Die ICCS (International Children’s Continence Society) unterscheidet zwischen den häufigen, intermittierenden, nicht organisch bedingten Formen und den seltenen, kontinuierlichen, überwiegend organisch (z. B. bei angeborenen anatomischen Fehlbildungen, nach Traumata, Tumoren oder neurogen) bedingten Formen (Tab.).
Die Begriffe Enuresis (Inkontinenz im Schlaf) und kindliche Inkontinenz werden erst ab dem vollendeten 5. Lebensjahr eingesetzt. Als führendes Symptom wird meist ein Einnässen tagsüber und/oder nachts angegeben, auch Pollakisurie und imperativer Harndrang werden beschrieben, ebenso liegen begleitend oft Stuhlbeschwerden wie auch psychische und andere komorbide Störungen vor.
Ein entscheidender Bestandteil der Diagnostik ist eine ausführliche Entwicklungs- und Familienanamnese sowie eine erste Leidensdruckeinschätzung und das Erkennen von Verhaltensauffälligkeiten. Wichtig ist auch das gezielte Nachfragen nach Symptomen wie imperativer Harndrang, Miktionsaufschub oder Haltemanövern. Daran schließt sich eine vollständige körperliche Untersuchung insbesondere des Abdomens, der Anal- und Genitalregion, der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten an. Komplettiert wird die Erstuntersuchung mit einer Basisultraschalluntersuchung (inklusive Beurteilung des Rektums und der Harnblasenwand) sowie einer Harnanalyse. Obligatorisch ist die Führung eines Miktions- und Trinkprotokolls über 48 Stunden, welches auch die Darmfunktion miterfasst.
Erst in weiterer Folge sollten, falls notwendig, andere Untersuchungen wie die Uroflowmetrie mit anschließender Restharnbestimmung folgen. Eine aufwendigere invasive Diagnostik (wie beispielsweise Urodynamik, MCU, MRT) ist vor allem bei Verdacht auf organische Ursachen indiziert und in der Primärabklärung nicht notwendig.
Inkontinenz führt oft zu einem massiven Leidensdruck der Betroffenen. Der erste Schritt vor Planung einer Therapie ist die kind- und elterngerechte Aufklärung, da der Therapieerfolg maßgeblich von der Motivation des Kindes und der Eltern abhängig ist. Sollten mehrere Ausscheidungsstörungen vorliegen, wird zuerst die Stuhlinkontinenz, Enkopresis oder Obstipation, anschließend die Harninkontinenz tagsüber und zuletzt die Enuresis behandelt. Grundlage aller Therapieformen ist die Urotherapie, die alle nichtinvasiven und nichtpharmakologischen Verfahren umfasst wie das richtige Miktionsverhalten, Anleitung zur Optimierung von Trink- und Essgewohnheiten sowie spezielles Verhaltens- und Beckenbodentraining.
Die medikamentöse Therapie sollte erst bei Versagen der konservativen Verfahren zum Einsatz kommen. Beim Einsatz von Anticholinergika zur Verbesserung der Speicherkapazität bei einer überaktiven Blase (OAB) sollte man die Nebenwirkungen bedenken und die jungen Patient:innen und Eltern genau aufklären. Propiverin wird als Mittel der 1. Wahl vor Oxybutynin empfohlen, außerdem auch Trospiumchlorid ab dem 12. Lebensjahr. Neuere Anticholinergika im Off-Label-Gebrauch und der Einsatz von Botox sind nur bei Therapieresistenz und nach sorgfältiger Abschätzung in Einzelfällen zu überlegen.
Die monosymptomatische, primäre Enuresis ist eine eigene Entität mit hoher Wahrscheinlichkeit einer genetischen Disposition sowie mehreren möglichen Ursachen wie hohe Nachtharnmengen, nächtliche OAB und fehlende Weckbarkeit. Auch die Therapie der Enuresis erfolgt zunächst primär konservativ und erst bei Versagen mittels Pharmakotherapie:
Bei der Diagnose sekundäre Enuresis (mehr als 6 Monate andauernde trockene Phase und dann erneutes Einnässen) sollte man vor allem auf verstärkende Faktoren wie Harnwegsinfekte, Obstipation oder Stuhlinkontinenz, ADHS, aber auch psychogene Ursachen achten und dementsprechend die Therapie festsetzen.