Je stärker das Immunsystem ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, eine Erkältung zu bekommen. Die einzelnen Faktoren der Abwehrkräfte können durch die Ernährung und durch Mikronährstoffe gezielt beeinflusst werden. Aminosäuren etwa sind monomere Bausteine einer Vielzahl von immunspezifischen Komponenten. Darunter fallen Immunglobuline, Immunzell-Rezeptoren und weitere integrale Komponenten der Membran von Immunzellen. Manche Aminosäuren dienen auch als Energielieferanten für Immunzellen. Leukozyten decken den Großteil ihres ATP-Bedarfs über die Oxidation von Glutamin, Glutamat und Aspartat. Einzelne Aminosäuren wirken auch direkt: Arginin erhöht die Aktivität der natürlichen Killerzellen und der T-Zellen. Glutamin übt eine direkte antivirale Aktivität aus. Prolin sorgt für die Bildung von Wasserstoffperoxid und damit für einen antiviralen Infekt. Serin sorgt für eine Stimulation der Lymphozytenproliferation und eine verbesserte Antikörpersynthese über zelluläre Signalmechanismen. Diese vielfältigen Wirkungen erklären, warum es bei unzureichender Proteinzufuhr zu einer verminderten Immunkompetenz kommt.1
Auch Fettsäuren sind für Immunzellen in mehrfacher Hinsicht bedeutsam. Glykolipide sind Bestandteil von Zelloberflächenstrukturen, denen bei Zell-Zell-Erkennung und Gewebsimmunität eine wichtige Rolle zukommt. Lipide wie Diacylglycerol wirken als „second messenger“ und sind damit in die Signaltransduktion eingebunden. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind Präkursoren für Eicosanoide und damit von Mediatoren mit lokal begrenzten und zum Teil immunologisch aktiven Effekten. Ein Mangel an Linolsäure führt damit zu einer verschlechterten Abwehrlage und erhöhter Infektanfälligkeit. Damit zeigt sich einmal mehr, dass restriktives Fettsparen in der Nahrung aus gesundheitlicher Sicht nicht sinnvoll ist.1
Unter den Mikronährstoffen nimmt Vitamin C eine bedeutsame immunbiologische Rolle ein. Das gilt vor allem für die zelluläre Immunität. Die Phagozytoseaktivität ist unter suboptimaler Vitamin-C-Zufuhr vermindert, wie experimentelle Studien gezeigt haben. Die Chemotaxis der Phagozyten wird von der Vitamin-C-Konzentration beeinflusst. Weiters ist ein Abfall der intrazellulären Vitamin-C-Konzentration in Leukozyten mit einer Einschränkung der Immunaktivität verbunden. Vitamin A ist ein weiterer wichtiger Mikronährstoff für die Abwehrkräfte. Es ist essenziell für die humorale und zelluläre Immunantwort. Gleiches gilt für Vitamin E. Vitamin B6 und Folsäure wiederum sind essenzielle Faktoren für die Antikörpersynthese. Vitamin B12 ist essenziell für das Wachstum der Immunzellen.1
Bei den Mineralstoffen sind vor allem Eisen, Zink und Selen wichtig für die Funktionen des Immunsystems. Zink ist ein essenzieller Faktor für das Wachstum von schnell proliferierenden Immunzellen. Weiters werden Immunzellen vor oxidativen Schäden geschützt. Selen ist für die Lymphozytenaktivität ein essenzieller Faktor und schützt auch die Immunzellen vor oxidativer Schädigung. Eisen wird für die Reifung, Differenzierung und Proliferation von Lymphozyten benötigt.1 Interessant ist auch die Rolle von Vitamin D. Immunkompetente Zellen haben Vitamin-D-Rezeptoren. Sowohl systemisch als auch lokal synthetisiertes Calcitriol entfaltet immunmodulatorische Effekte. Es induziert außerdem die Synthese antimikrobiell wirksamer Peptide (Cathelicidine).1
Unter dem Begriff der Immunonutrition wird der Einsatz spezifischer Nährstoffe verstanden, welche die Aktivität des Immunsystems modulieren sollen. Diese Nährstoffe können als Supplemente zur oralen, aber auch zur enteralen und parenteralen Ernährung hinzugefügt werden. Einen wesentlichen Impuls erhielt das Konzept der Immunonutrition aus der Erkenntnis, dass der Darm neben Nährstoff- und Wasserabsorption essenzielle immunologische Aufgaben für den gesamten Organismus hat. Als im Rahmen der Immunonutrition wirksame Substanzen wurden Glycin, Glutamin, Arginin, Omega-3-Fettsäuren und Nukleotide einzeln oder meist in Kombinationen untersucht.2
Quelle: Hahn A, Ströhle A, Wolters M, Ernährung, 3. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2016
Literatur:
1 Hahn A, Ströhle A, Wolters M, Ernährung, 3. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2016
2 Biesalski HK et al., Ernährungsmedizin, 5. Auflage. Thieme Verlag 2018