Das kolorektale Karzinom (CRC) ist weltweit die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache. In Österreich erkranken weiterhin über 4.200 Personen pro Jahr neu am kolorektalen Karzinom, ca. 40 % sterben daran. Erfreulicherweise ging die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate in den letzten 10 Jahren für beide Geschlechter um fast 20 % zurück. Die Mortalität nahm sogar um rund 30 % ab.
Da sich die meisten Fälle von Darmkrebs aus initial benignen Polypen in der Regel über mehrere Jahre hinweg über die sogenannte Adenom-Karzinom-Sequenz oder den serratierten Karzinogeneseweg (siehe Kasten) entwickeln, stellt das CRC eine sehr gut geeignete Entität für die Früherkennung und Prävention im Rahmen eines Vorsorgeprogrammes dar.
Trotz der Empfehlungen des nationalen Screening-Komitees ist das Darmkrebsscreening nach wie vor ein „opportunistisches“ Screening. Ein organisiertes Einladungssystem besteht nicht. Obwohl es in den letzten Jahren zu einer Zunahme der Akzeptanz der Koloskopie gekommen ist, ist die Koloskopie bei vielen Menschen nach wie vor mit Gefühlen wie Angst, Schmerzen, Unbehagen und Ekel vor der Darmvorbereitung verbunden.
Prinzipiell stehen mit dem immunologischen Stuhltest (Fecal-Immunochemical-Test; FIT) und der Koloskopie zwei ausgezeichnete Optionen zur Prävention bzw. Früherkennung von Darmkrebs zur Verfügung.
Der FIT ist der herkömmlichen Guajak-Methode zum Nachweis von okkultem Blut im Stuhl hinsichtlich Sensitivität und Spezifität deutlich überlegen. Darüber hinaus ist der immunologische Test hygienischer und vor allem quantitativ auswertbar. Die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern hat keinen relevanten Einfluss auf die Testresultate. Der FIT ist hinsichtlich der Akzeptanz gegenüber der Koloskopie überlegen, trotzdem sind die Teilnahmeraten mit 20–40 % noch nicht ideal. Bei einem positiven FIT ist jedenfalls eine zeitnahe endoskopische Abklärung innerhalb von 3–6 Wochen notwendig.
Obwohl die Koloskopie schon seit geraumer Zeit als Vorsorgeuntersuchung angeboten wird, gab es bisher wenige belastbare Daten über den Nutzen dieser Untersuchung in der Darmkrebsprävention. Erst vor wenigen Monaten wurden Ergebnisse einer dieser Studien, der NordICC-Studie, veröffentlicht. Die Nordic-European-Initiative-on-Colorectal-Cancer-(NordICC-)Studie von Bretthauer et al., die Ende des letzten Jahres im New England Journal of Medicine publiziert wurde, widmet sich als erste randomisierte Studie der Frage, wie effektiv die Koloskopie in der Vorsorge ist.
In der NordICC-Studie, die in Polen, Norwegen, Schweden und den Niederlanden durchgeführt wurde, konnten 84.585 Männer und Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren inkludiert werden. In der Gruppe, die eine Einladung zur Vorsorgekoloskopie erhalten hatte (42 % folgten der Einladung), führte diese zu einer statistisch signifikanten Risikoreduktion von 18 % für das Auftreten eines Dickdarmkarzinoms. Das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, konnte um 10 % reduziert werden. Bei jenen Teilnehmer:innen, die tatsächlich an der Vorsorgeuntersuchung teilgenommen hatten, sank das Risiko für Darmkrebs nach 10 Jahren um 31 %. Das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, war in dieser Untergruppe sogar nur halb so hoch.
Die Untersuchungsqualität, die untersucherabhängig große Unterschiede aufweisen kann, wird wahrscheinlich durch künstliche Intelligenz zunehmend ausgeglichen werden. Qualitätsgesicherte Vorsorgekoloskopie kann, wenn sie denn auch durchgeführt wird, sowohl die Inzidenz von Dickdarmkrebs als auch die Sterblichkeit erheblich reduzieren.
Motivieren wir also gemeinsam möglichst viele Patient:innen, an der Darmkrebsvorsorge teilzunehmen und so sowohl Leid für die Betroffenen als auch die Kosten für das Gesundheitswesen zu reduzieren.