Cannabis sativa L. zählt zu den ältesten Arzneipflanzen der Welt. Eine medizinische Verwendung ist bereits in der Zeit des chinesischen Herrschers Chen Nung (2.723 v. Chr.) beschrieben. Auch Hildegard von Bingen waren Einsatzmöglichkeiten bekannt. Derzeit erlebt Cannabis eine Renaissance und bietet damit gerade auch Apotheken zahlreiche Möglichkeiten. Einerseits stehen hochgereinigte Cannabinoide als Arzneimittel zur Verfügung, zum Beispiel Cannabidiol (CBD), Dronabinol (THC), Nabiximols und Nabilone, andererseits wird der Markt mit Cannabisextrakten überschwemmt, die als Nahrungsergänzungsmittel angeboten und mitunter nicht bestimmungsgemäß verwendet werden. Zudem muss unterschieden werden zwischen Industriehanf, der praktisch kein psychotropes Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol) enthält, und medizinischem, psychotropem Cannabis (Marihuana) mit einem relativ hohen THC-Gehalt.
THC wirkt etwa appetitfördernd, stimmungsaufhellend, hemmt Übelkeit, Erbrechen und hilft gegen Schmerzen. Es kann aber bei höherer Dosierung auch Angstzustände auslösen. CBD bekämpft wiederum die Angst sehr gut, wirkt aber nicht appetitsteigernd. Beide Wirkstoffe sind gut bei Schmerzen einsetzbar und auch gut mit Opiaten kombinierbar. Studien haben gezeigt, dass man durch diese Substanzen die Gabe von Opiaten reduzieren und damit auch Abhängigkeiten senken kann. Cannabis ist also eine sinnvolle Ergänzung zur herkömmlichen Schmerztherapie. CBD reguliert in sehr komplexer Weise verschiedenste Funktionen wie Stressreaktionen, Erholung sowie den Schlaf-wach-Zustand und bewirkt neben einer Reduktion von Angst und Schmerz auch eine Anpassung des Muskeltonus, Neuro- und Zellprotektion, die Steuerung des Knorpel- und Knochenstoffwechsels sowie von Entzündungsvorgängen und Immunprozessen.
Obwohl CBD als ein Inhaltsstoff von Cannabis sativa L. bereits seit 1940 bekannt ist und erstmals 1972 bei Menschen Einsatz fand, blieben seine vielfältigen pharmakologischen Eigenschaften lange Zeit unbeachtet. Trotz chemischer Ähnlichkeit mit dem schon seit Langem verwendeten Cannabinoid Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol) ist CBD nicht psychotrop und unterliegt daher auch keiner Suchgiftregulierung.
Doch der Reihe nach: Cannabidiol (CBD, kein Suchtgift) und Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC, Dronabinol, Suchtgift) sind, bezogen auf die Inhaltsstoffe, mengenmäßig die wichtigsten Cannabinoide in Cannabis. Während THC in Marihuana (Cannabis sativa L. ssp. indica) überwiegt, kommt CBD vor allem in Industriehanf (Cannabis sativa L. ssp. sativa) vor. In Österreich ist medizinisches Cannabis (Marihuana) nach wie vor nicht erlaubt; sehr wohl allerdings CBD. Hochgereinigtes, kristallines CBD (> 99,5 % rein) ist seit 2015 eine DAC-Substanz und kann auf Verschreibung in der Apotheke hergestellt werden – als magistrale Zubereitung hauptsächlich in Form von Tropfen, aber auch in Kapseln, Saft oder Suppositorien. Teilweise gibt es hier auch eine Rückerstattung durch Krankenversicherungen. Eingesetzt wird es meist in Tagesdosen von 200–800 mg beziehungsweise 5–25 (–50) mg/kg Körpergewicht. Unterschiede gibt es im Vergleich von synthetischem und natürlichem CBD: Synthetisch hergestelltes CBD ist teurer, aus der Natur gewonnenes CBD günstiger und auch reiner. Generell ist CBD sicher und gut verträglich.
Im Fall von Hanf müssen die hergestellten Medikamente wiederum von Industriehanfextrakten unterschieden werden. Die wachsende Nachfrage nach CBD ließ einen Markt für Extrakte wie CBD-Öl und andere Produkte entstehen. Der Gehalt an Cannabinoiden ist jedoch sehr gering, weil der in Europa erlaubte Industriehanf kaum mehr als 2 % CBD enthält und maximal 0,2 % THC enthalten darf. Im Normalfall enthalten Extrakte viel zu wenig CBD, um therapeutisch wirksam zu sein. Überdies variieren die Inhaltsstoffe ganz erheblich. Gerauchtes Cannabis ist wiederum weder ein Ersatz für Hanfextrakte noch für reine Cannabinoide.
Berücksichtigt man die Gesamtheit der Phythosubstanzen in Hanf – neben den Cannabinoiden insbesondere Terpene (zum Beispiel Beta-Caryophyllen, D-Limonen) und Polyphenole (zum Beispiel Flavonoide, Quercetin) – kann Hanf als Nahrungsergänzungsmittel, in Analogie zu zahllosen anderen Pflanzenextrakten, einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Gesundheit liefern.
Besonders die Flavonoide – insgesamt sind 23 in Cannabis bekannt – sind wie Cannabinoide ausgeprägte Antioxidanzien. Die Kombination verschiedener Cannabinoide und Flavonoide, aber auch Kombinationen mit anderen Substanzen erwiesen sich wiederholt als synergetisch. Bemerkenswert ist, dass nicht nur Cannabinoide und Beta-Caryophyllen, sondern auch einige Flavonoide mit dem Endocannabinoidsystem interagieren und damit auch Einfluss auf Körperfunktionen haben. Verfügbar sind diese Flavonoide vor allem in Hanfblütentee, der eine beruhigende und entspannende Wirkung entfaltet.