Wenn nun mit 1. November die wirksamste gesundheitspräventive Maßnahme, die in ganz Europa bislang funktioniert hat, auch in Österreich umgesetzt wird, schließt endlich ein trauriges – um nicht zu sagen: paradoxes – Kapitel der österreichischen (Nicht-)Gesundheitspolitik.
Ein paar Zahlen vorweg: Mindestens 11.000 Österreicher sterben nach Expertenmeinung jährlich an den Folgen des Rauchens, darunter 1.000 Passivraucher. Daten aus anderen EU-Ländern haben längst gezeigt, dass allein durch die Nichtraucherschutzbestimmungen in der Gastronomie die Herzinfarktrate und auch die Frühgeburtenrate gesenkt werden können.
Dazu noch ein paar andere Zahlen mit österreichischen Superlativen: Laut Eurostat rauchen im EU-Schnitt 18 % der über 15-Jährigen täglich, in Österreich sind es laut Statistik Austria 24 %. Nirgendwo sonst in Europa rauchen so viele Frauen wie in Österreich; und regelmäßig Tabakrauch in Innenräumen ausgesetzt sind europaweit 21% der Bevölkerung, in Österreich 28 % – ein Drittel davon sind Nichtraucher.
Die politische Historie im Zeitraffer dazu liest sich wie eine Farce – mit dem einen Schönheitsfehler: Sie ist wahr. Später als andere Länder hatte man sich in Österreich dem europäischen Trend zum Schutz der Atemluft angeschlossen, das jedoch halbherzig. Lange Zeit galt eine Ausnahmeregelung, die Rauchräume in Gaststätten erlaubte. 2015 endlich beschloss das Parlament, diese Ausnahmeregelung mit 1. Mai 2018 abzuschaffen. Nach der vorgezogenen Nationalratswahl 2017 wurde just die Gewährleistung der Ausnahmeregelung zur Koalitionsbedingung des kleineren Koalitionspartners. Das von Ärztekammer und Krebshilfe initiierte Volksbegehren „Dont smoke“ unterschrieben fast 900.000 Menschen, es sollte damals nichts nützen. Im März 2018 beschloss der Nationalrat, die Novelle aus dem Jahr 2015 zum Nichtraucherschutzgesetz wieder zu kippen und damit auch weiterhin den Fortbestand von Raucherräumen in der Gastronomie zu ermöglichen. Erst als schließlich die Regierung im Mai 2019 das Vertrauen des Nationalrates verlor und die seinerzeitige Koalitionsbedingung obsolet war, beschloss der Nationalrat im Juli 2019 nun auch mit den Stimmen des größeren Koalitionspartners endlich, die 2018 wiederbelebte Ausnahmeregelung nun doch abzuschaffen. Mit 1. November 2019 kann nun endlich „eine neue Ära der Gesundheit für Österreich“ beginnen.
Bei jeder Gelegenheit wünschen wir einander die beste Gesundheit; für die Politik war die Gesundheit aber mitunter nur eine taktische Angelegenheit. Wie auch immer nun die Regierungsbildung ausgeht: Es bleibt zu hoffen, dass Gesundheit in der österreichischen Politik endlich wieder die ihr gebührende Priorität bekommt.