Das trockene Auge entwickelt sich mit einer Prävalenz von 15–17 % zu einer richtigen Volkskrankheit. Frauen und Senior:innen sind besonders häufig betroffen. Das Sicca-Syndrom ist keine Bagatellerkrankung. Häufig werden die Beschwerden von den Betroffenen als nicht behandlungsbedürftig angesehen, und es erfolgt keine oder nur eine unzureichende Therapie.
Die Tear Film & Ocular Surface Society (TFOS) hat 2016 aufgrund vieler neuer Studien die Definition des trockenen Auges aktualisiert: „Das trockene Auge ist eine multifaktorielle Erkrankung der Augenoberfläche, die charakterisiert ist durch ein gestörtes Gleichgewicht des Tränenfilms. Es ist begleitet von Augensymptomen, bei denen die Instabilität und Hyperosmolarität des Tränenfilms, eine Entzündung und Schädigung der Augenoberfläche sowie neurosensorische Besonderheiten eine ätiologische Rolle spielen.“
Auf den ersten Blick – Wirksames für die Selbstmedikation
Nur wenn Ursachen für „Trockenes Auge“ bekannt!
Weitere Optionen
Der Tränenfilm gewährleistet die Benetzung des Auges, wird von verschiedenen Drüsen produziert (in den Augenlidern, an den Lidrändern, in der Augenhöhle und der Bindehaut) und ist für beschwerdefreies Sehen unerlässlich.
Bei ⅔ der Betroffenen ist eine Störung der Lipidschicht des Tränenfilms die Hauptursache für die Beschwerden ⇒ der Tränenfilm reißt auch bei ausreichender Flüssigkeitssekretion auf, und mehr Tränenflüssigkeit verdunstet. Häufig läuft die Tränenflüssigkeit über den Lidrand ab, d. h., auch tränende Augen können ein Zeichen für trockene Augen sein!
Wichtig! Wenn die Beschwerden das erste Mal auftreten ⇒ augenärztliche Abklärung empfehlen.
Häufig ist der Grund für das trockene Auge eine eingeschränkte oder fehlende Funktion der Meibomdrüsen: Diese sitzen am inneren Rand des Augenlids und sondern eine ölige Flüssigkeit ab, die sich mit dem Tränenfilm vermischt und verhindert, dass dieser zu schnell verdunstet. Im Gegensatz zur Lidrandentzündung (Blepharitis) ist die Meibomdrüsen-Dysfunktion eine nichtentzündliche Erkrankung.
Zu beachten! Die Produktion der Tränenflüssigkeit wird auf sehr komplizierte Weise neurovegetativ gesteuert; auch bei der/beim Gesunden unterliegt diese erheblichen Tagesschwankungen in der Menge und Zusammensetzung; vor allem am Abend kann die Tränenproduktion vermindert sein; wichtig für Kontaktlinsenträger:innen ⇒ abends so bald wie möglich die Linsen rausnehmen und auf die Brille umsteigen.
Die Empfehlung zur Selbstmedikation ist vertretbar, wenn die Ursachen für das Symptom „trockenes Auge“ bekannt sind.
Wichtig! Auch wenn die Betroffenen nur gelegentlich unter trockenen Augen leiden, sollte augenärztlicher Rat eingeholt werden, schon allein, um sicherzugehen, dass keine Grunderkrankung hinter den Beschwerden steckt ⇒ Untersuchung der Menge und Zusammensetzung des Tränenfilms. Wird das trockene Auge nicht oder nicht ausreichend behandelt, kann es zu dauerhaften Schädigungen der Hornhaut kommen, die unter Umständen sogar die Sehkraft beeinträchtigen.
Mit Hilfe von Tropfen, Gelen, Salben oder Sprays wird entweder die unzureichende Tränenflüssigkeit ersetzt („künstliche Tränen“) und/oder die Konsistenz des Tränenfilms verbessert. Die Zubereitungen werden bei Bedarf mehrmals täglich in den Bindehautsack appliziert. Das Ziel der Therapie ist eine bessere Benetzung der Augenoberfläche und dadurch eine Linderung der Symptome.
Wichtiger Beratungstipp: Oft müssen verschiedene Präparate ausprobiert werden, um das ideale Produkt zu finden. Deshalb sind vor allem am Beginn der Therapie regelmäßige augenärztliche Kontrolluntersuchungen wichtig.
Quellstoffe ⇒ sollen die Verweildauer am Auge und damit die Wirkung der wässrigen Phase erhöhen, z. B.
Die meisten Präparate sind konserviert; frei von Konservierungsstoffen sind Einzeldosen-Behältnisse (Ophtiolen).
Phospholipide (Phosphatidylcholin) in liposomaler Form sollen die innere, polare Phase der Lipidschicht stabilisieren ⇒ vor allem bei einer Dysfunktion der Meibomdrüsen zu empfehlen.
Das „Trockene Auge“ ist ein häufiges Beratungsthema in der Apotheke. Tränenersatzmittel sollen die körpereigene natürliche Tränenflüssigkeit in der wässrigen Schicht des Tränenfilms ersetzen. Es handelt sich dabei meist um eine wässrige Phase in Kombination mit einem Quellstoff.
Der Tränenfilm hat viele für das Auge lebensnotwendige Funktionen. Er versorgt die Hornhaut mit Sauerstoff und Nährstoffen, ist gleichzeitig auch „Schmiermittel“, enthält bakteriostatische Stoffe, schwemmt Fremdstoffe aus dem Auge und sorgt für klares Sehen. Normalerweise werden pro Tag 1,5 bis 2 ml Tränenflüssigkeit produziert, aber durch eine Reizung der Augen (Weinen, Fremdkörper, Zwiebelschneiden etc.) kann sich die Produktion um ein Vielfaches erhöhen.
Wird mit wässrigen Tränenersatzmitteln kein Erfolg erzielt bzw. bei Vorliegen einer Dysfunktion der Meibomdrüsen, sind lipidhaltige Tränenersatzmittel in Form von Lidsprays (Phospholipide in Liposomen verpackt) eine gute Alternative. Die lipidhaltige Lösung wird auf das geschlossene Auge gesprüht. Die Phospholipide gelangen über die Ränder der Augenlider in die äußere Lipidschicht des Auges.
Da bei vielen Betroffenen mit Sicca-Syndrom nicht selten Mischformen der Erkrankung vorliegen, kann eine Kombinationstherapie aus wässrigen und fetthaltigen Präparaten empfohlen werden. Osmoprotektiva enthalten wasserbindende Substanzen, wie z. B. das Disaccharid Trehalose, das die Horn- und Bindehaut vor Schädigungen durch eine Art Schutzfilm auf der Zelloberfläche schützt.
Bei einem Lipidmangel des Tränenfilms sollten auch die Lidränder behandelt werden, z. B. durch Auflegen von feucht-warmen Kompressen (5–10 Minuten) und/oder mit speziellen Produkten zur Reinigung der Lidränder.
Mehr als die Hälfe aller Kontaktlinsenträger:innen sind vom Sicca-Syndrom betroffen, allein schon durch das „normale“ Tragen der Linsen. Bei weichen Linsen dürfen nur Tränenersatzmittel ohne Konservierungsstoffe verwendet werden, da sich diese in den Kontaktlinsen anreichern und zu Schäden am Auge führen können. Es verträgt sich auch nicht jede Tränenersatzflüssigkeit mit allen Kontaktlinsen. Aus diesem Grund sollte immer auf die Angaben des Herstellers geachtet werden.