Herzinsuffizienz – was sich Apotheker:innen zu Herzen nehmen sollten

Eine entscheidende Rolle dabei übernehmen Sie als Apotheker:in, wie folgendes Beispiel verdeutlichen soll:
Herr F. ist ein fitter 65-jähriger Mann, der regelmäßig auf Schitouren geht. Sein Vater ist mit 69 an einem Herzinfarkt verstorben, seine Mutter wird seit Jahren wegen ihres Hypertonus behandelt. Eines Tages erleidet er beim Aufstieg auf seinen Lieblingsberg einen Herzinfarkt, wird in die Klinik eingeliefert und soll bei Entlassung wegen einer neu diagnostizierten Herzinsuffizienz mit einer Auswurffraktion von 35 % vier neue Medikamente einnehmen – nämlich Lisinopril 10 mg, Bisoprolol 5 mg, Eplerenon 25 mg und Empagliflozin 10 mg. Bei Flüssigkeitseinlagerung wird ihm Torasemid 5 mg empfohlen. Bisher waren ihm nur ASS 100 mg und ein Statin verschrieben worden. Er kommt zu Ihnen, in seine Stammapotheke, und will wissen, was denn all diese Medikamente bewirken sollen und wie sie einzunehmen sind.

Sie erklären ihm, wozu er einen Betablocker, einen ACE-Hemmer und einen Mineralokortikoidrezeptor einnehmen sollte. Betablocker und ACE-Hemmer antagonisieren die Kompensationsmechanismen des Sympathikus und des Renin-Angiotensin-Systems, und auch Eplerenon wirkt über letzteres System. So weit, so gut – aber warum wird ihm denn nun auch ein Sodium-Glucose-Cotransporter 2-(SGLT2-)Inhibitor wie Empagliflozin empfohlen, der die Glukosereabsorption verhindert? Er hat doch keinen Diabetes!

Nun geht es darum, dem Patienten zu erklären, dass seine Erkrankung eine kardiorenale ist und er auch bei normalem Glukosestoffwechsel von diesem Medikament profitieren wird, da es seine Prognose laut der neuesten Leitlinien positiv beeinflussen wird. Obwohl der exakte Mechanismus, wie SGLT2-Inhibitoren über das kardiovaskuläre, das renale und das metabolische System die Therapie der Herzinsuffizienz positiv beeinflussen, noch nicht bekannt ist, so reduzieren sie doch die kardiovaskuläre Sterblichkeit und die Krankenhausaufenthalte aufgrund von Herzinsuffizienz.

Es wird nicht ausreichen, diese Medikamente über einen kurzen Zeitraum in angegebener Dosierung einzunehmen. Nach dem aktuellen Wissensstand wird unser Patient diese Medikation lebenslang einnehmen müssen. Herr F. wird erkennen müssen, wie viel Sport und Anstrengung ihm guttun, ohne die Zähne zusammenzubeißen und sich zu überanstrengen, denn eine Dekompensation der Herzinsuffizienz sollte unbedingt vermieden werden, da jede Dekompensation das Risiko für eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz erhöht. Aus diesem Grund ist es auch wichtig, ihm die Notwendigkeit regelmäßiger Arzt- bzw. Ambulanzbesuche zur Adaptierung und Titration seiner Therapie entsprechend den Labor- und Blutdruckwerten zu erklären, um die in den Studien definierten Zieldosen der einzelnen Wirkstoffe zu erreichen.

Herr F. sollte außerdem wissen, wie er die Anzeichen einer Wasseransammlung erkennen kann: nämlich durch Atemnot beim flachen Liegen, einem vermehrten nächtlichen Harndrang oder geschwollenen, ödematösen Beinen. Der Patient sollte sich zudem täglich abwiegen, um bei einer Gewichtssteigerung umgehend reagieren zu können, um sich eventuell selbst mit dem Diuretikum zu therapieren.
Für Herrn Herr F. sind diese Informationen essenziell. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er seine Medikamente entsprechend dem Verschreibungsschema einnehmen wird – weil er versteht, warum er diese einnehmen soll und wie sie wirken.

Fazit

Da die Herzinsuffizienz tödlicher als viele Tumorerkrankungen ist, haben Apotheker:innen als Beratungsinstanz für die Patient:innen eine umso wichtigere Rolle, denn aufgeklärte Patient:innen, welche die Therapie verstehen, sind viel besser in der Lage, über eine möglichst gute Adhärenz einen Therapieerfolg zu erreichen und ein möglichst gutes Outcome zu haben. Die Aufnahme der SGLT2-Inhibitoren in die Therapie aller Stadien der Herzinsuffizienz ist ein weiteres erklärungsbedürftiges Thema.