Im Apothekenmarkt zeigen sich derzeit kräftige Umbrüche: Am Arbeitsmarkt und bei der Ausbildung gibt es genauso Veränderungen wie im Bereich der immer wieder diskutierten Liberalisierung. Gleichzeitig ist der wirtschaftliche Druck so hoch wie nie zuvor: Die Spannen sind weiter sinkend, der Aufwand – etwa durch die Suche nach Ersatzmedikamenten bei den zunehmenden Lieferengpässen – steigt.
Zuletzt forderte die Drogeriemarktkette dm erneut die Marktöffnung, um rezeptfreie Arzneimittel verkaufen zu dürfen. Zweimal scheiterte eine Klage beim Verfassungsgerichtshof aus formalen Gründen – nun soll eine neue Klage mit neuen Anwälten klappen. Die Drohung für die Apotheken: dm will rezeptfreie Medikamente anbieten – und zwar um bis zu 40 % günstiger als in Apotheken, wie dm-Geschäftsführer Harald Bauer mitteilte. Die juristische Stoßrichtung diesmal: Es stelle sich die Frage, ob es mit den Grundrechten der Erwerbsfreiheit und des Gleichheitsgrundsatzes vereinbar sei, dass Drogisten keine rezeptfreien Arzneimittel verkaufen dürfen. Der Verfassungsgerichtshof hatte in den Jahren 2016 und 2017 einen Antrag des Unternehmens auf Prüfung des Apothekenmonopols aus formalen Gründen bereits zweimal abgelehnt.
Fast zeitgleich forderte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in einem neuen Bericht mehr ärztliche Hausapotheken. Theodor Thanner, Chef der Bundeswettbewerbsbehörde, fordert, dass die derzeit geltende Regelung, dass zwischen Hausapotheke und öffentlicher Apotheke zwingend sechs Kilometer Abstand sein müssten, aufgehoben werden sollte: „Wir sehen, dass in kleinen Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohnern Hausapotheken schließen, wenn öffentliche Apotheken eröffnen. Das ist für die ländliche Bevölkerung negativ. Denn man vergrault auf diese Weise die Landärzte“, sagt Thanner in einem Zeitungsinterview. Da es ohnehin einen großen Ärztemangel gebe, sollte man Medizinern die Entscheidung, aufs Land zu gehen, leichter machen, indem sie auch eine Hausapotheke haben dürfen, empfiehlt Thanner. Der Vorstoß stößt bei der Apothekerkammer – wenig überraschend – auf Kritik. Es sei unverantwortlich, derart sensible Produkte wie Medikamente genauso zu behandeln wie Waschmittel und damit die Gesundheit der Menschen dem Profit zu opfern, sagte die Präsidentin der Apothekerkammer Ulrike Mursch-Edlmayr. „Profitmaximierung im Gesundheitswesen führt vor allem zu einer Verschlechterung der Versorgung. Was die Wettbewerbsbehörde vorschlägt, heißt: Die Apotheken opfern, damit die Ärzte mehr verdienen“, zeigt sich Jürgen Rehak, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes, erschüttert von den Aussagen Thanners.
Der Druck steigt zu einer Zeit, in der sich am Arbeitsmarkt für Pharmazeuten in heimischen Apotheken eine Trendwende abzeichnet. Die Zahl der Jobsuchenden geht zurück. Im vergangenen Jahr herrschte noch Krisenstimmung in den Standesvertretungen, als 200 Pharmazeuten, die einen Arbeitsplatz suchten, nur 30 offene Stellen gegenüberstanden. Das hat sich nun wieder geändert: Im August standen 172 Stellenlosen 78 offene Stellen gegenüber. Seit Jahresbeginn ist die Zahl der offenen Jobs stetig gestiegen, während gleichzeitig die Zahl der stellensuchenden Pharmazeuten rückläufig ist. In der Apothekerkammer ist man dennoch vorsichtig und will nicht von einer Erholung der Situation sprechen: „Die Kurve der stellenlosen Apothekerinnen und Apotheker verläuft seit Anfang 2016 auf mehr oder weniger konstantem Niveau, während die Zahl der offenen Stellen nach einer längeren Abwärtsbewegung nun wieder das Niveau von 2013 erreicht. Allerdings ist die Zahl der Stellensuchenden noch immer mehr als doppelt so hoch wie die Zahl der offenen Stellen“, heißt es aus der Kammer. Letztlich lasse der Verlauf der beiden Kurven eine kurzfristige Analyse der aktuellen Arbeitsmarktsituation bei der Apothekerschaft nicht zu.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass heuer die Zahl der Interessenten am Pharmaziestudium steigt. An den Fakultäten in Innsbruck, Wien, Graz sowie an der Privatuniversität PMU in Salzburg werden diesen Herbst 1.164 Studierende beginnen. Zum Vergleich: Seit 2014 waren es jeweils knapp unter oder knapp über 1.000 Personen. In Innsbruck wurde für das kommende Studienjahr sogar das Aufnahmeverfahren ausgesetzt: „Das heißt, alle Interessierten können sich für den BA-Studiengang Pharmazie inskribieren“, sagt der Stellvertretende Studiendekan Univ.-Prof. Mag. Dr. Hermann Stuppner. Das Ansteigen der Zahl von Erstsemestrigen an den Pharmaziefakultäten ist aus der Sicht der Apothekerkammer erfreulich, spiegelt es doch das steigende Interesse an einem Beruf auf dem Gebiet der Pharmazie wider, kommentiert die Standesvertretung. Nachsatz: „Zu beachten ist, dass die Zahl der letztlich an den Universitäten Studierenden durch die Anzahl der Laborplätze determiniert ist und dadurch stark eingeschränkt wird.“