Durchfall – Möglichkeiten der Selbstmedikation

Diarrhö ist charakterisiert durch eine pathologisch verminderte Stuhlkonsistenz, einen erhöhten Wassergehalt der Fäzes (> 200 ml pro Stuhlgang), ein tägliches Stuhlgewicht von mehr als 250 g sowie über 3 Defäkationen täglich.
Durchfall ist die Folge eines Ungleichgewichts im intestinalen Wasser- und Elektrolythaushalt. Den häufigsten Auslöser von akutem Durchfall stellt meist eine Darminfektion dar, die zwar selbstlimitierend, aber für Risikogruppen wie Kleinkinder, immunsupprimierte, ältere oder geschwächte Personen unbedingt eine ärztliche Therapie erforderlich macht, vor allem, wenn die Infektion mit kolikartigen Schmerzen, blutigen Fäzes oder Fieber einhergeht.

Flüssigkeits- und Elektrolytersatz sind Mittel der Wahl bei jedem Durchfall, insbesondere bei Kindern unter 2 Jahren und Schwangeren.

Geeignet sind:

  • fertige Nähr- und Elektrolytlösungen mit Glukose, Natriumchlorid, Natriumzitrat und Kaliumchlorid, zum Teil auch mit Heidelbeerextrakten
  • Elektrolytpräparate aus der Sportwelt, die auch eine stark kreislaufunterstützende Wirkung entfalten. Cave: Kohlenhydratanteil beachten!
  • besonders für Kinder: orale Rehydratationspräparate mit Reisschleim, die über einen gewissen Nährwert verfügen
  • Getränke können auch selbst zusammengestellt werden, am besten auf der Basis von Orangensaft, verdünnt mit natriumreichem Mineralwasser.

Zur Ernährung während des Durchfalls eignen sich beispielsweise Reis, geriebene Äpfel, zerdrückte Bananen, Zwieback, Haferflockensuppe oder die Karottensuppe nach Moro. Auf fettreiche, stark gewürzte sowie die Darmperistaltik anregende Nahrungsmittel (Koffein!) ist zu verzichten.

Die weitere medikamentöse Therapie umfasst Aktivkohle, die auf Grund ihrer großen Oberfläche ein hohes Bindungsvermögen für Viren, Bakterien und andere Giftstoffe aufweist. Medizinische Kohle wird zusammen mit den absorbierten Schad­stoffen auf natürlichem Weg ausgeschieden.

Gerbstoffe können durch eine Hemmung der Elektrolyt- und Flüssigkeitssekretion in das Darmlumen, eine spezifische Wechselwirkung mit bakteriellen Diarrhötoxinen oder Kontraktionshemmung der glatten Kolonmuskulatur antisekretorisch sowie antiperistaltisch wirken.

Zur innerlichen Anwendung sind Gallotannine nur dann geeignet, wenn sie in Form eines Gerbstoff-Eiweiß-Komplexes vorliegen. Dies ist der Fall, wenn die Ganzdroge zum Einsatz kommt (Brombeerblätter, Blutwurzel, Schwarztee, Heidelbeeren et cetera). Gute Wirkungen erzielt man auch mit dem künstlich hergestellten Tanninum albuminatum.

Pektine absorbieren Toxine und regulieren mit ihrer Wasserbindungs- und Quellfähigkeit die Peristaltik. Aufgrund der ausgeprägten Kriecheigenschaften bildet Pektin einen Schutzfilm auf der gereizten Darmschleimhaut.

Probiotika aus verschiedenen Darmbakterien werden zur Vorbeugung und Behandlung von Durchfallerkrankungen eingesetzt. Sie normalisieren die Darmflora, indem sie sich im Darm ansiedeln oder den Aufbau einer gesunden Darmflora fördern. Es kommt zur Reduktion der Stuhlfrequenz und einer Verkürzung der Erkrankungsdauer, wie kontrollierte Studien belegen. Sie können bereits bei Säuglingen angewendet werden.
Quellstoffe wie Flohsamenschalen oder Leinsamen binden die Flüssigkeit im Darm und verlängern dadurch die Passagezeit.

Loperamid

Bei schweren Diarrhöen ist es notwendig, die abnorm verkürzte Darmpassagezeit zu normalisieren und dadurch den Elektrolyt- und Wasserverlust zu vermindern. Dafür wird das peripher angreifende Opioid Loperamid eingesetzt, das nur im Gastrointestinaltrakt wirkt, da die Resorption im Dünndarm und der Durchtritt durch die Blut-Hirn-Schranke vom P-Glykoprotein-Transporter verhindert wird.

Bei akutem Durchfall beträgt die Loperamid-Dosis für Erwachsene initial 4 mg, gefolgt von jeweils 2 mg nach jedem ungeformten Stuhl. Die Anwendung ist bei der Selbstmedikation auf 48 Stunden begrenzt und darf nicht bei Kindern unter 2 Jahren sowie während Schwangerschaft oder Stillzeit eingesetzt werden. Weitere Kontraindikationen dieses Wirkstoffes sind Ileus, Colitis ulcerosa sowie alle Zustände, bei denen eine Reduktion der Peristaltik verhindert werden muss, zum Beispiel bakteriell bedingte Darmentzündungen. Bei gleichzeitigem Einsatz von Hemmstoffen des P-Glykoprotein-Transporters und ­CYP 3A4 ist die orale Bioverfügbarkeit von Loperamid erhöht, und es können unerwünschte zentrale Wirkungen des Opioidagonisten auftreten (Atemdepression).
Antibiotika (Fluorchinolone, Cotrimoxazol) kommen neben der Rehydrierungstherapie bei schwerem Verlauf des Reisedurchfalls zum Einsatz.

Diarrhö als Nebenwirkung?

Mittlerweile sind über 700 Wirkstoffe bekannt, bei deren Einnahme Diarrhö als mögliche unangenehme Nebenwirkung beschrieben ist. Medikamente wie Antibiotika, Prokinetika, Laxanzien, nichtsteroidale Antirheumatika, orale Antidiabetika (Metformin), Antidementiva (Donepezil, Rivastigmin), magnesiumhaltige Präparate (Antazida), Protonenpumpenhemmer, Schilddrüsenmedikamente, Statine, selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer oder bestimmte Zytostatika zählen zu den typischen Vertretern. Manchmal kann jedoch schon mit einer Dosierungsänderung Abhilfe geschaffen und auf diese Weise die Compliance verbessert werden.