Die Schluckfunktion dient dem Transport von Speichel, Flüssigkeiten und Nahrung in den Magen. Je nach Ess- und Trinkgewohnheiten schluckt ein gesunder Mensch durchschnittlich rund 1.000-mal täglich. Der Schluckvorgang gliedert sich in vier aufeinanderfolgende Phasen:
Ist dieser hochkomplexe Ablauf in pathologischem Ausmaß gestört, spricht man von einer Dysphagie. Nach der Ätiologie ist folgende grobe Differenzierung möglich: Neurogene Dysphagien zeigen sich als Symptom neurologischer Akutereignisse wie Insult oder Schädel-Hirn-Trauma sowie im Verlauf von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson, amytrophe Lateralsklerose, multiple Sklerose und demenzielle Erkrankungen.
Organische oder strukturelle Dysphagien entstehen aufgrund von Fehlbildungen, Verletzungen oder operativen Veränderungen, beispielsweise nach Kopf-Hals-Tumor-Operationen (Veränderung der beteiligten Körperstrukturen).
Bei Störungen in der oralen Boluskontrolle können Nahrung, Speichel oder Flüssigkeit anterior aus dem Mund austreten (Drooling) oder frühzeitig ohne Auslösung des Schluckreflexes posterior in den Pharynx abgleiten (Leaking). Bei einer Penetration tritt der Bolus bis auf Glottisebene in den Aditus laryngis. Verbleiben nach dem Schlucken Bolusteile oder Flüssigkeit in den Valleculae, dem Recessus piriformis oder dem Aditus laryngis, werden diese als Residuen bezeichnet. Aspiration ist das Eindringen von Bolus, Flüssigkeit oder Speichel in die Atemwege. Je nach Zeitpunkt wird zwischen prä-, intra- oder postdeglutitiven Penetration/Aspiration differenziert. Ein effizienter Hustenstoß kann aspiriertes Material auswerfen. Bei verringerter Sensibilität oder ausbleibendem Husten kann es zu stiller Aspiration kommen.
Aspiration kann in Kombination mit einem geschwächten Immunsystem und einer Keimbesiedelung aus der Mundflora Auslöser einer Aspirationspneumonie sein. Die weitaus häufigere und gerade bei älteren Menschen mit einer Reihe von Komplikationen verbundene Folge von Dysphagie ist jedoch die Malnutrition. Tritt unzerkauter Bolus in den Aditus laryngis ein, kann es außerdem zum sogenannten Bolustod kommen – entweder aufgrund von Asphyxie oder aufgrund eines kardiorespiratorischen Arrests infolge einer Reizung des N. vagus.
Klinisch lassen sich Schluckstörungen durch Husten während der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme oder durch einen feuchten, gurgelnden Stimmklang nach dem Schlucken erkennen. Drooling, sowohl von Speichel als auch von Nahrung, ist ein weiteres Kardinalsymptom. Anamnestisch weisen rezidivierende Pneumonien, ungewollter Gewichtsverlust, Malnutrition, Sarkopenie, das Vermeiden bestimmter Nahrungsmittel oder Konsistenzen sowie neurologische Grunderkrankungen auf eine mögliche Dysphagie hin.
Dysphagie-Screenings eignen sich gut als erste Einschätzung. Deuten diese auf eine Dysphagie hin, kann eine logopädische klinische Schluckuntersuchung als erster Schritt weitere Auskunft geben. Eine gesicherte Diagnostik erfolgt mittels apparativer Verfahren. Hierbei kommen die FEES (Flexible endoscopic Evaluation of Swallowing) oder die Videofluoroskopie (VFSS – Videofluoroscopic Swallowing Study) zum Einsatz.
Logopädische Dysphagietherapie kann restituierend direkt an der Verbesserung der Schluckfunktion ansetzen. Weiters können kompensatorische Techniken erlernt werden, beispielsweise das absichtliche kräftige Husten („effortful swallow“) und andere Schluckmanöver, um die Nahrungsaufnahme möglichst sicher zu gestalten. Die dritte Säule der Behandlung stellt die Adaptation von Konsistenzen sowie unter Umständen der Einsatz spezieller Trink- und Esshilfen dar, um die Bolusgröße oder auch die Flussgeschwindigkeit von Getränken anpassen zu können.