Breites Wirkspektrum, hohes Potenzial

Gastrointestinale Beschwerden wie Völlegefühl, Blähungen, Übelkeit, Bauchschmerzen, leichte Magen-Darm-Krämpfe und Sodbrennen treten oft akut und situativ auf. Sie können Ausdruck einer kurzfristigen ernährungsbedingten Dyspepsie sein, aber auch einer funktionellen Magen-Darm-Erkrankung. Auslöser wie zu hastige, unausgewogene oder zu schwere Mahlzeiten in Kombination mit Bewegungsmangel und Stress führen zu Motilitätsstörungen der Magen-Darm-Muskulatur, verzögerter Magen-Darm-Passage und damit zu den beeinträchtigenden Symptomen. Zur Linderung werden Phytopharmaka seit jeher volksmedizinisch eingesetzt. Sie bieten den Vorteil, dass sich ihre Wirkungen bei guter Verträglichkeit synergistisch verstärken. Mittlerweile lassen sich viele Einzel- und Multi-Target-Wirkungen auch evidenzbasiert belegen.

Kümmel

So wird etwa der Kümmel (Carvi fructus) schon seit Jahrhunderten in der Volksmedizin verwendet. Aufgrund seiner verdauungsfördernden und karminativen Eigenschaften wird er gegen Blähungen eingesetzt. Kümmelöl und Kümmelextrakte zeigen außerdem dosisabhängig spasmolytische Effekte. Darüber hinaus wurden antibakterielle sowie cholesterol- und triglyzeridsenkende Effekte beobachtet. Die Hauptkomponente des ätherischen Kümmelöls, (S)-(+)-Carvon, ist für den typischen Geruch verantwortlich. Kümmel enthält aber auch fettes Öl mit einem hohen Anteil an Flavonoiden wie Kämpferol- und Quercetinglykoside, Phenolcarbonsäuren und Furanokumarine. In den Extrakten befinden sich außerdem hydroxylierte Monoterpene bzw. -glykoside, der Zuckeralkohol L-Fucitol und aromatische Verbindungen. Kümmelfrüchte und Kümmelöl werden zur symptomatischen Behandlung von leichten, krampfartigen, dyspeptischen Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Blähungen und Flatulenzen eingesetzt.

Pfefferminze

In der Anwendung bei Verdauungsbeschwerden als Stomachikum und Karminativum ist auch die Pfefferminze eine klassische Arzneipflanze. Ihre Blätter (Menthae piperitae folium) enthalten ätherisches Pfefferminzöl mit bis zu 45% Menthol, weitere Mono- und Sesquiterpene, Phenolcarbonsäuren (Rosmarinsäure, Kaffeesäure) und Flavonoide (v.a. Eriocitrin). Auszüge hemmen intestinale Kontraktionen, regen die Gallensekretion an, hemmen dosisabhängig die Magensaftsekretion, lindern Magenulzera und wirken zytoprotektiv, analgetisch und antiphlogistisch. Menthol und Menthofuran zeigen außerdem neuroaktive Effekte. Pfefferminzöl wird daher bei schmerzhaften Magen-Darm-Krämpfen, Beschwerden der Gallenwege und Flatulenzen – auch bei Reizdarmsyndrom – eingesetzt. Pfefferminzblätter kommen allgemein bei Verdauungsbeschwerden wie Dyspepsie, Flatulenzen und Gastritis zum Einsatz.

Angelikawurzel

Die Wurzel der Engelwurz (Angelicae radix) wird als Droge, Tinktur und in Form ihres ätherischen Öls bei leichten dyspeptischen Beschwerden wie leichten Magen-Darm-Krämpfen, verzögerter Verdauung, Blähungen und Völlegefühl eingesetzt. Neben dem ätherischen Öl mit Mono- und Sesquiterpenen sowie makrozyklischen Lactonen, die einen moschusartigen Geruch verursachen, beinhaltet sie Furokumarine, prenylierte Kumarine, Phenolcarbonsäuren, Fettsäuren, Gerbstoffe und Saccharose. Die signifikant spasmolytischen Effekte kommen vermutlich durch die Blockade spannungsabhängiger Ca2+-Pumpen zustande, wodurch die Ca2+-Konzentration in der Muskulatur und damit ihre Kontraktionsfähigkeit sinkt. Außerdem haben Zubereitungen der Engelwurz säureregulierende, antibakterielle und antiphlogistische Eigenschaften.

Feigenkaktus

Der Feigenkaktus (Opuntia ficus-indica) stammt ursprünglich aus Mexiko, wo er schon in präkolumbianischer Zeit kultiviert wurde. Vor allem seine Früchte und jungen Triebe, aber auch Blüten und Kerne werden zum Verzehr und volksmedizinisch genutzt. Sie enthalten Mineralstoffe (Ca, Mg, Ka, Si, Na, in geringen Mengen auch Fe, Al, Mn), Phytosterine (b-Sitosterin), Flavonoide, Vitamin C, Oxalsäure und Pektin. Außerdem finden sich Betalaine, die für die gelbliche bis rötliche Färbung der Kaktusfeigen sorgen, und Ballaststoffe in Form komplexer Polysaccharide in den Sprossgliedern (Kladodien). Die wasserlöslichen, gelbildenden Anteile (Schleimstoffe) zeigen eine protektive, antiphlogistische Wirkung an Schleimhäuten, Betalaine wirken antioxidativ und daher ebenfalls antiinflammatorisch. Für beide Inhaltsstoffe konnte eine raschere Abheilung von Schleimhautläsionen im Gastrointestinaltrakt gezeigt werden. Feigenkaktusextrakte bieten daher eine probate Behandlungsoption bei säurebedingten gastrointestinalen Beschwerden und saurem Reflux. Darüber hinaus können die unverdaulichen Ballaststofffasern Nahrungsfette binden und den Cholesterinspiegel positiv beeinflussen.

Bittere Schleifenblume

Namensgebend für die bittere Schleifenblume (Iberis amara recens) sind die in allen Pflanzenteilen enthaltenen Bitterstoffe (Cucurbitacine, tetrazyklischeTriterpenglyko-side), die auch der Grund für die volksmedizinische Verwendung zur Anregung der Magensaftsekretion und bei Ver-dauungsbeschwerden sind. Weitere Inhaltstoffe sind u.a. Senfölglykoside und Amine, in den Samen finden sich fettes Öl und Flavonolglykoside. Das pharmakologische Wirkprofil ist breit und beruht auf Tonisierung der glatten Magen- und Dünndarmmuskulatur, Hemmung der Magensäure sowie der antibakteriellen, antioxidativen und antiinflammatorischen Wirkung.

Mariendistelfrüchte

Das in den Mariendistelfrüchte (Silybi mariani fructus) enthaltene Silymarin ist ein Gemisch aus zahlreichen Diastereomerenpaaren (Silibin A und B, Isosilibin A und B u.a.), weiters finden sich Flavonoide, das Neolignan Dehydrodiconiferylalkohol, fettes Öl, pentazyklische Triterpene, Sterole, Schleimstoffe und Tocopherol. Die pharmakologisch am stärksten aktive Substanz ist Silibin. Die von ESCOP, BfArM und Kommission E angeführten Anwendungsgebiete (toxische Leberschäden, chronisch entzündliche Lebererkrankungen, Leberzirrhose, dyspeptische Beschwerden) beruhen v.a. auf den antihepatotoxischen und hepatoprotektiven Eigenschaften des Wirkstoffkomplexes Silymarin.

Süßholzwurzel

Die pharmakologisch wirksamen Bestandteile der Süßholzwurzel (Liquiritiae radix) sind v.a. Glycyrrhizin und Flavonoide (u.a. Isoliquiritigenin), des Weiteren Triterpensaponine, Glykoside und Kumarine. Im Zusammenhang mit gastrointestinalen Beschwerden sind vor allem die ausgeprägte antivirale, antimikrobielle, antiulzerogene und hepatoprotektive Wirkung interessant. Laut HMPC, ESCOP und Kommission E können Zubereitungen und Extrakte bei dyspeptischen Beschwerden, unterstützend bei Ulzera des Magens und Duodenums sowie bei Gastritis eingesetzt werden.

Artischocke

Die Blätter der Artischocke (Cynarae folium) kommen traditionell vor allem bei Gallenbeschwerden zum Einsatz. Mehrfach pharmakologisch untersucht, konnten antioxidative und zytoprotektive Effekte nachgewiesen werden. Von besonderem Interesse war, dass die Cholesterinbiosynthese durch Cynaroside und Luteolin in standardisierten Extrakten dosisabhängig gehemmt werden konnte. Durch die Ausweitung der Gallekanälchen aufgrund verstärkter Gallensekretion und die Hemmung einer durch Natriumtaurolithocholat provozierten Cholestase konnte auch der choleretische Effekt gezeigt werden. Artischockenblätter-Extrakte senken außerdem postprandial den Blutzucker- und a-Amylase-Spiegel. Die Droge und ihre Extrakte enthalten neben den bereits genannten und weiteren Flavonoiden Caffeoylchinasäurederivate, Sesquiterpenlactone-Bitterstoffe vom Guajanolidtyp sowie die Canarinine A und B. Sie sind sowohl Bestandteil von Nahrungsergänzungs- als auch Arzneimitteln und werden bei dyspeptischen Beschwerden, im Besonderen zur Unterstützung der Gallenfuntion, empfohlen.