Schwangerschaft und Geburt können einen schädlichen Einfluss auf die Integrität des Beckenbodens ausüben.
Durch Druck und Überdehnung des Beckenbodens – ausgelöst durch den kindlichen Kopf – kann es zu einer Schädigung des neuromuskulären Systems sowie des Bindegewebes am Beckenboden kommen. Auch eine Schädigung an den Sphinktersystemen der Harnblase und des Darms wurde beschrieben. Dies kann sich klinisch in einer Harn- und/oder Stuhlinkontinenz manifestieren.
Allerdings nicht nur die Geburt, sondern auch die Schwangerschaft per se kann zu Veränderungen am Beckenboden führen. Dies wird durch eine hormonelle Umstellung während der Schwangerschaft ausgelöst, die zu Veränderungen der gesamten Muskel- und Bindegewebestrukturen, zur Herabsetzung des Muskeltonus, zur Nachgiebigkeit der Bandverbindungen im kleinen Becken und zur vermehrten Gewichtszunahme führt. Weiters kommt es zu einer Verlagerung des Körperschwerpunkts nach ventral, zu einer Belastung des Beckenbodens durch unsere aufrechte Körperhaltung, zu einer Erweiterung des Hiatus genitalis, zu einer urethralen Hypermobilität sowie zur verminderten Beckenbodenkraft und -aktivität in der Spätschwangerschaft und postpartal im Vergleich zu nichtschwangeren Frauen.
Ein Drittel der Frauen berichtet über Inkontinenzsymptome während der Schwangerschaft, wobei die höchste Inzidenz im 2. Trimenon besteht. Meist handelt es sich um Symptome einer Belastungsharninkontinenz, wobei allerdings der Großteil der Symptome reversibel ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu wissen, dass Frauen mit einer Inkontinenz-Anamnese vor der Schwangerschaft ein deutlich höheres Risiko für eine persistierende postpartale Inkontinenz aufweisen. Eine Aufklärung darüber ist essenziell.
Bei der EPINCONT-Studie handelt es sich um eine Querschnittsstudie, die den Zusammenhang zwischen Parität und Harninkontinenz untersucht.
Mittels Fragebögen wurden 27.900 norwegische Frauen evaluiert. Es zeigte sich, dass der (relative) Effekt der Parität am stärksten in der Altersgruppe der 20–34-Jährigen ausgeprägt war, wobei sich die Prävalenz der Harninkontinenz mehr als verdoppelte (von 8 % bei Nulliparen auf 17 % bei Primiparen). Ein ähnlich großer Effekt zeigte sich in der Altersgruppe der 35–64-Jährigen, wobei hier die erste Geburt zu einer Zunahme der Prävalenz der Harninkontinenz von 16 % auf 26 % geführt hatte (Abb.).
Zusammenfassend zeigt diese Studie sehr schön, dass die Parität ein signifikanter Risikofaktor sowohl für die Belastungsharninkontinenz als auch für die Mischharninkontinenz bei Frauen im fertilen Alter darstellt, wobei der Effekt der Parität mit zunehmendem Alter zu verschwinden scheint (kein Effekt mehr bei Frauen > 65 Jahren).
Eine ähnliche Arbeit untersuchte den Einfluss von Schwangerschaft, vaginaler Geburt und Sectio auf die später zu beobachtenden Harninkontinenzraten. Es wurden 15.300 Frauen eingeschlossen und ein Link mit dem norwegischen Geburtenregister hergestellt. Dieser zeigte, dass das Risiko einer Harninkontinenz unter Frauen größer ist, die eine Sectio hatten, im Vergleich zu Nulliparen. Das Risiko wurde allerdings noch deutlicher und größer im Vergleich zu Frauen mit einer spontanen vaginalen Geburt.
Das aktive Beckenbodentraining kann sowohl zur Prävention als auch zur Therapie eingesetzt werden. Das Beckenbodentraining sollte individuell angeleitet werden und danach sowohl als Einzeltherapie oder in der Gruppe angeboten werden. Das Training wird üblicherweise mit 60–70 % der Kraft ausgeübt und wird optimalerweise 1–3-mal/Tag aktiv durchgeführt.
Eine Cochrane-Analyse konnte folgende Ergebnisse zusammenfassen:
Schwangerschaft und Geburt können das Risiko eines Beckenbodenschadens deutlich erhöhen. Parität, kindliches Geburtsgewicht sowie Geburtsmodus sind bekannte geburtshilfliche Risikofaktoren, die mit einer Schädigung des Beckenbodens einhergehen können (Harn-, Stuhlinkontinenz, Senkung). Hinsichtlich Geburtsmodus führt die Sectio caesarea zu keiner Reduktion der Beckenboden-Langzeitmorbidität im Vergleich zur spontanen vaginalen Geburt. Sie ist allerdings vorteilhafter für den Beckenboden als die vaginal-operative Entbindung, wobei hier die Forceps-Entbindung deutlich traumatischer ist als die Vakuumextraktion. Auch eine Episiotomie hat einen ungünstigen Einfluss auf den Beckenboden und sollte daher nur selektiv gesetzt werden. Das Beckenbodentraining bereits während der Schwangerschaft ist hilfreich, um das Kurzzeit-Risiko einer Inkontinenz zu reduzieren (Prävention).