Nachdem die Grippeepidemie in den letzten beiden Saisonen (2020/21, 2021/22) mehr oder minder ausgefallen ist, sehen wir aktuell eine besonders früh beginnende Grippesaison. Wer sich noch erinnern kann: Die Grippeepidemien der Saisonen 2019/20, 2018/19 und 2017/18 wurden jeweils im Jänner ausgerufen. Zudem ist es in den vergangenen beiden Jahren zu keiner „natürlichen Boosterung“ durch das zirkulierende Virus in der Bevölkerung gekommen.
Nach der Impfung dauert es etwa 14 Tage, bis der Körper einen ausreichenden Immunschutz aufgebaut hat. Impfwillige können aber auch zu jedem späteren Zeitpunkt, während bereits Influenza-Fälle auftreten, noch vom Schutz durch eine Influenza-Impfung profitieren.
Erreger der Influenza sind zur Familie der Orthomyxoviridae gehörende RNA-Viren, die weltweit vorkommen und durch Tröpfchen- oder Schmierinfektionen übertragen werden, wobei sie sich von den Epithelzellen des oberen Respirationstrakts in den unteren ausbreiten. Es gibt vier Haupttypen: Influenza-A-, -B-, -C- und -D-Viren, wobei für den Menschen A und B klinisch bedeutsam sind. Influenza-A-Viren kommen beim Menschen und daneben auch bei Säugern (Schweine, Pferde) vor. Das eigentliche Reservoir von Influenza-A-Viren sind jedoch Vögel, insbesondere Wasservögel. Die Nomenklatur erfolgt bei Influenza-A-Viren nach Typ (A) und serologisch nach Subtyp (Hämagglutinin- und Neuraminidase-Serotyp HxNx), z. B. zirkulieren aktuell beim Menschen momentan Viren des Subtyps A H1N1 oder A H3N2. Da Influenza- A-Viren sehr zahlreich und mutationsfreudig sind, können sie noch weiter nach dem Schema A/Isolierungsort/Isolat/Jahr (HxNx) klassifiziert werden. Influenza-B-Viren werden nach dem Ort des Auftretens (genetische Linie) klassifiziert, z. B. B/Victoria-Linie. In der Saison 2022/23 sind in allen in Österreich zugelassenen Influenza-Impfstoffen je ein Vertreter der Influenza- A-Subtypen, nämlich A(H1N1)pdm09 und A(H3N2), sowie zwei Influenza-B-Stämme, nämlich einer der B/Victoria-Linie und einer der B/Yamagata-Linie, enthalten.
Ursache für die wiederkehrenden Epidemien und für die jährlich notwendige Anpassung der Impfstoffe ist der sogenannte Antigendrift: Punktmutationen in der RNA führen zu neuen Varianten (Veränderung der Oberflächenantigene) desselben Subtyps, eine erworbene Immunität gegen einen Subtyp schützt nicht gegen eine neuere Subtypvariante. Seltener ist der Antigenshift: Hier werden ganze Gensegmente von unterschiedlichen Virusvarianten in einer doppelt infizierten Zelle ausgetauscht, es kommt zu größeren Veränderungen der Oberflächenantigene mit Entstehung neuer Subtypen (betrifft Influenza A). Derartige Reassortierungen können in Menschen und Tieren erfolgen und zu Pandemien führen. Die erstmals 1968 aufgetretene Hongkong-Grippe (H3N2) ist ein Beispiel für einen solchen Antigenshift.
Die Influenza sollte klar von anderen respiratorischen Erkrankungen mit gleicher Symptomatik (ILI – influenza-like illnesses) unterschieden werden, dies ist aber klinisch nicht immer möglich und bedarf einer virologischen Abklärung. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Krankheitsbeginn bei der Grippe im Unterschied zu anderen Erkältungskrankheiten meist plötzlich eintritt – gekennzeichnet durch mehrere Tage dauerndes hohes Fieber, ausgeprägtes Abgeschlagenheitsgefühl, häufig intensive Kopf- und Gliederschmerzen und trockenem Reizhusten bereits zu Beginn. Halsschmerzen und Schnupfen können, müssen aber nicht auftreten. Gelegentlich kann eine Grippe auch mit abdominalen Schmerzen und Diarrhö einhergehen, man spricht dann von einer Darmgrippe. Ab und zu beobachtet man Ausschlag im Schleimhaut- oder Hautbereich. Komplikationen treten vor allem in höherem Lebensalter, bei Komorbiditäten (Herz- oder Lungenkrankheiten, Diabetes, Immundefekte, Adipositas) oder während der Schwangerschaft auf und schließen u. a. Sinusitis, Otitis media, Bronchitis oder Pneumonie (Hauptursache für Todesfälle) als primäre Influenzapneumonie oder als bakterielle Sekundärinfektion ein. Weiters kann im Verlauf einer Influenza Myokarditis oder seltener auch Meningitis auftreten. Schlimmstenfalls hat man schon Todesfälle binnen weniger Stunden gesehen. Aber auch Kinder sind gefährdet, so gab es in den vergangenen Influenzasaisonen jeweils mehrere influenzaassoziierte Todesfälle von Kindern in Österreich.
Die Therapie erfolgt in leichteren Fällen symptomatisch (Antipyretika, NSAR, Hustenstiller, Lutschtabletten etc.) bzw. nach Begleiterkrankungen (Antibiotika). Häufig verordnen Ärzt:innen ihren (Risiko)patient:innen ein Virostatikum (Neuraminidasehemmer: Oseltamivir, Zanamivir), dieses sollte binnen 48 Stunden nach Krankheitsbeginn eingesetzt werden. Die gute Nachricht zum Schluss: Die bis Kalenderwoche 45 durchgeführten Analysen der ersten zirkulierenden Viren zeigen laut Zentrum für Virologie eine gute Übereinstimmung mit den in den Impfstoffen enthaltenen Impfstämmen.