Der akute Durchfall ist die häufigste gastrointestinale Erkrankung bei Kindern und ein Hauptgrund für Dehydration in dieser Altersklasse. Die Ursachen des akuten Durchfalls umfassen virale oder bakterielle gastrointestinale Infektionen und Lebensmittelvergiftungen. In unseren Breiten sind meist Rotaviren, Adenoviren, Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Yersinien und enteropathogene beziehungsweise enterotoxische E.-coli-Keime Verursacher der akuten Gastroenteritis. Die aktuelle S2k-Leitlinie zur akuten infektiösen Gastroenteritis (AGE) im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter gibt dabei ein umfangreiches Behandlungskonzept zu einer meist „banalen“ Erkrankung vor. Sie wurde unter anderem von der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) mitgetragen.
Rund 70 % der Fälle von AGE werden im Kindesalter durch Viren verursacht. Die mit Abstand häufigsten viralen Infektionen sind Norovirus- und die Rotavirus-Infektionen, die in den Herbst- und Wintermonaten vermehrt vorkommen. In den letzten Jahren überwiegen laut RKI Norovirus-Infektionen, vermutlich durch die zunehmenden Impfungen von Säuglingen gegen Rotaviren. Die bakterielle AGE ist generell seltener und tritt erst ab einem Alter von 2 Jahren gehäuft auf – Warnsymptome sind blutige Diarrhö und hohes Fieber. Campylobacter und Salmonellen, etwa aus Geflügelerzeugnissen, sind die häufigsten bakteriellen Keime.
Häufige Komplikationen der AGE sind Dehydratation, Hypovolämie sowie Störungen des Säure-Basen- und Elektrolythaushalts. Besonders dehydratationsgefährdet sind Säuglinge und Kinder < 2 Jahren aufgrund des hohen Flüssigkeitsumsatzes in diesem Alter. Aber auch Kinder und Jugendliche mit speziellen Risikofaktoren (ausgedehnte Darmresektionen, Immundefizienz, Diabetes mellitus, Stoffwechseldefekte) sind durch eine Dehydration gefährdet. Gefürchtete neurologische AGE-Komplikationen wie fieberassoziierte Krampfanfälle oder Enzephalopathien werden häufiger durch Viren ausgelöst, können aber auch bakteriell bedingt sein. Mögliche Komplikationen der bakteriellen AGE sind Sepsis, Nierenversagen, reaktive Arthritis, Guillain-Barré-Syndrom oder mikroangiopathische Komplikationen wie das hämolytisch-urämische Syndrom oder die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura.
Die Standardtherapie der Dehydration sollte laut Leitlinie mit oraler glukose- oder polymerbasierter Elektrolytlösung erfolgen. Etwa 75 % bis 94 % der Kinder mit leichter bis mittelschwerer Dehydratation sprechen auf eine orale Rehydration an. Fertige Elektrolyt-Glukose-Lösungen gibt es in Pulverform in jeder Apotheke. Eltern sollten insbesondere darauf hingewiesen werden, die Lösungen nicht mit Milch, Saft oder Softdrinks zu mischen. Die Indikation zur intravenösen Rehydration ist in den meisten Ländern ident. Sie wird bei Scheitern der oralen oder nasogastralen Rehydration, bei Schockzuständen, bei schwerer Dehydration in einem Ausmaß von mehr als 9 % des Körpergewichts, insbesondere wenn gleichzeitig neurologische Symptome bestehen, bei Symptomen eines Ileus und bei galligem Erbrechen empfohlen.
Der Einsatz bestimmter Probiotika, in Ergänzung zu einer Rehydration, ist laut Leitlinie in Erwägung zu ziehen. Die Autoren der evidenzbasierten Leitlinie der European Society for Paediatric Gastroenterology Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) empfehlen ebenfalls vorsichtig – und trotz geringer Evidenzqualität – den Einsatz von „effektiven“ Probiotika bei Durchfallerkrankungen im Kindesalter. Eine Cochrane-Metaanalyse aus dem Jahr 2010 kommt zu dem Schluss, dass der Einsatz von Probiotika zusammen mit Flüssigkeitsausgleich bei Kindern mit einer akuten infektiösen Diarrhö sowohl als sicher bewertet werden kann als auch die Dauer des Durchfalls verkürzt.
Antiemetika werden derzeit zur Therapie der AGE bei Kindern nicht empfohlen. Obwohl es verschiedenste Studien gibt, die belegen, dass die Rate des Erbrechens und die Notwendigkeit einer Hospitalisierung beim Einsatz von Ondansetron bei Kindern halbiert werden kann, gibt es aufgrund möglicher kardialer Nebenwirkungen nach wie vor eine große Zurückhaltung. Auch Loperamid wird aufgrund der unzureichenden Studienlage und seines spezifischen Risikoprofils bei Kleinkindern nicht empfohlen.
Für gesunde Kinder ohne Immunsuppression gibt es derzeit keine Evidenz für einen signifikanten Nutzen einer antibiotischen Therapie bei selbstlimitierenden Durchfallerkrankungen. Bei sehr kranken Kindern (akute und starke Bauchschmerzen mit blutigen Stühlen, Fieber mit erhöhten Entzündungsparametern oder Risikofaktoren und vermutlicher bakterieller Genese) kann eine empirische Antibiotikatherapie erwogen werden. Auch bei Kindern mit einer angeborenen oder erworbenen Immundefizienz ist eine antibiotische Therapie laut Leitlinie gerechtfertigt. Bei einer AGE durch Shigellen, Vibrio cholerae, Amöben, Salmonellen (bei Risikopatient:innen: Neugeborene oder Säuglinge unter 3 Monaten, Patient:innen mit Immundefizienz oder CED) und C. difficile sollte immer eine Antibiotikatherapie durchgeführt werden. Eine Studie aus dem Jahr 2021 zeigte, dass sich eine antibiotische Therapie bei Kindern negativ auf die Mikrobiomdiversität und Reichhaltigkeit des Darms auswirkt. Es gilt bei Durchfallerkrankungen im Kindesalter vor einer antibiotischen Therapie die Vor- und Nachteile genau abzuwägen.