Die Angst geht vermehrt um, seit die Coronakrise ausgebrochen ist. Und das Thema ist in unseren Breiten aktueller denn je: Laut einer im Dezember 2020 veröffentlichten Studie der deutschen Betriebskrankenkasse Pronova gaben 82 % der befragten Psychiater an, bei ihren Klienten Angststörungen öfter als vor der Pandemie zu diagnostizieren. Die Pandemie stelle den Alltag auf den Kopf und beraube die Menschen ihrer sicheren Strukturen, heißt es dazu. Angst vor dem Virus selbst, Angst um den Job, Angst um die Existenz oder vor der Isolation sind die Hauptaspekte.1 Vergleicht man dies mit ersten Befragungen aus dem Frühjahr, zeigt sich wenig Veränderung: Bereits damals wurden Angst, Einsamkeit und Beengtheit als Top-Themen infolge der Maßnahmen zur Eindämmung von SARS-CoV-2 genannt, wie eine Umfrage der Donau-Universität Krems und des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie ergab.2 An der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz wurde damals im Rahmen einer Online-Befragung ermittelt, dass Menschen, die allgemein ängstlicher oder besorgter um ihre Gesundheit sind, in Pandemiezeiten im Schnitt stärkeren Ängsten ausgesetzt sind. Die Dauer der Kontaktbeschränkungsmaßnahmen zeigte interessanterweise keinen nennenswerten Einfluss auf die empfundene Belastung.3
Die Angst vor dem Virus beziehungsweise vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 wurde im Asian Journal of Psychiatry wissenschaftlich beschrieben. Die Autoren prägten dabei den Begriff der „Coronaphobie“ als neu auftretende spezifische Phobie.4
Konkret wird die Coronaphobie definiert als Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2, die begleitet ist von exzessiver Sorge vor physiologischen Symptomen, signifikantem Stress bezüglicher möglicher persönlicher Verluste, erhöhtem Bedürfnis nach Sicherheit und jedem Verhalten, mit dem man diese gewinnen will. Die Betroffenen vermeiden öffentliche Plätze und Situationen. Als Trigger fungieren alle Situationen, bei denen eine Infektion stattfinden könnte, also vor allem die Begegnung mit anderen Menschen und das Verlassen des Hauses für private oder berufliche Zwecke. Ebenfalls als Trigger in Frage kommt der Konsum von neuen Nachrichten und Updates zur Coronasituation.4
Die Definition beinhaltet drei wesentliche Komponenten:4
Als Risikofaktoren für die Coronaphobie wurden definiert:4
Die Weltgesundheitsorganisation WHO sowie die UNO warnen bezüglich Angstmache vor dem Phänomen der Infodemie, einer wahren Flut an falschen und verschwörerischen Erzählungen. Diese Pandemie sei die erste in der Geschichte, in der Technologie und soziale Medien dazu genutzt würden, um die globale Reaktion auf die Krise zu untergraben und Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zu gefährden, heißt es von Seiten der Vereinten Nationen.5
Bereits vor einigen Jahren wurde zudem das Phänomen der „Cyberchondrie“ beschrieben. Studien zu den Einflüssen von medizinischen Internetangeboten auf die Angst vor Krankheit haben eine Bestärkung von hypochondrischen Personen ergeben. Ein beträchtlicher Teil der im Netz Suchenden profitiert zwar von der Möglichkeit zur Information, bei vielen Menschen kommt es aber zu einer Intensivierung von gesundheitlichen Sorgen. Die „Cyberchondrie“ definiert sich als unbegründete Angst vor Krankheit oder erhöhte Aufmerksamkeit dafür, die auf dem Konsum von Webinhalten fußt. Auch hat sich gezeigt, dass der Anteil der ängstlichen Personen unter den Nutzern von Gesundheitsinformationen aus dem Internet höher liegt als in der Allgemeinbevölkerung.6 Erste Daten zur aktuellen Pandemie zeigen eine Korrelation zwischen Cyberchondrie und einer Angst vor dem Virus.7
Literatur: