Rotalgen (Rhodophyceae) sind eine Gruppe von Algen, die mehrere Tausend verschiedene Arten umfasst. Man findet sie weltweit in Ufernähe der Meere gemäßigter bis tropischer Klimazonen, sie können jedoch auch in Farmen gezüchtet werden. Die Zellwand mehrzelliger Rotalgen besteht aus Zellulose und verschiedenen Galaktanen, wie beispielsweise Agar oder Carrageen. Ihre typische Farbe verdanken die Algen speziellen Pigmenten (Phycobiline), die auch an der Photosynthese beteiligt sind. Die Phycobiline ermöglichen eine Photosynthese auch in tieferen Meeresbereichen, was ihre weite Verbreitung erklärt. Je nach Anteil weiterer Pigmente variieren die Farben der Rotalgen von Rotbraun über Rot bis Violett. Lange bekannt ist Carrageen als Ballaststoff, Verdickungsmittel und Gleitmittel in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie. In der pharmazeutischen Technologie wird es als Hilfsstoff eingesetzt.
Medizinisch interessant ist der Inhaltsstoff Carrageen, ein Gemisch anionischer Polysaccharide, wobei man zwischen Iota-, Kappa- und Lambda-Carrageen unterscheidet. Iota-Carrageen trägt jeweils eine Sulfatgruppe als Ester an den beiden Galaktoseringen sowie eine Hydroxylgruppe. Das Besondere an Iota-Carrageen ist seine Fähigkeit, Viren unspezifisch zu umhüllen und somit deren Anhaftung an Schleimhäuten zu verhindern.
Carrageen wird durch Kochen der Rotalgen in alkalischer Lösung gewonnen. Nach anschließender Zentrifugation und Vakuumdestillation erhält man eine Lösung mit einem Anteil von 2 bis 3 % Carrageen. Als Medizinprodukt wird Iota-Carrageen in Form von Nasen- und Rachensprays verwendet.
Als Hilfsstoff ist Carrageen in der Pharmazie bereits lange bekannt. Nunmehr wird Iota-Carrageen auch zum Schutz vor Erkältungsviren (Influenza-, Rhino- und Coronaviren) eingesetzt. Das sulfatierte Polysaccharid ist in der Lage, Viren durch Ionenbindung der negativ geladenen Sulfatester mit positiv geladenen Virusbestandteilen derart zu umhüllen, dass ein Anhaften an der Schleimhaut nicht mehr bzw. erschwert möglich ist. Der unschädliche Carrageen-Virus-Komplex wird in weiterer Folge über den Magen-Darm-Trakt ausgeschieden. Durch die Inaktivierung der Viren ist eine Infektion der Schleimhautzellen nicht mehr möglich.
Weiters kommt es durch das Carrageen zur Bildung einer schützenden Schleimschicht im Nasen-Rachen-Raum. Diese Befeuchtung der trockenen Schleimhäute wird zumeist als sehr angenehm empfunden. Eine zusätzliche Hemmung der Virusreplikation ist noch Gegenstand verschiedener Studien.
Eingesetzt werden Produkte mit Iota-Carrageen als Nasen- und Rachensprays zum Schutz vor verschiedenen Erkältungsviren. Besondere Bedeutung haben sie im Rahmen der COVID-19-Pandemie erlangt, da auch gegen Coronaviren eine gewisse protektive Wirkung zu erwarten ist.
Aufgrund der rein physikalischen, lokalen Wirkung ist nicht mit Nebenwirkungen zu rechnen. Wechselwirkungen mit Arzneimitteln sind nicht zu erwarten.