Beratungsleitfaden: Sportverletzungen

Jede Sportart hat ein eigenes Risikoprofil mit unterschiedlichen Verletzungsschwerpunkten. Häufige Unfallsportarten sind Fußball, Radfahren, Mountainbiken, Schifahren, Snowboarden, Basketball, Volleyball, Handball und Joggen. Männer verletzten sich statistisch häufiger als Frauen, wofür vor allem die Sportarten Fußball (hohe Zahl der Ausübenden) und Mountainbiken verantwortlich sind. Nur beim Reiten ist die Zahl der verletzten Frauen höher als bei Männern. Besonders häufig sind Verletzungen an Sprunggelenken, Hand und Kopf.
Die wachsende Zahl von Freizeitsportler:innen, der Trend zu Modesportarten mit erhöhtem Verletzungsrisiko, eine vermehrte Risikobereitschaft und eine ungenügende Vorbereitung sind die häufigsten Ursachen für die steigende Tendenz von Sportverletzungen.

Auf den ersten Blick / Wirksames für die Selbstmedikation

Versorgung akuter Wunden:

  • Erste Hilfe: physiologische Kochsalzlösung, Octenisept®, Polyvidon-Jod, sterile Kompressen, Pflaster, Fixieren
  • Blasen und Scheuerstellen: Verbandszeug, Blasen­pflaster etc.

Versorgung stumpfer Traumen:

  • Gele, Salben, Sprays, flüssige Einreibungen mit ­schmerzstillenden, entzündungshemmenden, kühlenden oder abschwellenden Wirkstoffen, z. B. Ibuprofen, Diclofenac oder Salicylate
  • Hämatome und Ödeme: Cremes und Gele mit Heparin oder Aescin
  • weitere Wirkstoffe: Beinwell-Wurzel, kieselsaure Tonerde
  • ätherische Öle: Lavendelöl, Rosmarinöl, Menthol, ­Kampfer, Latschenkiefernöl
  • Enzymtherapie, z. B. Bromelain, Papain, Trypsin, Rutosid
  • bei Schmerzen: Einnahme von NSAR

Cave: topische Anwendung von Nikotinsäurederivaten, ätherischen Ölen, Capsaicin erst einige Tage nach der Sportverletzung


Fragen, die vor einer Selbstmedikation geklärt werden sollten:

  • Welche Verletzung liegt vor? Wie ist die Verletzung ­entstanden? Welcher Körperteil ist betroffen?
  • Wichtig! Wie lange liegt die Verletzung zurück? Wurde schon „erstversorgt“, und wie hat diese Erstversorgung ausgesehen?
  • Art der Schmerzen ⇒ Ruhe-, Druck-, Dehnungs-, ­Bewegungsschmerz?
  • Wurde die Verletzung von Ärzt:innen begutachtet?

Wichtig! Unterscheidung zwischen akuten (meist Unfälle) und chronischen Sportverletzungen (Über- bzw. Fehlbelastungen)

Allgemein lassen sich Sportverletzungen in vier Kategorien unterteilen:

  • Überbelastungsschäden ⇒ die häufigste Ursache von Sportverletzungen, z. B. Muskeln, Sehnen, Knorpeln, Faszien und Knochen können davon betroffen sein.
  • stumpfes Trauma (z. B. Prellungen, Quetschungen, Blutergüsse, Gehirnerschütterung)
  • Frakturen und Dislokationen
  • Verstauchungen, Bänderverletzungen, Überdehnungen und Muskelverletzungen

Die Gefahr von Verletzungen hängt von individuellen und äußeren Faktoren ab:

  • individuelle Risikofaktoren, z. B. Muskelschwäche, Inflexibilität, frühere Verletzungen u. a.
  • äußere Faktoren, z. B. falsches Training, Überlastung, fehlende Erholungszeiten u. a.

Mögliche Symptome

  • Eine Verletzung verursacht immer Schmerzen, die leicht bis schwer sein können.
  • jede Kombination aus Schwellung, Weichteilödem, Erythem, Erwärmung, Punktschmerzhaftigkeit, Berührungsempfindlichkeit
  • Bluterguss
  • Verlust des normalen Bewegungsumfanges
  • Muskelverletzung ⇒ Muskelkater, Muskelkrampf, Muskelzerrung, Muskelfaserriss
  • verletzte Hautoberfläche, Schürf- oder Platzwunden, Blasen, Scheuerstellen

Mögliche Begleitsymptome

  • Anzeichen einer Entzündung
  • verzögerte Blutgerinnung
  • Ödeme, Hämatome
  • Allgemeinreaktionen, z. B. Fieber, Kopfschmerzen, ­Benommenheit

Beratungstipps

  • Trainingseinheiten dem individuellen Alter, Gesundheits- bzw. Fitnesszustand anpassen.
  • gezielte Aufwärmübungen vor dem Sport
  • geeignete Ausrüstung
  • Vermeidung von Überlastung

Unverzüglich eine:n Ärzt:in aufsuchen:

  • Verdacht auf Fraktur, innere Verletzungen, Wirbelsäulenbeteiligung
  • Verletzungen im Kopfbereich
  • Entzündungen, Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme, starke Ödeme
  • sensorische oder motorische Ausfälle
  • größere offene Wunden, z. B. Platzwunden, Bisswunden

SELBSTmedikation

Es kann nicht oft genug wiederholt werden, wie wichtig es ist, zu fragen, wie lange die Verletzung zurückliegt und wie „erstversorgt“ wurde.

Für die erste Selbsthilfe bei Sportverletzungen gilt die altbekannte PECH-Regel ⇒ Pause – Eis – Compression – Hochlagern.

  • Ruhigstellen und evtl. immobilisieren, um weitere Verletzungen zu verhindern.
  • Kühlung ⇒ führt zur Vasokonstriktion und verringert die Weichteilschwellung, Entzündung und Schmerzen; Eis und Kühlpackungen nie direkt aus dem Tiefkühlfach auf die betroffene Hautstelle legen (besser ist die Kühlung im Kühlschrank); die Stelle immer zuerst mit einem Tuch abdecken oder mit ein paar Lagen einer Kompressionsbinde umwickeln bzw. die mitgelieferte Schutzhülle verwenden; erst dann die Kühlpackung auflegen und mit einer Kompressions- oder Elastikbinde fixieren; sinnvoll sind zwei Kompressen, die abwechselnd verwendet werden; nicht länger als 20 Minuten auf die betroffene Stelle legen.
  • Elastische Kompressionsverbände ⇒ zur Stabilisierung und zur Verhinderung von Nachblutungen und Schwellungen; reduzieren Ödeme und Schmerzen; Bandage nicht zu fest wickeln.
  • Muskelkater ⇒ heiße Bäder und Salben mit durchblutungsfördernden Zusätzen beschleunigen den Regenerationsprozess.

Wundversorgung

  • Grundprinzip der Wundreinigung ⇒ Säubern (z. B. mit ­Trinkwasser oder physiologischer Kochsalzlösung), Desinfizieren (z. B. mit Octenisept®, Polyvidon-Jod), Abdecken (sterile Kompressen, Pflaster), Fixieren.
  • Oberflächliche Wunden ⇒ die feuchte Wundheilung unterstützt die natürliche Heilung und vermindert die Wahrscheinlichkeit einer Narbenbildung.
  • Im Zweifelsfall nur Erstversorgung vornehmen, z. B. sterile Abdeckung; anschließend eine:n Ärzt:in konsultieren bzw. ins Krankenhaus fahren.
  • bei so genannten Bagatellverletzungen wie Blasen und Scheuerstellen ⇒ Selbsthilfe mit Verbandszeug, Blasenpflaster etc. (sollte in keiner Sporttasche fehlen)
  • Schürfwunden ⇒ desinfizieren und mit Pflaster oder Mullbinde abdecken.

Wichtig! Impfschutz auf Tetanus überprüfen; keine durchblutungsfördernden Maßnahmen (Wärme, Alkohol oder Massagen etc.) bei der Erstversorgung

Stumpfe Verletzungen

Stumpfe Verletzungen entstehen durch äußere Gewalt und haben keine offenen Wunden zur Folge.
Zu beachten! Für die Behandlung von stumpfen Verletzungen gedachte Topika nicht auf geschädigte Haut oder offene Wunden auftragen.

  • Gele, Salben, Sprays und flüssige Einreibungen mit verschiedenen schmerzstillenden, entzündungshemmenden, kühlenden und abschwellenden Wirkstoffen, wie z. B. Ibuprofen, Diclofenac, Salicylate
  • Cremes und Gele mit Heparin oder Aescin beschleunigen die Resorption von Hämatomen und die Rückbildung von Ödemen.
  • Präparate mit Beinwell-Wurzel, kieselsaurer Tonerde
  • ätherische Öle ⇒ Lavendelöl, Rosmarinöl, Menthol, Kampfer, Latschenkiefernöl
  • Salben und Cremes mit hyperämisierenden Inhaltsstoffen erst einige Tage nach der Sportverletzung anwenden ⇒ Ausschluss von akuten Gewebereaktionen (Nikotinsäurederivate, ätherische Öle, Capsaicin).
  • Enzymtherapie ⇒ zur Unterstützung der Therapie und der Selbstheilungskräfte werden proteolytische Enzyme zugeführt, wie z. B. Bromelain, Papain, Trypsin, Rutosid.
  • Lokale Therapie nicht ausreichend wirksam ⇒ Einnahme von NSAR empfehlen.

Epilog

Eine vernünftige Erste-Hilfe-Ausrüstung sollte auch beim Sport immer dabei sein.

Oberflächige Wunden, Blasen, Prellungen, Zerrungen und Blutergüsse sowie leichte Verstauchungen, Quetschungen mit intakter Hautoberfläche oder Muskelkrämpfe können in der Selbstmedikation gut therapiert werden.
Blasen entstehen meist durch Druck oder Scheuern (nichteingelaufene Schuhe, nasse Socken, Falten oder Nähte). Wegen der Gefahr von Infektionen sollten Blasen auf keinen Fall „aufgestochen“ werden.

Sportapotheke

Eine vernünftige Erste-Hilfe-Ausrüstung sollte in keiner Sporttasche fehlen. Diese kann je nach Sportart und Bedürfnissen dem/der Kund:in individuell angeboten werden. Am besten immer gleich bereit zur Mitnahme in einem Täschchen oder einer kleinen Box, z. B.:

  • Verbandmaterialien, wie z. B. Pflaster, Wundschnellverbände (Strips), Sprühpflaster, sterile Kompressen, Tapeverband, elastische Binden, Mullbinden und Leukoplast
  • Desinfektionsmittel, bevorzugt als Spray
  • isotonische Kochsalzlösung
  • Pinzette zum Entfernen von Fremdkörpern, Schere
  • blutstillender Spray
  • Vereisungsspray ⇒ sofortige Schmerzlinderung bei unblutigen Verletzungen• Sportsalben, -gele, -sprays
  • Wund- und Heilsalbe
  • Blasenpflaster

Grenzen der Selbstmedikation beachten

Eine sofortige ärztliche Versorgung ist bei Verdacht auf Muskel- oder Muskelfaserrisse notwendig, ebenso bei Verrenkungen oder bei Verdacht auf Knochenbrüche, Bänderverletzungen oder Wirbelsäulenbeteiligung. Alle Verletzungen im Kopfbereich, Augen- und Ohrenverletzungen sollten prinzipiell immer ernst genommen werden. Platzwunden von mehr als einem Zentimeter Größe erfordern sofortige ärztliche Behandlung. „Umknickverletzungen“ des Fußgelenkes, die mit Schmerzen am und unterhalb des Außenknöchels sowie einer Anschwellung des Gelenkes mit Blutergussbildung verbunden sind, sollten immer von Ärzt:innen kontrolliert werden, um Knochenbrüche ausschließen zu können.

Sport in der Sonne

Vor allem bei Sport in der Sonne, auf den Bergen oder am Meer ­sollte immer ein wasserfester Sonnenschutz mit einem hohen Lichtschutzfaktor verwendet werden. Auch ein ausreichender Kopfschutz und eine Sonnenbrille schützen vor UV-Licht. Da der Körper bei intensiver Belastung bis zu zwei Liter Flüssigkeit pro Stunde verliert, sollte unbedingt auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.

Beratungstipp

Eine vernünftige Erste-Hilfe-Ausrüstung sollte auch beim Sport immer dabei sein.