Ein Update für die klinische Praxis

Ein tieferes Verständnis der immunologischen Signalwege hat zur Entwicklung zielgerichteter Therapien geführt, die das Spektrum der Behandlungsmöglichkeiten erheblich erweitert haben. Dieser Artikel beleuchtet die neuesten Entwicklungen und gibt praktische Empfehlungen für den klinischen Alltag.

Die neuen Säulen der Langzeittherapie

Die selektive Blockade der p19-Untereinheit von IL-23 repräsentiert einen der wichtigsten Fortschritte der letzten Jahre. Guselkumab, Risankizumab und Tildrakizumab zeichnen sich durch ihre hohe Wirksamkeit bei gleichzeitig verlängerten Therapieintervallen aus. Besonders beeindruckend sind die PASI-90-Ansprechraten von bis zu 75 % nach 16 Wochen. Die lange Halbwertszeit dieser Substanzen ermöglicht Applikationsintervalle von 8–12 Wochen, was die Therapieadhärenz deutlich verbessert.

In der klinischen Praxis eignen sich IL-23-Inhibitoren besonders für Patient:innen mit metabolischen Komorbiditäten, da sie keine negativen Auswirkungen auf Stoffwechselparameter zeigen. Ihr günstiges Sicherheitsprofil macht sie zudem zur bevorzugten Option bei älteren Patient:innen. Kliniker:innen sollten beachten, dass der Wirkungseintritt langsamer erfolgt als bei IL-17-Inhibitoren – bei akut hochentzündlichen Verläufen empfiehlt sich daher initial eine Kombination mit topischen Steroiden oder eine kurzfristige orale Überbrückung.

Die Evolution der IL-17-Inhibition

Mit Bimekizumab steht nun ein Wirkstoff zur Verfügung, der simultan IL-17A und IL-17F blockiert. Diese duale Inhibition resultiert in beeindruckenden Ansprechraten: PASI 90 bei 85 % und PASI 100 bei 59 % der Patient:innen nach 16 Wochen. In direkten Vergleichsstudien zeigte Bimekizumab eine überlegene Wirksamkeit gegenüber Secukinumab, Adalimumab und Ustekinumab.
Der schnelle Wirkungseintritt nach 2–4 Wochen macht diesen Wirkstoff zur idealen Option bei schweren Verläufen mit hohem Leidensdruck. Auch bei gleichzeitiger Psoriasisarthritis, insbesondere mit axialer Beteiligung, zeigt Bimekizumab überzeugende Ergebnisse. Als Nachteil ist die erhöhte Rate oraler Kandidosen (15–20 %) zu nennen – bei entsprechenden Risikofaktoren sollte eine antimykotische Prophylaxe erwogen werden.

Durchbruch bei oralen Therapien

Mit dem selektiven TYK2-Inhibitor Deucravacitinib steht erstmals eine orale Therapieoption mit biologikaähnlicher Wirksamkeit zur Verfügung. Die einmal tägliche orale Gabe von 6 mg führt zu PASI-75-Ansprechraten von 58–69 % nach 16 Wochen. Im Gegensatz zu konventionellen JAK-Inhibitoren zeigt Deucravacitinib ein deutlich günstigeres Sicherheitsprofil ohne erhöhtes Risiko für thromboembolische Ereignisse oder Zytopenien.
In der klinischen Praxis eignet sich dieser Wirkstoff besonders für Patient:innen mit Spritzenphobie oder Kontraindikationen gegen Biologika. Der relativ rasche Wirkungseintritt und die gute Wirksamkeit bei peripherer Gelenkbeteiligung machen ihn zu einer wertvollen Alternative nach Versagen konventioneller Systemtherapien. Ein wichtiger praktischer Hinweis: Nach Therapieabbruch kommt es meist zu einem raschen Rezidiv, daher ist die kontinuierliche Einnahme für den langfristigen Therapieerfolg entscheidend.

Individualisierte Therapiestrategien

Die Differenzierung der Therapieoptionen ermöglicht zunehmend maßgeschneiderte Behandlungskonzepte. Bei schwerer Psoriasis mit raschem Handlungsbedarf empfiehlt sich eine Therapie mit IL-17-Inhibitoren wie Bimekizumab, Secukinumab oder Ixekizumab, alternativ kann eine TNF-Inhibition mit kurzfristiger oraler Steroidüberbrückung erwogen werden. Patient:innen mit metabolischem Syndrom profitieren besonders von IL-23-Inhibitoren, während bei begleitender Arthritis die Wahl des Wirkstoffes von der Gelenkbeteiligung abhängt – axiale Manifestationen sprechen besser auf IL-17-Inhibitoren an, periphere Gelenkmanifestation eher auf TNF- oder JAK-Inhibitoren.

Tab.: Verabreichungsform und Dosierung von in der EU zugelassenen Biologika und Small Molecules bei Psoriasis

Bei unzureichendem Therapieansprechen haben sich strategische Kombinationsansätze bewährt. Die zusätzliche Anwendung von Calcipotriol/Betamethason-Schaum bei Residualläsionen oder die Kombination mit niedrigdosiertem Methotrexat (5–15 mg/Woche) können den Therapieerfolg signifikant verbessern. Bei pustulösen Varianten zeigt die Kombination aus IL-17/IL-23-Inhibitoren mit niedrigdosiertem Acitretin (10–20mg/Tag) synergistische Effekte.

Die Therapieevaluation sollte abhängig vom Wirkmechanismus nach 16 Wochen (IL-17/TNF) bzw. 24 Wochen (IL-23) erfolgen. Als Therapieziel ist mittlerweile ein PASI 90 oder ein absoluter PASI ≤2 anzustreben. Bei Wirkungsverlust kann eine Therapieoptimierung durch Intervallverkürzung bzw. Dosiserhöhung, topische Zusatztherapie oder Kombination mit niedrigdosierter Systemtherapie (z.B. MTX) oder eine Phototherapie (UV-B) in Betracht gezogen werden.

Fazit für die klinische Praxis

Die Behandlungslandschaft der Psoriasis hat sich in den letzten Jahren dramatisch gewandelt. Die Wahl des optimalen Wirkstoffes sollte primär vom klinischen Bild, von Komorbiditäten und von den Patientenpräferenzen abhängig gemacht werden. IL-23-Inhibitoren bieten durch ihre lange Wirkdauer und seltene Applikation Vorteile für die Langzeittherapie, während IL-17-Inhibitoren durch ihren schnellen Wirkungseintritt bei akuten Verläufen überzeugen. Mit Deucravacitinib steht nun auch eine orale Option mit überzeugender Wirksamkeit zur Verfügung. Der konsequente Einsatz dieser modernen Therapeutika ermöglicht für die meisten Patient:innen eine nahezu vollständige und dauerhafte Erscheinungsfreiheit – ein Therapieziel, das noch vor wenigen Jahren unerreichbar schien.