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Die Historie proktologischer Beschwerden lässt vermuten, dass Hämorrhoidalleiden die Menschheit wohl von jeher begleiten, nicht erst seit der ersten Erwähnung im alt­ägyptischen Papyrus Ebers um 1500 vor Christus. Trotzdem findet sich die erste schriftlich festgehaltene Therapie erst etwa 1.100 Jahre später: So beschreibt Hippokrates von Kos die Verödung mittels Brenneisen, aber auch bereits die Herstellung von Suppositorien. Seither haben sich verschiedene Wirkstoffe etabliert, welche die ganze Bandbreite der Symptome von peranalen Blutungen über schleimige, fäkulente Sekretion, Nässen und Stuhlschmieren bis hin zu Hautirritationen, Jucken, Brennen, Entzündungen, irritativ-toxischen Analekzemen und Schmerzen lindern können.

Flavonoide

Dazu gehören etwa die Flavonoide, die als universelle sekundäre Pflanzenfarbstoffe Bestandteil unserer Nahrung sind. Diese „Interna“ werden oral eingenommen und teilweise kausal, vor allem aber zur Symptomlinderung eingesetzt. Die therapeutische Wirkung beruht auf ihren antioxidativen, gefäß- und ödemprotektiven Eigenschaften. In den in Österreich zugelassenen Fertigpräparaten finden sich am häufigsten Diosmin, ein mikronisierter, gereinigter Flavonoid-Auszug, und Hesperidin, das vorherrschende Flavonoid in Orangen- und Zitronenschalen. In hydroxylierter Form werden Hesperidin, Rutoside, β-Hydroxyethylrutoside und Quercetin eingesetzt.
Im Gegensatz dazu werden die „Externa“ oder auch Hämorrhoidalia topisch und rein zur symptomatischen Therapie eingesetzt. Die Salben, Cremes, Suppositorien und Analtampons beinhalten verschiedene Wirkstoffkombinationen, die sich teilweise auch in speziell entwickelten Reinigungs- und Pflegeprodukten finden.

Lokalanästhetika

So verringern Lokalanästhetika den Juckreiz, indem sie die Empfindlichkeit der sensiblen Hautnerven herabsetzen. Wegen ihrer guten Verträglichkeit und geringen Allergieinzidenz werden generell Lokalanästhetika vom Säureamidtyp bevorzugt, wie das schnell und mittellang wirksame Lidocain. Allerdings ist als Vertreter vom Estertyp das Benzocain wegen seiner langanhaltenden Wirkung von Vorteil. Polidocanol, ein Gemisch aus verschiedenen Ethern, hat ebenfalls eine lokalanästhetische Wirkung und wird alternativ verwendet.

Phytopharmaka

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Pflanzliche Inhaltsstoffe weisen ein breites Wirkspektrum auf und unterstützen die Wundheilung. Beispielsweise kommt die antiphlogistische, antiexsudative, antipyretische, antiulzerogene, antimikrobielle, fungizide und wundheilungsfördernde Wirkung von Kamillenblütenextrakten (Matricariae flos) durch das Zusammenspiel ihrer Inhaltsstoffe, des ätherischen Kamillenöls (u .a. Chamazulen, Bisabolol, En-In-Dicycloether), Sesquiterpenlactonen, Cumarinen und Schleimstoffen zustande. Sie können auch bei Entzündungen mit bakterieller Beteiligung im Anal- und Genitalbereich angewendet werden. Zubereitungen aus Ringelblumenblüten (Calendulae flos) zeigen u. a. antimikrobielle, antimykotische, antivirale und antiphlogistische Eigenschaften. In ihnen finden sich Flavonoide, ätherisches Öl, Triterpensaponine, Triterpenalkohole, Carotinoide, Cumarine, Polyacetylene, phenolische Säuren und Bitterstoffe; für die antiinflammatorische Wirkung sind vor allem die Triterpenalkohole verantwortlich. Die wundheilungsfördernde Wirkung beruht auf einer verkürzten Epithelisierungsphase und dem positiven Einfluss auf die Kollagenreifungsphase. Die Rinde der Rosskastanie (Hippocastani cortex) wurde aufgrund adstringierender Effekte von jeher volksmedizinisch bei symptomatischen Hämorrhoiden eingesetzt, die Extrakte sollten aber erst nach Ausschluss schwerwiegenderer Erkrankungen zur Linderung von Brennen und Juckreiz eingesetzt werden. Sie enthalten die Cumaringlukoside Aesculin, Fraxin, Scopolin und deren Aglycone, das Flavonoglykosid Quercitrin, sein Aglucosid Quercetin, Spuren von Aescin, ein komplex ­zusammengesetztes Triterpensaponingemisch aus mehr als 30 ­Glykosiden, Epicatechin, das Catechin-Dimer Proanthocyanidin A2 sowie Gerbstoffe und außerdem Procyanidine. Aber auch Arnika, Pappelknospen, Mäusedorn u. a. weisen ein vorteilhaftes Wirkprofil auf und kommen daher bei symptomatischen Hämorrhoiden zur Anwendung.

Eine Sonderstellung nimmt das Ammoniumbituminosulfonat (Ich­thammol) ein, eine aus Ölschiefer gewonnene organisch-chemische Verbindung zur Behandlung entzündlicher Hautkrankheiten. Es wirkt unter Mitwirkung osmotischer Grenzflächeneffekte leicht entzündungshemmend, antibakteriell und antimykotisch.

Hautschutzkomplex

In Salben und Suppositorien ist häufig auch ein Hautschutzkomplex enthalten, der die Wirkung der pharmazeutischen Inhaltsstoffe ­unterstützt und die Haut beruhigt und pflegt. So setzt Zinkoxid in Zubereitungen Zinkionen frei und zeigt austrocknende, adstringierende und leicht antiseptische Eigenschaften. Gerbstoffe weisen ebenfalls einen adstringierenden und sekretionsmindernden Effekt auf, der durch die Denaturierung oberflächlicher Hautproteine zustande kommt und zusätzlich eine entzündungshemmende, antimikrobielle und teilweise blutstillende Wirkung bedingt. Sie sind entweder als pflanzliche Tannine, z. B. in Eichenrinde und Hamamelisextrakten, enthalten oder werden synthetisch, etwa als Kondensat von Harnstoff und Kresolsulfonsäure, hergestellt. Emollienzien hingegen imitieren die Funktion des Talgdrüsensekrets und wahren durch Befeuchtung die Hautelastizität. In gängigen Hämorrhoidalia kommen etwa Cetylstearylisononanoat, Lanolin, Jojobawachs oder Jojobaöl, gelbes Bienenwachs und die Polysaccharide der Aloe vera vor. Cetiol fungiert aufgrund seiner hohen Spreitfähigkeit außerdem als Einziehhilfe. Dexpanthenol wird nach der Aufnahme in die Haut sofort in Pantothensäure umgewandelt, die als Bestandteil des Coenzym A in zahlreiche Stoffwechselprozesse eingreift und bei Schäden zur Bildung neuer Hautzellen verstärkt benötigt wird. Ein Vitamin-B-Komplex in Suppositorien fördert daher auch die Epithelisierung der Dickdarmschleimhaut. Vitamin A regt die Neubildung und das Wachstum von Epithelzellen an, indem es Retinsäurerezeptoren aktiviert, welche die Transkription regulieren.

Letztendlich bestimmen Art und Schweregrad der Symptome sowie die individuelle Situation der Patient:innen die Wahl der Inhaltsstoffe, um die bestmögliche Linderung der Beschwerden und eine bessere Lebensqualität zu erzielen.