Ein wirksamer Helfer bei Heiserkeit und Stimmbeschwerden

Was sind die häufigsten Ursachen für Heiserkeit und Stimmbeschwerden?

Die Bildung der Laute, die wir von uns geben, erfolgt im Kehlkopf, der den Rachen mit der Luftröhre verbindet. Gleich unterhalb des Kehldeckels befinden sich die paarig angelegten, schwingungsfähigen Stimmbänder, die zusammen mit dem aufgelagerten Epithel die Stimmlippen bilden und die Stimmritze einfassen. Die Stimmlippen sind zum Kehlkopflumen hin von Schleimhaut umgeben und werden beim Ausatmen durch den Luftstrom aus dem Brustkorb in Schwingung versetzt. Dadurch entsteht ein „Primärschall“, der durch weitere schallgebende Resonanzräume wie Mund-Nasen-Rachen-Raum, Nasenhöhlen und Gaumensegel zu unserer individuellen und unverwechselbaren Stimme wird.
Heiserkeit (Dysphonie) tritt auf, wenn der Kehlkopf und der darüber liegende Teil des Sprechapparates (Vokaltrakt, Ansatzrohr) erkrankt oder dessen Funktionen gestört sind. Ursachen dafür können organisch bedingt sein, wie z. B. Entzündungen, Lähmungen, Neoplasmen oder Reflux von Magensäure. Funktionelle Dysphonien treten auf bei kongenital schwach ausgebildetem Stimmapparat, allgemeinen körperlichen Erkrankungen, Schwächezuständen oder ganz einfach durch Überbeanspruchung der Stimme. Letzteres sowie durch Infektionen bedingte Entzündungen zählen zu den häufigsten Ursachen der Heiserkeit und führen zu vermehrter Schleimbildung auf den Schleimhäuten und damit zum Gefühl der „belegten Stimme“ und des „Sich-ständig-räuspern-Müssens“. Begünstigt wird dieser Zustand durch trockenes Raumklima in beheizten Räumen. Auch regelmäßiges Rauchen stellt einen permanenten Reiz für Kehlkopf und Stimmlippen dar. Die chemischen Noxen der flüchtigen Bestandteile führen zu vermehrter Schleimbildung und chronischen Entzündungsprozessen, die das Schwingen der Stimmlippen beeinträchtigen. Auch die Psyche beeinflusst unsere Stimme. Stress, Angst, Aufregung und Depression können Heiserkeit auslösen.

Welche pflanzlichen Heilmittel stehen zur Verfügung?

Hier sind an erster Stelle die Polysaccharide zu nennen. Sie sind wasserlöslich und bilden viskose Lösungen aus, die sich als schützende Schleimschicht im Bereich der oberen Atemwege über die Schleimhäute legen. Entzündete Schleimhäute haben ihre natürliche Barrierefunktion verloren und bieten Pathogenen eine perfekte Angriffsfläche. Der Verlust dieser natürlichen Barriere wird durch Hydrokolloide, die bei der oralen Gabe von Zubereitungen aus schleimhältigen Drogen entstehen, kompensiert. Polysaccharide adsorbieren und puffern, womit sie die Regeneration der Schleimhäute begünstigen. Eine Kombination mit saponinhältigen Drogen bewirkt zusätzlich eine Spreitung vom Rachenraum aus weiter in Richtung Bronchien. Dies liegt an der Eigenschaft der Saponine, die Oberflächenspannung von Wasser herabzusetzen. Eine Teemischung mit einer Kombination von polysaccharid- und saponinhältigen Drogen stellt eine ideale Behandlungsform dar. Darüber hinaus sind schleimstoffhältige Drogen in Form von Lösungen, Sirupen, Säften und Lutschpastillen im Einsatz. Wichtige Drogenlieferanten sind Eibisch, Malve, Isländisches Moos, Spitzwegerich, Königskerze und Linde. Zu den saponinhältigen Drogen zählen Efeu, Primel, Seifenrinde, Senega (Klapperschlangenwurzel) und Süßholz.

Eine besonders lange Tradition in der medizinischen Anwendung hat Sisymbrium. Was können Sie über die Geschichte des Sängerkrauts erzählen?

Das Sängerkraut hat in Ländern wie Frankreich, Spanien und Portugal eine lange Tradition, während diese Pflanze in der Volksmedizin Österreichs weitgehend unbekannt ist. Die arzneiliche Verwendung von S. officinale geht zurück bis in die Antike. Sowohl Griech:innen als auch Römer:innen wendeten die oberirdischen blühenden Pflanzenteile von S. officinale an. Berichte über die lindernden Effekte bei Stimmverlust sind aus dem 17. Jahrhundert aus Frankreich überliefert, was der Pflanze den Namen „herbe aux chantres“ einbrachte. Darüber hinaus ist der Einsatz der Pflanze generell bei Erkrankungen der oberen Atemwege in Ländern West- und Südeuropas bekannt. Sowohl der auf die Stimme bezogene französische Name als auch die Indikation haben sich bis heute gehalten und fanden bzw. finden Eingang in den Arzneischatz mitteleuropäischer Länder.

Wie wirkt Sisymbrium?

Die Anwendung von S. officinale wird empfohlen bei: Heiserkeit, Stimmverlust, Entzündungen von Mund- und Rachenschleimhaut, Kehlkopfentzündung, Kehlkopfkatarrh, chronischem Husten, chronischer Bronchitis und sogar Asthma. Dieses Spektrum an Indikationen beruht auf Empirie und den Erfahrungen der Volksmedizin, die für das Sängerkraut Wirksamkeit – also einen messbaren Effekt im Sinne einer Verbesserung des Krankheitszustandes – belegen. Die Wirkungen – damit sind Wirkmechanismen gemeint, also, welche möglichen „Targets“ in welchen Zielzellen erreicht werden können – wurden in einigen In-vitro-Studien erhoben. Es liegen Daten zur antimikrobiellen, entzündungshemmenden, antitussiven und analgetischen Wirkung vor, die alle in synergistischer Weise zu einer Verbesserung der oben genannten Beschwerden des Hals-Rachen-Raumes plausibel erscheinen. Dabei kommt den enthaltenen Glucosinolaten und Schleimstoffen besondere Bedeutung zu. Die Schleimstoffe schützen die entzündete Schleimhaut wie oben beschrieben, während die labilen Glucosinolate zu den flüchtigen Isothiocyanaten umgebaut werden. Diese sind auch in getrocknetem Pflanzenmaterial nachweisbar und haben nachweislich antimikrobielles sowie antiphlogistisches Potenzial.

Wie wird Sisymbrium angewendet?

Aus der Tradition sind die Verwendung des Presssaftes aus der Frischpflanze bekannt sowie die Bereitung eines Teegetränkes aus den blühenden oberirdischen Anteilen. In einigen europäischen Ländern und neuerdings auch in Österreich stehen Arzneimittel mit Sisymbrii officinalis herba in Form von Lutschtabletten bzw. Pastillen zur Verfügung. Das in Österreich kürzlich eingeführte Präparat in Form von Pastillen beinhaltet einen mit Wasser hergestellten Trockenextrakt. Die Dosierung für Erwachsene ist mit 10–12 Lutschtabletten bzw. für Kinder zwischen 6 und 11 Jahren mit 5–6 Lutschtabletten pro Tag für die Dauer einer Woche empfohlen.

Für welche Personengruppen ist Sisymbrium besonders empfehlenswert?

Erkältete Personen mit Beschwerden im Hals-Rachen-Bereich können auf Lutschpastillen mit S. officinale zurückgreifen. Personen wie Lehrer:innen, Nachrichtensprecher:innen, Schauspieler:innen oder Sänger:innen etc., die ihre Stimme von Berufs wegen stark beanspruchen, können S. officinale anwenden ebenso wie Personen, die Stimmprobleme aufgrund ihres Aufenthaltes in Räumen mit trockener Luft (Heizung, Klimatisierung) entwickeln. S. officinale kann Linderung verschaffen bei Raucher:innen mit Kehlkopfproblemen, bei Personen, die aufgrund von Stress und Anspannung Stimmprobleme entwickeln, oder bei Personen mit Reflux, deren Stimme durch den Rückfluss der Magensäure angegriffen ist.