungen, die von Schmerzen begleitet werden (rheumatische Beschwerden, Verspannungszustände)
  • COPD, Asthma ⇒ besonders zwischen 2 und 4 Uhr morgens
  • Blasenentleerungsstörungen, Nykturie
  • Angina pectoris, Hyperthyreose, Restless-Legs-Syndrom, Schlafapnoesyndrom, Narkolepsie, Tinnitus
  • Wechseljahre, Schwangerschaft

Laut S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen – Insomnie bei Erwachsenen“ soll die Diagnostik eine umfassende Anamnese inklusive einer Abklärung körperlicher und psychischer Erkrankungen umfassen.

Selbstmedikation

Im Verlauf des Taragespräches sollte relativ rasch klar sein, ob eine Selbstmedikation bzw. eine Änderung der Schlafhygiene möglich ist.
Liegen keine Faktoren vor, die eine ärztliche Diagnose und Therapie erforderlich machen, kann für die Patientin bzw. den Patienten neben den Empfehlungen zur Schlafhygiene das geeignete „Schlafmittel“ ausgewählt werden.

H1-Antihistaminika

Sedierende, schlafanstoßende und durchschlaffördernde Wirkung; Einnahmezeit begrenzen auf ca. 1 Woche; Wirkungseintritt nach ca. 30 Minuten ⇒ 30 bis 60 min vor dem Schlafengehen einnehmen.

  • Doxylamin
  • Diphenhydramin

Wichtiger Hinweis! Kombination mit Alkohol meiden und auf eingeschränkte Reaktionsfähigkeit und mögliche „Hangover-Effekte“ hinweisen, d. h. ausreichend Ruhezeit einplanen (ca. 8 Stunden)

Pflanzliche Sedativa

Phytopharmaka haben ein sinnvolles Einsatzgebiet bei leichten Schlafstörungen ohne Beeinträchtigung der Tagesbefindlichkeit, vor allem bei nervös bedingten Schlafstörungen. Wichtige Information für den Kunden: Eine sofortige Wirkung sollte nicht erwartet werden (Maximum nach ca. 1–2 Wochen regelmäßiger Einnahme).

Pflanzliche Sedativa fördern den Schlaf, sie „erzwingen“ ihn jedoch nicht und greifen nicht in das physiologische Schlaf- und Regenerationsgeschehen ein:

  • Baldrian, Hopfen, Passionsblume, Melisse, Johanniskraut, Lavendel, Kalifornischer Mohn, Ashwagandha
  • Xanthohumol (Polyphenol, gewonnen aus Hopfen) ⇒ beruhigend und entspannend
  • Arznei-Lavendelöl, Lavendelblüten-Extrakt
  • Safranblüten-Extrakt
  • Johanniskraut
  • Cannabidiol (CBD)

Melatonin

Melatonin spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung der zirkadianen Rhythmen und des Schlafes, es stärkt die nächtliche Schlafbereitschaft. Melatonin wird allerdings laut S3-Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ nicht generell zur Behandlung von Insomnien empfohlen.

Alternative Methoden

  • lauwarme Vollbäder mit Melissen- oder Lavendelöl
  • „Schlaftees“
  • Aromatherapie
  • Homöopathie
  • Schüßlersalze
  • u. a.

Beratungstipps

1. Regeln der Schlafhygiene befolgen

  • nur bei Müdigkeit schlafen und die biologische Uhr befolgen; täglich zur gleichen Zeit zu Bett gehen
  • Schlaf nicht erzwingen (z. B. wenn innerhalb von 20 Minuten kein Schlaf: Aufstehen und etwas Beruhigendes tun)
  • nachts nicht auf die Uhr schauen
  • tagsüber möglichst nicht schlafen (gilt vor allem für ältere Menschen)
  • mäßiges Essen und Trinken am Abend, mäßiger Alkoholgenuss
  • Vermeidung von Kaffee in den letzten 4 bis 6 Stunden vor dem Schlafengehen
  • Rituale einführen, d. h. Vorbereitung von Körper und Geist auf die Nachtruhe
  • das Bett nur zum Schlafen benutzen
  • Schlafraum geräuscharm und komfortabel gestalten, nicht überheizen (optimal 18 °C), ausreichend lüften
  • den Abend ruhig ausklingen lassen ⇒ keine spannenden Filme, Bücher, Streitgespräche, keine körperlichen Anstrengungen vor dem Schlafengehen
  • Wecker so hinstellen, dass die Zeit nicht gesehen wird
  • regelmäßiger Sport bzw. Bewegung an der „frischen“ Luft

2. kognitiv verhaltenstherapeutische Strategien

  • Schlaftagebuch führen (Tagesablauf, Medikamente, Genussmittel, körperliche Aktivität u. a.) ⇒ deckt negative Angewohnheiten auf und hilft, die richtigen Gegenmaßnahmen zu treffen
  • Entspannungstechniken erlernen (Yoga, autogenes Training)
  • „Gedankenstopp“: beim Auftreten lästiger Grübeleien laut „Stopp“ sagen, Gedanken „wegsperren“ und Aufmerksamkeit auf angenehme Vorstellungen lenken
  • Umstrukturierung des dysfunktionalen Schlafdialogs: z. B. „Ich werde die ganze Nacht wieder kein Auge zutun“ meiden – positiv formulieren: „8 Stunden Schlaf sind nicht unbedingt notwendig“

Arztbesuch empfehlen:

  • Schlafdauer < 6 Stunden oder Störungen über 3 bis 4 Wochen hinaus
  • Der Alltag und das Wohlbefinden sind stark beeinträchtigt (verminderte Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, Tagesmüdigkeit).
  • Verdacht auf Erkrankung, die häufig zu Schlafstörungen führt (z. B. Schlafapnoe)
  • Verdacht auf arzneimittelinduzierte Schlafstörung
  • Kinder und Jugendliche
  • Schwangerschaft/Stillzeit

 

Epilog

Zur Therapie von Nacken- und Schulterschmerzen werden neben medikamentösen und physiotherapeutischen Maßnahmen häufig auch physikalische Verfahren wie Wärmeanwendungen eingesetzt.

Seelische Belastungen und Stress sind eine häufige Ursache für schlaflose Nächte. Stress verursacht Schlafprobleme und Schlaflosigkeit verursacht Stress – es entsteht ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist.

Schlaflos durch Stress

Die Auslöser für Stress können individuell sehr verschieden und vielfältig sein. Ein und dieselbe Belastung kann von verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich empfunden werden: Die allgemeine Belastbarkeit ist bei jedem ganz individuell ausgeprägt. Menschen mit einem grundsätzlich hohen Anspannungsniveau sind aus diesem Grund auch anfälliger für überschießende Stressreaktionen. Wenn sich die Stressreaktion einmal etabliert hat, kommen die Betroffenen auch in Zeiten ohne akute Belastung nicht mehr zur Ruhe.

Stress verursacht aber nicht nur Schlaflosigkeit, auch die Schlafqualität nimmt ab. Während bei Männern vor allem Stress im Job zu Schlaflosigkeit führt, sind es bei Frauen vorwiegend familiäre Probleme. Wenn die unbewältigten Probleme „mit ins Bett“ genommen werden, beginnt der Kopf mit der Aufarbeitung. Die Gedanken kreisen um das ungelöste Problem, und Körper und Geist kommen nicht zur Ruhe. Bei Schlaflosigkeit durch Stress müssen die Stressauslöser gefunden und im Idealfall beseitigt werden.

Veränderter Schlafrhythmus

Bei vielen Menschen hat sich beispielsweise durch das Homeoffice in den ­letzten zwei Jahren der Schlafrhythmus verändert: Es hat sich gezeigt, dass ­Menschen, die früher zwischen 22 und 23 Uhr schlafen gegangen sind, immer später zu Bett gegangen sind und damit ihren Schlafrhythmus verändert haben. Das hat die „innere“ Uhr ganz wesentlich durcheinandergebracht.

Rechtzeitig zur „Ruhe kommen“

Bei Schlafstörungen hat es sich bewährt, die letzten 60 min vor dem Zubettgehen einfach alles etwas „zurückzudrehen“: keine aufregenden Nachrichten und ­Filme, keine sportlichen Betätigungen und keine aufregenden Diskussionen. Es wäre wichtig, herauszufinden, was dem/der Betroffenen guttut, um den Abend ruhig ausklingen zu lassen.