Auch heute wird über Hämorrhoiden meist im Flüsterton und hinter vorgehaltener Hand gesprochen, dabei handelt es sich um ein recht häufig vorkommendes Leiden. Schon um 1.500 v. Chr. wurde in Ägypten eine Abhandlung über Hämorrhoiden verfasst, die eine 20 Meter lange Papyrusrolle füllte. Wenn man sich allerdings die Behandlungsmethoden von Hippokrates (400 v. Chr.) ansieht, ist man wahrscheinlich froh, dass es heutzutage wesentlich erträglichere medizinische Möglichkeiten gibt, denn das Ausbrennen mit glühendem Eisen oder das händische Herausreißen der beerenartigen Geschwülste am After klingen wirklich nicht besonders verlockend. Ein schweres Hämorrhoidalleiden soll auch Schuld an Napoleons Niederlage bei Waterloo haben, da dieser sich nicht auf seinem Pferd halten konnte und bei seinen taktischen Entscheidungen zögerlich und wankelmütig gewesen sein soll.
Hämorrhoiden kommen bei jedem Menschen vor und sind für das Halten des Stuhls verantwortlich. Es handelt sich um knotenförmig erweiterte bzw. schwammartige arterielle und venöse Blutgefäße im Übergang vom Mast- in den Enddarm. Diese gut durchbluteten Gefäßpolster dichten zusammen mit dem Schließmuskel den After ab. Wenn sich diese Gefäße vergrößern bzw. ausdehnen, so spricht man – vielleicht ein wenig ungenau – vom Krankheitsbild „Hämorrhoiden“. Man geht davon aus, dass in etwa jeder 2. Mensch im Lauf seines Lebens zumindest einmal an vergrößerten Hämorrhoiden leidet, wobei die Häufigkeit mit zunehmendem Alter steigt. Männer und Frauen dürften gleichmäßig häufig betroffen sein. Genaue Zahlen gibt es nicht, da aufgrund der hohen Selbstbehandlungsrate viele Fälle nicht in den Statistiken aufscheinen. Als Auslöser gelten die Erhöhung des Gefäßdrucks und die Ansammlung von Blut aufgrund von verstärktem Pressen bei hartem Stuhl, chronische Obstipation, Übergewicht, Bewegungsmangel, Bindegewebsschwäche und überwiegend sitzende Tätigkeit. Auch Arzneimittel wie PDE-5-Inhibitoren und Laxanzien können verantwortlich für die Vergrößerung der Hämorrhoiden sein. In der Schwangerschaft kommen Hämorrhoiden ebenfalls häufig vor. Hier geht man von einer Lockerung des Bindegewebes durch hormonelle Veränderungen und Gewichtszunahme im Bauchraum als Auslöser aus. Hämorrhoidalleiden sind auch oftmals eine „Nebenwirkung“ des Geburtsvorganges, bei dem aufgrund der (Press-)Wehen der Druck auf die Blutgefäße massiv erhöht wird.
Zu den häufigsten Symptomen gehören Schmerzen in der Afterregion, hellrotes Blut im Stuhl, Druckgefühl und druckempfindliche Schwellungen und ertastbare Schwellungen außerhalb des Anus. Durch die unnatürliche Schwellung der Hämorrhoiden kommt es zu Störungen in der Stuhlregulation und kann sog. „Stuhlschmieren“ zur Folge haben, wobei kleinste Mengen flüssigen Stuhls ungewollt aus dem Anus austreten. Dies ist nicht nur unangenehm für den Betroffenen, sondern führt auf Dauer zu Irritationen der Analregion mit Brennen, Juckreiz, Nässen, Entzündungen und Ekzemen. Hämorrhoiden werden je nach ihrer Größenzunahme und wie weit sie in den Analkanal bzw. den After vorfallen, in vierGrade eingeteilt, wobei Grad I nur eine Blutung bei normalem Hämorrhoidenring beschreibt und Grad IV einen dauerhaften Vorfall vor die Analöffnung bedeutet. Neben vergrößerten Hämorrhoiden gibt es noch einige Differenzialdiagnosen mit ähnlicher Symptomatik: Perianalthrombosen, Analfissuren, Analekzeme, Analfistel, Rektumprolaps, Karzinome etc. Bei lang anhaltenden, starken und wiederkehrenden Beschwerden sollte unbedingt ein Arzt, vorzugsweise ein Proktologe, zur Abklärung aufgesucht werden.
Die S3-Leitlinie „Hämorrhoidalleiden“ (2019) teilt die therapeutischen Maßnahmen in zwei Gruppen auf: die konservative Therapie und die konventionelle operative Therapie. Letztere kommt zum Einsatz, wenn sämtliche konservativen Therapien zu keiner ausreichenden Besserung geführt haben.1
Die konservative Therapie besteht einerseits aus der Basistherapie mit ballaststoffreicher Ernährung, ausreichender Flüssigkeitszufuhr, Vermeidung von (starkem) Pressen und Defäkationstraining. Zusätzlich sind noch Gewichtsreduktion bei Übergewicht und Beckenbodentraining empfehlenswert, wobei hier aber in Studien kein eindeutiger Nutzen nachgewiesen werden konnte. Andererseits kommen neben diesen nichtmedikamentösen, natürlich auch zahlreiche medikamentöse Maßnahmen zum Einsatz.
In der Volksheilkunde werden Sitzbäder aus Eichenrinde, Kamillenblüten, Schafgarbenkraut oder getrockneten Heidelbeeren verwendet. Ebenso seit Jahrhunderten beliebt zur Behandlung von Hämorrhoiden ist die Leinkrautsalbe.2
Am gängigsten in der Therapie der Hämorrhoiden ist sicherlich die Anwendung von Flavonoiden (Diosmin, Rutin, Hesperidin, Oxerutin, Zitrusbioflavonoide etc.). In Österreich sind Diosmin und Oxerutin zugelassen, Letzteres auch in der Schwangerschaft ab dem 4. Monat. Die Bezeichnung MPFF, die in diesem Kontext immer wieder auftaucht, bedeutet „micronized purified flavonoid fraction“, also mikronisierter gereinigter Flavonoidauszug. Die Flavonoide vermindern die venöse Kapazität und Ausdehnung und verringern gleichzeitig die pathologisch erhöhte Durchlässigkeit der Kapillaren. Zusätzlich wird der Lymphabfluss stimuliert, wodurch Stauungen und Schwellungen reduziert werden. Hamamelisextrakte wirken aufgrund der enthaltenen Gerbstoffe (β- und γ-Hamamelitannin) adstringierend und entzündungshemmend und werden Salben, Sitzbädern, Analreinigungsschäumen und -tüchern zugesetzt. Ichthyol®-Zäpfchen wirken juckreizstillend, entzündungshemmend und schwach antiseptisch; sie werden heute allerdings nur noch selten bei Hämorrhoiden und Analfissuren verordnet.
Lidocain, ein Lokalanästhetikum vom Säureamid-Typ, gilt als Mittel der ersten Wahl um Brennen, Juckreiz und Schmerzen kurzfristig zu kontrollieren. Pflanzliche Wirkstoffe aus der Kamille, Ringel- und Kornblume wirken entzündungshemmend, regenerierend und wundheilungsfördernd und werden auch äußerlich angewendet. Rosskastaniensamen und Wassernabelkraut unterstützen das Bindegewebe und lindern den Juckreiz, wodurch sie sich ebenfalls zur äußerlichen Anwendung eignen. Neben den rezeptfreien Wirkstoffen werden regelmäßig kortisonhaltige Salben und Suppositorien verordnet, die entzündungshemmend, abschwellend und schmerzlindernd wirken.
Wenn die Schmerzen vorübergehend stärker ausfallen, können auch systemische Schmerzmittel angewendet werden. Allerdings sollte man auf Acetylsalicylsäure aufgrund der blutverdünnenden Wirkung verzichten, um Blutungen im Analbereich nicht (noch) weiter zu verstärken. Um das Sitzen möglichst schmerzarm und angenehm zu gestalten, gibt es spezielle Sitzringe, welche die Analregion entlasten.