Mit Anfang Juli sollte eigentlich die bisherige elektronische Übermittlung von Rezepten im Rahmen der E-Medikation enden und nur noch das neue E-Rezept gelten. Doch es gibt massive Probleme in der praktischen Umsetzung. Das Hauptproblem: Es fehlen nach Angaben der Apothekerkammer österreichweit rund 5.000 e-card-Lesegeräte. Mehr als 300 der rund 1.200 Apotheken haben überhaupt nur ein Lesegerät. Wenn plötzlich für jede Rezepteinlösung eine e-card-Steckung erfolgt, wird das nicht reichen. Das Problem sei bereits seit Jahresbeginn bekannt. Der Anbieter der Lesegeräte könne aber seit Jahresbeginn nicht liefern und habe neue Geräte frühestens für September oder Oktober in Aussicht gestellt, sagt Kammerpräsidentin Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr im Apotheker Krone-Gespräch.
Sie warnt vor einem „Fiasko“ und fordert dringend eine Verschiebung. Das Problem dabei: Die aktuelle Gesetzeslage schreibt vor, dass ab 1. Juli nur noch das E-Rezept gilt. Für eine Gesetzesänderung wird der Fristenlauf knapp. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe war eine konkrete Lösung noch offen, eine Verschiebung zeichnete sich aber ab.
Kommt die Änderung nicht rechtzeitig, hätte das für die Patienten unangenehme Auswirkungen. Denn bei der bisherigen Lösung über die E-Medikation reicht es auch, wenn man mündlich die Sozialversicherungsnummer angibt, womit beispielsweise auch Verwandte das Präparat abholen können. Mit dem E-Rezept braucht es, wenn Mediziner:innen das Rezept nicht ausdrucken, was immer seltener der Fall ist, die e-card. Dazu kommt, dass viele Patient:innen die e-card zur Einlösung eines Rezeptes nicht mitbringen, weil sie es noch nicht gewohnt sind. Dazu seien Suchtgiftrezepte noch nicht im System abgebildet. Das betrifft auch schwere Schmerzpatient:innen. Probleme in Pflegeheimen oder bei Personen in der mobilen Pflege seien vorprogrammiert, warnt die Apothekerkammer-Präsidentin. Das Gleiche gelte etwa für Inhalatoren oder Infusionsgeräte.
Unterstützung für eine Verschiebung kommt von der Ärztekammer. Aktuell gebe es noch zu viele offene Fragen und Baustellen, erklärte MR Dr. Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. „Eine Einführung des E-Rezeptes mit Anfang Juli bedeutet Chaos mit Ansage. Alle Beteiligten müssten die Versäumnisse und ungeklärten Fragen ausbaden“, meint Steinhart. Er räumt auch ein, dass es Probleme bei der Software von Ärzt:innen gibt und zudem Wahlärzt:innen nicht eingebunden sind. Davor habe man das Gesundheitsministerium und die Sozialversicherung seit Monaten gewarnt, sagt er.
Der Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Mag. Peter Lehner, weist die Vorwürfe dennoch zurück. Das E-Rezept sei bereits erfolgreich österreichweit eingeführt und funktioniert, betonte er. „97 Prozent der Apotheken und 85 Prozent der Arztpraxen nutzen bereits das E-Rezept. Wir befinden uns damit aktuell in der finalen Phase des mehrmonatigen Roll-out-Prozesses.“ Diese „Panikmache“ und „bewusste Falschinformation“ sei „gefährlich“ und schaffe Unsicherheit bei allen Beteiligten, mahnt er. „Es gibt fünf unterschiedliche Möglichkeiten das E-Rezept einzulösen: mit Scan des E-Rezept-Codes/QR-Codes auf dem Smartphone über die App der Sozialversicherung, die Übermittlung des zwölfstelligen alphanumerischen Codes, den Scan des E-Rezept-Codes auf einem Ausdruck, das Stecken der e-card und ein Blanko-Formular für Hausbesuche oder Sonderfälle. Wir haben damit ein möglichst breites Angebot geschaffen, damit jeder Versicherte seinen bevorzugten Kanal auswählen kann.“
Diese Möglichkeiten seien in der Bevölkerung so gut wie nicht bekannt, kritisiert Mursch-Edlmayr.
Steinhart fordert deshalb auch eine Informationskampagne über die Möglichkeiten und Vorteile des E-Rezeptes: „Wenn die Sozialversicherung der Bevölkerung überstürzt eine unfertige Betaversion vorsetzt, wird das E-Rezept vielleicht nie die öffentliche Akzeptanz bekommen, die es verdient.“