Der menschliche Körper wird im Rahmen des Geburtsvorgangs mit Mikroorganismen „beimpft“. Früher nahm man an, dass es sich dabei um den allerersten Kontakt handelt und dass Neugeborene zunächst aus einer intrauterinen sterilen Umgebung zur Welt kommen. Diese Sichtweise hat sich geändert. Es besteht vermutlich schon in der Schwangerschaft ein minimaler bakterieller Austausch, und die Geburt stellt gewissermaßen den ersten intensiven Kontakt dar.1
Die Schwangerschaft spielt bereits eine Rolle für die spätere Zusammensetzung der Darmmikrobiota des Kindes. Studien zeigen, dass die Essgewohnheiten der Mutter während der Schwangerschaft die mikrobielle Zusammensetzung des Mekoniums des Neugeborenen beeinflussen. Eine vorwiegend pflanzliche Ernährung der Mutter führte etwa zu einer geringeren Zahl an E.-coli-Bakterien beim Neugeborenen. Klare Zusammenhänge ergaben sich hinsichtlich der Bifidobakterien-Kolonisation zwischen Mutter und Kind.2
Schon die Art der Geburt hat großen Einfluss auf die frühe Entwicklung des kindlichen Mikrobioms. Als Folge einer vaginalen Geburt kommt es im Darm des Kindes zum gehäuften Auftreten von Bifidobakterien-Spezies und zu einem reduzierten Vorkommen von potenziell pathogenen Keimen wie Enterococcus, Enterobacter und Klebsiella. Bei Kaiserschnittgeburten hingegen ist die Darmmikrobiota der Kinder dominiert von Hautbakterien und Kommensalen, wie zum Beispiel Staphylococcus, Corynebacterium, Streptococcus und Propionibacterium-Spezies. Die dadurch bedingte verzögerte Entwicklung des Mikrobioms dürfte auch zu einer Verzögerung der Entwicklung von Immunzellen und des Darmepithels beim Kind führen.3 Positiver Einfluss des Stillens, Instabilität durch AntibiotikaDie typische intestinale Bakterienzusammensetzung des Kindes entwickelt sich in den ersten Lebensjahren. In dieser Zeit ist sie durch eine Reihe von Umwelteinflüssen noch veränderbar. Stillen zeigt beispielsweise positiven Einfluss. Untersuchungen ergaben, dass der Darm gestillter Kinder hauptsächlich von Laktobazillen und Bifidobakterien kolonisiert ist. Dies erschwert es pathogenen Keimen, sich anzusiedeln.1, 4 Um den positiven Effekt des Stillens auf Formulanahrung zu übertragen, werden derartigen Produkten Prä- und Probiotika zugesetzt. Damit wird ein Wachstum von vorteilhaften Keimen wie Lactobacillus-Arten und Bifidobakterien erzielt.4
Besonders negativ wirkt sich die Gabe von Antibiotika auf die sich entwickelnde Darmmikrobiota aus. Aus einer Longitudinalstudie ging hervor, dass die Einnahme in den ersten 36 Lebensmonaten zu einer wesentlich weniger stabilen Bakterienzusammensetzung führt. Vorteilhafte Spezies wie Bifidobakterien und Eubacterium rectale traten im Vergleich zu unbehandelten Kindern seltener auf, im Gegenzug kam es jedoch zu einer vermehrten Kolonisation von Enterobacteriaceae.5
Wie wichtig eine stabile und sich gut entwickelnde Darmmikrobiota für die spätere Gesundheit ist, haben Studien eindrucksvoll dokumentiert. Nach Stuhlprobenanalysen zeigte sich, dass die bakterielle Zusammensetzung im Darm das Outcome allergischer Kinder beeinflusst. Laktobazillen konnten als präventiver Faktor auf eine Allergieentwicklung ausgemacht werden. Eine Studie mit Mäusen wiederum ergab eine schützende Wirkung des Keims Lactobacillus lactis auf die Entwicklung von Nahrungsmittelallergien.6
Grund für diese Mechanismen: Die bakterielle Zusammensetzung bzw. negative Einflüsse auf die Mikrobiota führen auch zu einer veränderten metabolischen Aktivität des Darms. Dadurch wird die Entwicklung der Immuntoleranz beeinflusst. Eine Geburtskohortenstudie ergab, dass Kinder mit genetisch bedingtem erhöhtem Asthma- und Atopierisiko weniger Bifidobakterien und Akkermansia aufwiesen. Außerdem wurde eine erhöhte Konzentration an proinflammatorischen Metaboliten gemessen.7
Literatur: